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Mehr Stadtgeschichten

Mehr Stadtgeschichten

Titel: Mehr Stadtgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
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Alleine diesen Monat hat sie schon drei Termine abgesagt.« – »Sie hat gemeint, daß ihr Aussehen … nicht mehr ganz stimmt.«
    »Was soll das denn heißen?«
    Die Sekretärin zuckte mit den Schultern. »Vielleicht hat sie über die Feiertage Gewicht zugelegt, oder sie …«
    »Vielleicht ist ihr Halcyon Communications auch ganz einfach schnurz! Vielleicht macht sie lieber eine Reise nach Mexiko! « Die Spitze gegen seine Sekretärin wirkte genau so, wie Beauchamp es sich gewünscht hatte.
    Sie zerbog eine Büroklammer. »Beauchamp … Es war Mr. Halcyon, der wollte, daß ich …«
    »Das brauche ich mir nicht schon wieder anzuhören!« Er stürmte in sein Büro und schlug die Tür hinter sich zu. Dann wütete er im stillen gegen die Familie Halcyon.

Post von Mama
    Lieber Mikey,
    Dein Papa und ich haben uns sehr darüber gefreut, daß Du mit Mary Ann eine Reise nach Mexiko machst. Ihr werdet bestimmt eine Menge Spaß haben. Bitte schreib uns eine Ansichtskarte, wenn sich die Gelegenheit bietet, und gib acht, daß Du nicht zu viel Tequila trinkst. Ha ha.
    In Orlando war es diesen Winter so richtig kalt, aber das hast Du wahrscheinlich alles schon von Walter Cronkite in den Nachrichten gehört. Die Pflanzung unten bei dem neuen Bungalow von den Bledsoes’ hat es am schlimmsten erwischt. Ein paar von den Orangen waren durch und durch gefroren. Papa sagt aber, das ist halb so schlimm, weil wir sie an die Saftfabrik verkaufen können. Ich tue, was ich kann, um Papa zu helfen, aber Du weißt ja, wie er zur Erntezeit ist. (Das nur mal so zum Spaß.)
    Papa läßt Dir ausrichten, daß Du Dir keine Sorgen machen sollst, denn wir kriegen ungefähr drei Dollar fünfzig die Kiste, und außerdem ist die Ernte im ganzen höher ausgefallen, selbst mit dem Frost und so. Das einzige Problem haben wir jetzt mit den Homosexuellen.
    Ich schätze, Du weißt gar nichts davon. Angefangen hat die ganze Sache damit, daß die Dade County Commission ein Gesetz zugunsten von Homosexuellen erlassen hat. Es besagt, daß man sich nicht weigern kann, Homosexuelle einzustellen oder an sie zu vermieten, aber Anita Bryant hat sich als die christgläubige Mutter von vier Kindern und Zweite bei der Miss-America-Wahl, die sie ist, dagegen ausgesprochen, und alle normalen und gottesfürchtigen Menschen in Miami haben sich voll hinter sie gestellt.
    Wir haben uns natürlich keine besonderen Gedanken darüber gemacht, weil wir hier oben lang nicht so viele Homosexuelle haben wie die in Miami. Sie mögen nämlich das Meer, sagt Papa. Jedenfalls hat es nicht lange gedauert, bis so eine organisierte Gruppe von Homosexuellen versucht hat, Druck auszuüben auf die Citrus Commission, damit die ihre Fernsehspots mit Anita Bryant aus dem Programm nimmt. Stell Dir das mal vor! Anita hat gesagt, nur weiter so, und sie wird tun, was nötig ist, damit ihre Kinder wieder gefahrlos durch die Straßen von Miami laufen können. Gott schütze sie!
    Ich würde selber ja gar nicht so viel darüber wissen, aber am Dienstag ist Etta Norris (die Mutter von Bubba) bei uns vorbeigekommen, weil sie sich auf unserem neuen Farbfernseher die Oral-Roberts-Bibel-Show anschauen wollte, und da hat sie erzählt, daß sie in Orlando Leute zusammentrommelt für ein Komitee, das die Gruppe von Anita Bryant unterstützen soll. Save Our Children, Inc. heißt die. Ich bin sofort Mitglied geworden bei diesem Komitee, aber Papa hat gesagt, daß er nicht Mitglied werden will, weil Du schon ein erwachsener Mann bist, und ein Sohn von ihm hat es nicht nötig, daß man ihn vor Homosexuellen beschützt. Ich habe gesagt, daß es ums Prinzip geht, und dann habe ich ihn gefragt, was denn passiert, wenn die Homosexuellen aufhören, Orangensaft zu trinken. Er hat gesagt, daß die meisten Homosexuellen sowieso keinen Orangensaft trinken, aber er ist dann doch Mitglied geworden.
    Gestern abend hatten wir im Raum der Veterans of Foreign Wars im Fruitland Bowl-a-Rama unser erstes Treffen. Etta hat gesagt, das Wichtigste ist, daß wir Anita Bryant zeigen, daß wir hinter ihr stehen. Sie hat auch gesagt, wir sollten in unsere Erklärung hineinschreiben, daß wir keine Vorurteile haben, daß wir Homosexuelle in der Schule aber nicht als gute Vorbilder für Kinder ansehen. Lolly Newton hat gesagt, daß die Sache mit den Lehrern ihrer Meinung nach auch wichtig ist, denn wenn da vorne ein Lehrer steht, der den ganzen Tag herumtuckt, dann werden die Kinder automatisch auch zu Tucken. Ralph Taggart hat den Antrag

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