Mein Geheimnis bist du
Kribbeln aus. Sie vergaß darüber, die Hand der Frau loszulassen. Zwei Sekunden später bemerkte Andrea ihren Fauxpas und zog abrupt ihre Hand weg. Die hochgezogene Augenbraue Mareike Holländers entging Andrea nicht.
Nachdem Thomas Brennicke Mareike Holländer der gesamten Runde vorgestellt hatte, forderte er seine Mitarbeiter mit einer Geste auf, Platz zu nehmen.
»Kommen wir nun zum Anlass unserer Besprechung. Die Hamburger Schössler Werft«, begann er ohne lange Umschweife. »Schössler baut vom Tanker über Passagierfähren bis zum Kreuzfahrtschiff Schiffe aller Größen. Und wir wissen, dass die Hausbank Schösslers, die Hamburger Investbank, durch Fehlinvestitionen bei Anlagengeschäften schwer angeschlagen ist. Das ist der ideale Zeitpunkt für ein Angebot an die Schössler Werft, die beunruhigt sein dürfte, ob die Investbank weiterhin ihren Finanzierungsleistungen nachkommen kann. Ich habe bei Schössler vorgefühlt. In meinem Gespräch mit dem Vorstand signalisierte man mir grundsätzliches Interesse an einem Angebot. Man ließ aber auch keinen Zweifel aufkommen, dass Schössler sich der Hamburger Investbank durch die jahrelange gute Zusammenarbeit verpflichtet fühlt. Es wird also nicht ganz leicht sein, diesen Kunden für uns zu gewinnen.«
»Haben wir die Zahlen der Vorjahre von der Werft, um eine Hausnummer auszumachen, über welchen Kreditrahmen wir sprechen?«, fragte Weller.
»Nein, so weit sind wir noch nicht«, bekannte Brennicke. »Die Sache ist, wie gesagt, etwas verzwickt. Schösslers Vorstand ist gespalten. Einige seiner Mitglieder wollen der Investbank unbedingt die Treue halten. Deshalb haben der Vorstand und ich uns wie folgt geeinigt: Unser Angebot wird sich vorerst nur auf ein Projekt beziehen. Allerdings auf ein nicht geringeres als den Bau einer luxuriösen Auto- und Passagierfähre. Gegenüber der Investbank wird der Schössler Vorstand so argumentieren, dass in der gegenwärtigen Situation ein Ausweichen auf ein anderes Geldinstitut angemessen erscheint, die generellen Geschäftsbeziehungen jedoch keinesfalls gefährdet sind. Auf die Art entsteht kein böses Blut, und sollte man am Ende bei der Investbank bleiben, kann die den Seitensprung der Werft nicht ankreiden.« Brennicke machte eine kurze Pause. »Natürlich setzen wir darauf, dass Schössler sich am Ende für uns entscheidet.«
Weller sah sofort den Haken an der Sache. »Man erwartet von uns, weil wir einen Fuß in die Tür bekommen wollen, eine billige Finanzierung, und wenn die Investbank sich von ihrer Krise erholt hat, geht man wieder dorthin zurück. Uns bleibt nur das Nullgeschäft.«
»Das Risiko besteht natürlich«, räumte Brennicke ein.
»Vielleicht ist das auch die volle Absicht vonseiten Schössler«, gab Andrea zu bedenken. Sie teilte Wellers Skepsis. »Wir sollten überprüfen, ob die Schössler Werft solche Art Verhandlungen in früheren Jahren schon mit anderen Geldinstituten geführt hat und wie sie ausgingen.«
»Gut. Das ist dann auch Ihre Aufgabe.« Brennicke nickte Andrea zu. Sein Blick wanderte weiter zu Mareike Holländer. »Frau Holländer, ich möchte, dass Sie dieses Projekt unter ihre Fittiche nehmen. Immerhin kommen Sie aus Hamburg und kennen den lokalen Finanzmarkt. Das dürfte von Vorteil in den Verhandlungen mit Schössler sein.« Er schaute in die Runde. »In dieser Sache stimmen sich bitte alle mit Frau Holländer ab.«
Mareike Holländer nickte gelassen.
Andrea beobachtete die Frau unauffällig. Die machte nicht den Eindruck, als würden die neue Umgebung oder die vielen neuen Gesichter sie einschüchtern. Im Gegenteil, sie nahm alles mit wachsamem Blick auf, schien es so weit wie möglich zu analysieren. Jetzt begegnete ihr Blick dem Andreas. Es war ein ruhiger Blick, keine Frage spiegelte sich darin, lediglich das Verständnis für Andreas Neugier. Andrea glaubte sogar, ein kurzes Lächeln über Mareike Holländers Gesicht huschen zu sehen. Ihr blieb aber keine Zeit, sich darüber klarzuwerden, ob sie einer Sinnestäuschung unterlag oder nicht, denn Brennickes Interesse konzentrierte sich jetzt auf Andreas Abteilung. Mit Fragen zu verschiedenen Risikokunden, Fristen und Bestandszahlen holte er sie in die Welt der Zahlen zurück, die sie für einen Moment vergessen hatte.
»Und? Wie ist sie?«
Andreas fragender Blick traf die Freundin. »Wer?«
»Na, die Neue.« Saskia holte zum Aufschlag aus, schlug zu. Der Federball sirrte über das Netz.
»Woher soll ich das wissen?«,
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