Mehr als nur Traeume
er wieder das Wort ergriff, war seine Stimme heiser vor Erregung: »Denkst du so gering von mir, daß du meinst, ich würde für eine Liebesnacht riskieren, dich für immer zu verlieren? Denkst du so gering von dir, daß du dich für ein Versprechen an mich verkaufst?«
Bei seinen Worten fühlte sich Dougless plötzlich minderwertig. Sie schob ihr zerrissenes Nachthemd wieder über die Schultern hinauf. »Es fiel mir nichts anderes ein«, sagte sie, als müsse sie sich entschuldigen. »Ich würde alles tun, um deine Heirat zu verhindern.«
Er drehte sich zu ihr um, und man sah seinen Augen an, wie aufgewühlt er innerlich war: »Du hast mir von deinem Land erzählt, von den Sitten, die dort herrschen. Meinst du, eure Gebräuche wären die einzig richtigen? Diese Heirat bedeutet mir nichts, doch für dich scheint sie von größter Wichtigkeit zu sein.«
»Ich kann nicht zulassen, daß du dein Leben riskierst für eine ...«
Seine Augen sprühten Flammen. »Du riskierst unser Leben für sie!« sagte er zornig. »Du erzählst mir immer wieder, daß du nicht mit mir schlafen kannst. Doch nun bist du zu mir gekommen, bekleidet wie eine . .. eine .. .«
Dougless zog das Laken über ihre Schultern. Sie kam sich wie eine Dirne vor. »Ich wollte nur sichergehen, daß du mir dein Versprechen gibst, sie nicht zu heiraten.«
Er trat ans Bett, ragte mächtig über ihr auf. »Was ist das für eine Liebe, die du für mich empfindest? Du kommst in mein Bett gekrochen, bietest dich mir an wie eine Hure. Nur verlangst du kein Gold - nein, du willst, daß ich meine Familie entehre und meine Selbstachtung, das wichtigste Gut meines Lebens, verliere.«
Dougless schlug die Hände vors Gesicht. »Bitte, nicht. Ich kann das nicht ertragen. Ich hatte nie vor, deine Ehre . . .«
Er setzte sich auf den Bettrand und zog ihre Hände von ihrem Gesicht. »Weißt du eigentlich, wie sehr ich den morgigen Tag fürchte? Daß ich diese Frau fürchte, die ich zu meiner Gattin machen muß? Wäre ich frei, hätte ich die Wahl, wem ich mich in Liebe verbinden könnte. Aber hier und jetzt kann ich das nicht. Würde ich dich heiraten, könnte ich dich nicht einmal ernähren. Kit würde mir mein Heim nehmen, wo ich wohnen, essen und mich kleiden kann .. .«
»Kit ist nicht so. Es gäbe sicherlich einen Weg für uns beide. Du hilfst Kit bei der Verwaltung seines Besitzes. Er würde dich nicht aus dem Haus werfen. Er würde ...«
Nicholas’ Finger spannten sich fest um ihre Handgelenke. »Willst du denn nicht hören? Nicht verstehen? Ich muß diese Ehe schließen.«
»Nein«, flüsterte sie, »nein.«
»Du kannst nicht verhindern, was sein muß. Du kannst mir nur helfen.«
»Wie? Wie soll ich dir denn helfen können? Habe ich etwa die Kraft, die Axt des Henkers festzuhalten?«
»Ja«, sagte er. »Du kannst mir helfen, indem du für immer bei mir bleibst.«
»Für immer? Während du mit einer anderen Frau lebst? Mit ihr schläfst? Sie liebst?«
Er ließ ihre Hände los. »So steht es also mit dir«, sagte er und blickte dabei auf ihre bloßen Schultern über dem Laken. »Du willst keine andere Frau in meiner Nähe dulden. Lieber trennst du dich für immer von mir, als dich an den Anblick einer anderen Frau an meiner Seite zu gewöhnen?«
»Nein, das ist es nicht. Es geht allein darum, daß Lettice böse ist. Ich habe dir gesagt, was sie vorhat. Nimm dir eine andere Frau zur Gattin.«
Er lächelte bitter. »Du würdest mir eine andere Frau zugestehen? Mir erlauben, mit ihr zu schlafen, weil ich dich nicht berühren darf? Du bist bereit, für den Rest unseres Lebens im Abseits zu stehen?«
Dougless schluckte schwer. Konnte sie unter dem gleichen Dach mit ihm wohnen, während er mit einer anderen Frau zusammenlebte? Was würde sie tun? Eine jüngferliche Tante für Nicholas’ Kinder sein? Wie würde sie sich fühlen, wenn er jede Nacht mit einer anderen Frau schlief? Und wie lange würde er sie wohl noch lieben, wenn er sie nicht berühren durfte? Waren sie beide stark genug für eine platonische Liebe?
»Ich weiß es nicht«, sagte sie leise. »Ich weiß nicht, ob ich auf dich verzichten und es zugleich ertragen könnte, daß du mit einer anderen zusammenlebst. Nicholas, o Nicholas, ich weiß nicht, was ich tun soll.«
Er saß auf dem Bett neben ihr und schloß sie nun in seine Arme. »Ich will nicht riskieren, dich zu verlieren - nicht für hundert Frauen von Letticens Art. Du bist mein ein und alles. Gott hat dich mir geschickt, und ich
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