Mein Herz schlaegt fur uns beide
Dad sagte, dass Kleid sei so schrecklich, es sei schon beängstigend, aber Mum war das egal. Sie trug immer Sachen, die ein bisschen verrückt waren. Jetzt aber hat sie dauernd langweilige Kleider an, die aussehen wie eine Schuluniform.
Ich hörte, wie an die Tür geklopft wurde, und dann kam Mum herein, um Gute Nacht zu sagen. Sie blieb ziemlich lange in der Tür stehen und nach einer Weile setzte sie sich auf Lauras Bett. Ich kehrte ihr den Rücken zu und sagte nichts.
Mum: Die Geburtstagskarte, die du mir gemacht hast, hat mir wirklich gefallen.
Ich sagte nichts.
Mum: Ich meine wirklich …
Ich wartete.
Mum: Ich wollte …
Ich wartete.
Mum: Ich hoffe, du träumst heute Nacht etwas Schönes.
Und dann seufzte sie ein bisschen und stopfte die Decke um meine Zehen fest.
Mum: Dann gute Nacht.
Ich sagte nichts, wartete, dass sie ging, drehte mich auf den Rücken, kniff die Augen zu und hielt den Atem an.
Stimme: Das war aber nicht nett.
Ich: Bist du wirklich hinten im Kleiderschrank versteckt?
Stimme: Irgendwie schon.
20. Kapitel
Ich hatte immer gedacht, dass Träume entweder gut oder schlecht sind. Ich hatte immer gedacht, es gäbe nur Albträume, die Angst machen, oder Träume, die glücklich machen. Aber ich weiß jetzt, dass es mehr als nur zwei Arten Träume gibt. Es gibt Träume, von denen man traurig wird, wie die, bei denen man wach wird und denkt, heute ist Weihnachten, aber dann ist es doch bloß ein ganz normaler Montag. Mein Dad nennt das »enttäuschende Träume« und davon habe ich viele. Ich wache auf und denke, dass alles so ist wie immer. Ich vergesse. Für einen winzigen Moment glaube ich, dass Laura im Bett neben meinem liegt. Dann wache ich auf, drehe mich um, sehe das leere Bett und weiß es wieder. Ich weiß es wieder und ich bin wieder durch und durch enttäuscht und traurig. Manchmal denke ich, wenn ich lange genug liegen bleibe, wenn ich die Augen lange genug zumache, wenn ich es mir fest genug wünsche, dann wird Laura wirklich zurückkommen. Wenn ich einschlafe und dabei mit ihr rede, bekomme ich einen solchen Schock, wenn es dann Morgen wird und sie nicht da ist.
Und dann bin ich so traurig, dass ich nicht mal weinen kann. Dann bin ich richtig sauer auf Laura. Dann bin ich total wütend, so wütend, dass ich gern Rorys blöden Spielzeugzug quer durchs Zimmer treten würde, wenn ich zum Frühstück nach unten komme. Aber jetzt wusste ich es. Jetzt wusste ich, was Oma gemeint hatte. Jetzt kannte ich die Wahrheit: Laura war hinten im Schrank versteckt und ich würde sie herausholen.
Beim Frühstück
Mum: Ich habe mit Hannah gesprochen, und sie sagt, Lexi würde am Freitag auch gern hier übernachten. Was sagst du dazu?
Ich grunzte sie an. Ich wollte ihr nicht sagen, dass ich das wirklich toll fand, weil ich wegen gestern Abend noch immer sauer auf sie war. Dann hatte ich eine Idee. Ich dachte an den Kleiderschrank, und auf einmal fand ich, dass es wirklich besser wäre, wenn Lexi herkäme. Es wäre absolut viel besser, denn ich hatte einen Plan. Dad stand auf und zog seinen Mantel an.
Dad: Fiona, das ändert doch nichts, oder?
Mum seufzte und stellte die Müslipackung wieder in den Schrank. Sie schien sich eine Antwort zu überlegen, aber Dad war weg, ehe sie etwas sagen konnte.
Ich sah zu, wie Mum die restlichen Frühstückssachen wegräumte, und nachdem sie Rorys klebrige Fingerabdrücke weggewischt hatte, die er auf fast allen Stühlen hinterlassen hatte, setzte sie sich mir gegenüber, drehte sich dabei aber irgendwie zur Seite. Dann bewegte sie sich gar nicht mehr. Sie starrte nur stumm vor sich hin, und als Rory ins Zimmer gerannt kam, schaute sie nicht einmal auf. Er hörte auf, den Traktor über seinem Kopf zu schwenken, und stand ganz still da. Er sah sie an, dann sah er mich an, und dann ging er zu ihr und versuchte rauszufinden, was sie da ansah.
Rory: Was machst du da, Mummy?
Mum setzte sich ganz schnell gerade, als ob sie vergessen hatte, wo sie war.
Mum: Oh, äh. Nichts. Tut mir leid, Herzchen.
Rory stellte seinen kleinen Traktor ab, kletterte auf den Stuhl neben ihrem und verschränkte die Arme vor der Brust.
Rory: Ich will auch nichts tun!
Mum und ich lachten, und ich aß meinen Toast auf, schluckte die kleine weiße Tablette und ging in die Schule, weil ich vor dem Unterricht mit Lexi sprechen wollte. Ich brauchte ihre Hilfe.
Ich wartete an der Ecke, aber als es dann immer später wurde, beschloss ich, dass es sicher einer der Morgen war, an denen
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