Mehr als nur Traeume
Händler Nicholas und Dougless nach, als die beiden zur Ladentür gingen.
Auf der Straße blieb Dougless stehen und händigte Nicholas den Beutel mit den Münzen und den modernen Banknoten aus. »Ich habe eine Münze für fünfhundert Pfund verkauft. Der Rest ist ein Vermögen wert. Tatsächlich scheint alles, was Sie auf dem Leib tragen, so kostbar zu sein, daß man einen König damit auslösen könnte.«
»Ich bin ein Graf, kein König«, sagte Nicholas, während er verwirrt und neugierig zugleich das Papiergeld betrachtete.
Sie studierte nun auch seinen Harnisch aus der Nähe. »Besteht der Panzer tatsächlich aus Silber, und ist er mit echtem Gold am Rand unterlegt?«
»Ich bin kein armer Mann, Madam.«
»Offenbar nicht.« Sie trat von ihm weg. »Ich schätze, ich sollte jetzt besser gehen.« Ihr war bewußt geworden, daß sie den größten Teil dieses Tages an diesen Mann verschwendet und immer noch kein Geld hatte oder eine Bleibe für die nächste Nacht. Robert und seine Tochter hatten das eine Hotel verlassen und das andere abbestellt.
»Ihr werdet mir bei meiner Wahl helfen?« sagte der Mann.
»Entschuldigung - ich habe nicht zugehört.«
Der Mann versuchte ihr offenbar etwas zu sagen, das er nur unter großen Schwierigkeiten ausdrücken konnte. Er schluckte, als wären seine eigenen Worte Gift für ihn. »Ihr werdet mir helfen, Kleider auszusuchen und eine Unterkunft für die Nacht zu finden? Ich werde Euch für Eure Dienste bezahlen.
Dougless brauchte eine Sekunde, ehe sie begriff. »Sie wollen wir einen Job anbieten?«
»Eine Anstellung, ja.«
»Ich brauche keinen Job; ich brauche lediglich ...« Ihre Stimme verebbte und sie drehte sich von ihm weg. Ihre Tränendrüsen schienen irgendwie mit den Niagara-Fällen verbunden zu sein.
»Geld?« half ihr auf die Sprünge.
Sie schniefte. »Nein. Ja, ich schätze, daß ich Geld brauche. Ich muß auch Robert finden und ihm alles erklären.«
»Ich werde Euch bezahlen, wenn Ihr mir helft.«
Dougless drehte sich wieder um und sah ihn an. Da war etwas in seinen Augen - etwas Verlorenes und Einsames -, das sie für ihn einnahm. Nein! ermahnte sie sich streng. Du kannst dich nicht mit einem Mann einlassen, der nicht alle Tassen im Schrank hat. Er war zweifellos reich, aber verrückt. Vermutlich ein wohlhabender Exzentriker, der sich dieses Kostüm hatte anfertigen lassen und damit von Dorf zu Dorf zog, um einsame Frauen aufzugabeln.
Aber da war noch dieser Ausdruck von Verlassenheit in seinen Augen. Wenn er nun tatsächlich nur sein Erinnerungsvermögen verloren hatte?
Und welche Alternativen standen ihr zu Gebote? Sie konnte schon jetzt das spöttische Lachen ihrer Schwester Elizabeth hören, wenn sie bei ihr anrief und um Geld bettelte. Elizabeth würde es nicht im Traum einfallen, einen Job von einem Mann anzunehmen, der in einem Brustharnisch über die Dörfer tingelte. Elizabeth würde ganz genau wissen, was in so einem Fall zu tun sei - wann und wie man was machte. Elizabeth war perfekt. Genauso perfekt wie Catherine und Anne. Tatsächlich schienen alle Montgomerys perfekt zu sein - Dougless ausgenommen. Sie hatte sich schon oft gefragt, ob man sie nicht auf der Entbindungsstation in die falsche Krippe gelegt hatte.
»Schön«, sagte sie abrupt. »Dieser Tag ist sowieso schon vergeudet; also kann ich Ihnen ebensogut noch den Rest davon schenken. Ich werde Ihnen bei der Besorgung von Kleidern helfen, Ihnen noch eine Bleibe suchen und dann ist es genug. Ich werde das für, sagen wir, fünfzig Dollar tun.« Das sollte reichen für eine Übernachtung mit Frühstück, überlegte sie, und morgen früh wollte sie ihren ganzen Mut zusammennehmen und Elizabeth ein zweites Mal anrufen.
Nicholas schluckte seinen Ärger hinunter und gab der Frau mit einem kurzen Nicken sein Einverständnis. Er hatte zwar ihre Worte nicht verstanden, aber begriffen, daß sie noch ein paar Stunden mit ihm zusammenbleiben wollte. Er würde ein Mittel finden müssen, daß sie ihm so lange nicht von der Seite wich, bis er entdeckt hatte, wie er in seine eigene Zeit zurückgelangen konnte. Und sobald er herausgefunden hatte, was er wissen mußte, würde er sich mit Freuden von dieser Frau trennen.
»Kleider«, sagte sie. »Wir beschaffen Ihnen zuerst etwas zum Anziehen, und dann ist es Teezeit.«
»Tee? Was ist Tee?«
Dougless hielt mitten im Schritt inne. Ein Engländer, der offenbar nicht wußte, was Tee war? Dieser Mann war eine Zumutung. Sie würde ihm helfen, bis er in
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