Mein Herz schlaegt fur uns beide
Achtung, fertig, los.«
Sie wollte immer kommandieren. Mir machte das nichts aus. Und es schien auch sonst niemandem etwas auszumachen.
Ich überlegte gerade, ob ich so tun könnte, als sei ich krank, damit ich wieder ins Haus dürfte, als ich Greta, Megan, Erin und Lexi beim Notausgang stehen sah. Ich konnte hören, wie Greta damit angab, dass ihre Mum in einer Fernsehshow auftritt und dass sie jede Menge richtig berühmter Leute kennt. Darüber redet Greta immer.
Dann sah ich, wie Lexi zu mir herüberschaute, und Greta flüsterte ihr etwas ins Ohr. Ich versuchte, nicht darauf zu achten, aber Greta hat eine sehr laute, schrille Stimme, und ich konnte ziemlich oft hören, dass sie »Zwillinge« und »Laura« sagte. Mein Magen machte wieder so einen komischen Sprung, und ich weiß nicht, warum, aber ich hatte das Gefühl, als würde ich gleich anfangen zu weinen. Ich biss mir ganz fest auf die Lippen und dann fiel mir Lauras Trick ein. Wenn du nicht mehr traurig sein willst, musst du an das blödeste Wort denken, das du kennst, und es dann immer wieder sagen. Mir fiel das Wort Kohlkopf ein. Kohlkopf! Kohlkopf! Kohlkopf! Das ist wirklich ein blödes Wort. Kohlkopf! Kohlkopf! Kohlkopf! Es funktionierte. Ich sagte es noch einmal, aber ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich es jetzt laut sagte. So laut, dass alle es hören konnten.
Greta lachte als Erste los. Ich sah, wie sie Erin und Megan anstupste, und auch die lachten. Schon bald lachten alle so laut wie noch nie in ihrem Leben. Also sprang ich auf und rannte weg, und obwohl Mr Fincher brüllte, ich solle im Flur bleiben, rannte ich zu den Klos. Ich knallte die Tür zu, schloss ab, und egal, wie oft ich versuchte, »Kohlkopf« zu sagen, ich konnte nicht aufhören zu weinen. Ich weinte, bis mir der Kopf wehtat. Ich weinte, bis zur Mittagspause geläutet wurde. Ich weinte, bis laut an die Tür geklopft wurde.
Ich: Lass mich in Ruhe!
Lexi: Ich bin’s, Lexi.
Ich: Bist du gekommen, um mich auszulachen, ja?
Lexi: Nein, du Dummie. Mach die Tür auf!
Ich dachte ein bisschen darüber nach. Sie hatte mich gerade Dummie genannt, und das durfte nur Laura. Ich konnte Lexis Schuhe unter der Tür sehen, aber ich hielt ganz still und wartete. Ich sah, wie sie mit einem Fuß auf und ab tippte, aber ich bewegte mich nicht.
Lexi: Warum weinst du denn immer noch?
Ich hörte auf zu schniefen.
Lexi: Na?
Ich: Warum habt ihr alle über mich gelacht?
Lexi: Es war schwer, nicht zu lachen, weißt du, du sahst irgendwie, na ja, komisch aus.
Ich schnaubte und verschränkte die Arme vor der Brust.
Ich: Ja, aber nicht so komisch wie eine, die sich jeden Tag als Piratin verkleidet.
Lexi trat so hart gegen die Tür, dass das Schloss klapperte, dann sah ich, wie ihre Füße sich umdrehten, und sie rannte weg und knallte mit der Tür. Warum war ich bloß so dumm?
Ich verließ die Toilette und ging zurück in die Klasse, aber unterwegs kam mir Mrs McWatter entgegen, sah mein Gesicht und sagte, wenn ich wollte, könnte ich ihr helfen, ihr Büro aufzuräumen … Ich war fast den ganzen Nachmittag dort und sortierte Zettel, zerriss Briefumschläge und Briefe und hätte mich um ein Haar selbst an ein Stück Pappe getackert.
Als ich an diesem Abend schlafen ging, war ich so müde, dass ich sofort einschlief, sowie ich mich auf die Seite gerollt hatte. Ich träumte etwas. Ich fiel, fiel, fiel, und dann peng! war ich wach. Das machte mir richtig Angst. Es war nicht wie in einem Albtraum oder so. Eher als ob jemand sich hinter mich geschlichen und an meinem Ohr einen Ballon zum Platzen gebracht hätte.
Stimme: Ich finde es schrecklich, wenn das passiert.
Ich: Ich dachte heute, ich hätte dich gesehen.
Stimme: Was ist heute sonst noch passiert?
Ich: Ach, nicht viel.
Stimme: Hm … das stimmt doch nicht, oder?
Ich dachte an die Pause und an Lexi.
Ich: Ich hab den Nachmittagsunterricht verpasst. Ich habe geholfen, Mrs McWatters Büro aufzuräumen.
Ich rieb mir den Daumen, wo ich mich mehrmals am Papier geschnitten hatte.
Stimme: Mit dem Tacker kannst du nicht so gut umgehen, oder?
Ich kicherte.
Ich: Immerhin brauchte ich nicht zum Schultheater.
Stimme: Ach, ich liebe die Theaterstunde.
Das stimmte. Laura konnte wunderbar alberne Szenen spielen, und Pantomime lag ihr auch, wie zum Beispiel so zu tun, als ob sie durch einen Schneesturm ging oder aus einer Kiste stieg oder eine Fensterscheibe putzte. Sie machte das alles total gut. Damals hatte mir die Theaterstunde nichts ausgemacht.
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