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Meereskuss

Meereskuss

Titel: Meereskuss
Autoren: Virginia Kantra
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Haar. Eine ungewohnte Zärtlichkeit ließ seine Brust anschwellen, bis er kaum noch atmen konnte. Und der ganze Wirbel um ein paar Äste und Samen. So – laut, hingebungsvoll – hatte sie nicht einmal geweint, als er sie entführt hatte oder als sie den dämonischen Wölfen begegnet war oder als sie ihn vom Tor zur Hölle zurückgeholt hatte.
    »Du … So aufmerksam … Gefällt mir so gut«, schluchzte sie.
    Er war verblüfft. »Aber warum weinst du dann?«
    Sie schüttelte den Kopf, während sie etwas in sich hineinmurmelte.
    Er legte einen Finger unter ihr Kinn und hob ihren Kopf. »Sag schon.«
    »Ich weiß, ich kann es nicht … Und ich will es auch nicht.« Weitere Tränen wurden vergossen. »Ich will ja gar nicht bleiben.«
    Ihm gefror das Herz in der Brust.
    »Du willst nicht hierbleiben.« Er entdeckte, dass es möglich war, Worte zu formen, sich ruhig und präzise zu artikulieren, auch wenn seine gesamte Welt in Eis erstarrte.
    Sie hob diese sanften, schwimmenden Augen zu ihm empor. »Natürlich will ich bei dir bleiben«, sagte sie. »Und nicht bei ihnen. Ich vermisse sie nur, das ist alles.«
    Sein Herzschlag setzte wieder ein. »Du vermisst …«
    »Meine Familie.«
    Ah.
Er ließ sie los.
    Ihre Zähne gruben sich in die Unterlippe. »Ist schon gut. Ich verstehe ja, dass du Sanctuary nicht so einfach für eine zweiwöchige Spritztour verlassen kannst. Ich bin mir sicher, dass es ihnen gutgeht. Es ist nur …« Ihre Stimme brach wieder.
    Conn verschränkte wieder die Hände hinter dem Rücken. Was hatte sie gestern zu ihm gesagt?
»Du kannst nicht immer deine Wünsche, deine Bedürfnisse hintanstellen, nur weil du dich für alles und jeden verantwortlich fühlst.«
Und trotzdem war sie bereit, auf ihre Wünsche um seinetwillen zu verzichten.
    »Würde es dir bessergehen, wenn du sie sehen würdest?«, fragte er.
    Sie blinzelte. »Du hast gesagt, dass das unmöglich ist.«
    »Unmöglich, sie zu besuchen«, räumte er ein. »Das heißt aber nicht, dass du sie nicht beobachten kannst.«
    »Kannst du das bewerkstelligen?«, wollte Lucy wissen.
    »Ich habe dich doch auch gesehen«, erwiderte er schlicht.
    Er nahm ihre Hände und führte sie zum Brunnen, auf dessen Einfassung sie sich niederließ. Der Brunnen blubberte vor Magie, sprühte vor Erinnerungen.
    »Stell dir deine Familie vor«, befahl er ruhig. »Stell sie dir alle vor. Kannst du sie sehen? Caleb und Margred, Dylan und Regina, deinen Vater Bart …«
    Ihre Namen mischten sich in das Murmeln des Brunnens.
    »Deine ganze Familie. Alle. Jetzt.«
    Der Wind wehte über die Wasseroberfläche, und Geister und Spiegelbilder schimmerten darin auf.
    Lucy erschauerte.
     
    Der Wind wehte über die Schwelle von Antonias Restaurant und brachte den Duft von Holzrauch und Laub mit herein.
    Maggie erschauerte.
    Caleb legte den Arm um sie, während die Tür bimmelnd hinter ihnen zufiel. »Alles okay?«
    Sie sah mit großen, dunklen Augen zu ihm auf. »Hast du das gespürt?«
    »Ja. Verdammt kalt heute Abend.«
    Der schneidende Hauch in der Luft hatte die Einheimischen zum Abendessen vor die Tür gelockt. Caleb nickte dem früheren Bürgermeister Peter Quincy zu und grüßte den Hummerfischer Manny Trujillo. Gläser klangen. Teller klirrten. Der Geruch von Antonias roter Sauce und Reginas Muscheln in Weißwein und Knoblauch hing über dem Speisesaal.
    Nick Barone, Reginas achtjähriger Sohn, sprang in den Gang zwischen den Tischen. »Hey, Chief. Kann ich Danny deine Handschellen zeigen?«
    »Klar, Houdini.« Während Caleb die Handschellen von seinem Gürtel nahm, kam Regina durch die Schwingtür herein. Ihr schmales Gesicht unter dem roten Kopftuch war gerötet.
    Sie lächelte ihn an und gab Maggie einen Kuss. »Unser Tagesgericht ist Blaufisch mit Kapern, als Suppe gibt es Minestrone. Die Sitzecken sind besetzt, aber ich kann euch einen Tisch geben. Es sei denn, ihr wollt euch zu deinem Dad und Lucy setzen?«
    Caleb verengte die Augen. Bart Hunter ging aus, um zu trinken, nicht um zu essen oder um Gesellschaft zu suchen. Meistens bevorzugte er die Bar im Inn. »Dad ist hier?«
    Regina nickte. »Drüben in der Ecke.«
    Caleb überflog den Speisesaal. Dylan war ebenfalls aus der Küche gekommen und nahm zwei Teller von der Durchreiche. Caleb unterdrückte ein Grinsen, als er sah, wie sein eleganter älterer Bruder, Selkie-Sohn und Wächter der See, sich als Kellner betätigte. Er trug die Teller zu einer Sitzecke, in der Caleb einen Flanellärmel und das blonde Haar
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