Mein Herz so weiß
nur in Havanna, eine Stadt, aus der ich in gewissem Sinne stamme, genauer gesagt, zu einem Viertel, denn meine Großmutter, die Mutter von Teresa und Juana Aguilera, wurde dort geboren und kam von dorther als kleines Mädchen nach Madrid. Es geschah in dem Hotel, in dem wir drei Nächte verbrachten (wir hatten nicht so viel Geld, die Aufenthalte in jeder Stadt waren kurz), an einem Nachmittag, an dem Luisa sich schlecht gefühlt hatte, während wir spazieren gingen, so schlecht plötzlich, dass wir unseren Spaziergang abbrachen und sogleich ins Hotel zurückkehrten, damit sie sich hinlegen konnte. Sie hatte Schüttelfrost, und ihr war ein wenig übel. Sie konnte sich buchstäblich nicht auf den Beinen halten. Bestimmt war ihr irgendetwas, das sie gegessen hatte, schlecht bekommen, aber in jenem Augenblick wussten wir das nicht mit ausreichender Gewissheit, und ich fragte mich, ob sie sich nicht in Mexiko eine dieser Krankheiten zugezogen hatte, welche die Europäer dort so leicht anfallen, etwas so Schlimmes wie die Amöbenkrankheit. Das Vorgefühl der Katastrophe, das mich seit der Hochzeitszeremonie stillschweigend begleitet hatte, nahm im Lauf der Zeit verschiedene Formen an, und eine davon war diese (die am wenigsten stumme, oder sie war nicht stillschweigend), die Gefahr der Krankheit oder des plötzlichen Todes der Person, die mit mir das Leben und die konkrete Zukunft und die abstrakte Zukunft teilen sollte, obwohl ich den Eindruck hatte, dass Letztere beendet und mein Leben bereits zur Hälfte abgelaufen war; vielleicht unser beider Leben, die wir vereint waren. Wir wollten nicht gleich einen Arzt rufen, vielleicht ginge es ja vorüber, und ich brachte sie ins Bett (unser Hotelbett und unser Ehebett) und ließ sie schlafen, als könnte sie dadurch geheilt werden. Sie schien einzuschlafen, und ich verharrte still, damit sie sich ausruhen konnte, und die beste Art, still zu sein, ohne mich zu langweilen oder versucht zu fühlen, Lärm zu machen oder mit ihr zu sprechen, war, auf den Balkon hinauszutreten und nach draußen zu sehen, die Leute aus Havanna vorbeigehen zu sehen, zu beobachten, wie sie sich bewegten und wie sie gekleidet waren, und ihre Stimmen, ein Gemurmel, aus der Ferne zu hören. Ich schaute hinaus, aber ich war mit den Gedanken drinnen, bei dem Bett in meinem Rücken, in dem Luisa diagonal, quer lag, weshalb nichts Äußeres wirklich meine Aufmerksamkeit auf sich lenken konnte. Ich schaute nach draußen wie jemand, der zu einem Fest kommt und weiß, dass die einzige Person, die ihn interessiert, nicht dort sein wird, dass sie zu Hause bei ihrem Mann geblieben ist. Diese einzige Person lag auf dem Bett, krank, bewacht von ihrem Ehemann und in meinem Rücken.
Nach einigen Minuten, in denen ich schaute, ohne zu sehen, machte ich jedoch eine einzelne Person aus. Ich machte sie aus, weil sie sich im Unterschied zu den anderen während dieser ganzen Minuten nicht bewegt hatte, weil sie nicht aus meinem Gesichtsfeld geraten oder verschwunden, sondern die ganze Zeit ruhig am selben Ort geblieben war, eine Frau von etwa dreißig Jahren, aus der Ferne gesehen, mit einer gelben, rund ausgeschnittenen Bluse und einem weißen Rock und hohen, ebenfalls weißen Schuhen, über dem Arm eine große schwarze Tasche, wie sie in Madrid die Frauen in meiner Kindheit trugen, große Taschen, die über dem Arm getragen wurden und nicht über der Schulter, wie jetzt. Sie wartete auf jemanden, ihre Haltung drückte eindeutig Warten aus, denn ab und zu tat sie zwei oder drei Schritte in die eine oder andere Richtung und ließ beim letzten Schritt leicht und rasch den Absatz über den Boden schleifen, eine Bewegung verhaltener Ungeduld. Sie hielt sich nicht an der Häusermauer, wie es Wartende gewöhnlich tun, um die nicht Wartenden und Vorbeigehenden nicht zu stören; sie blieb in der Mitte des Bürgersteigs, ohne sich über die drei abgemessenen Schritte hinauszubewegen, die sie immer wieder an dieselbe Stelle zurückbrachten, und deshalb hatte sie Schwierigkeiten, den Passanten auszuweichen, jemand sagte etwas zu ihr, und sie antwortete zornig und drohte mit der auffälligen Tasche. Ab und zu blickte sie hinten an sich herunter, ein Bein angewinkelt, und strich mit der Hand den engen Rock glatt, als fürchtete sie eine Falte, die ihren Hintern entstellen könnte, oder vielleicht zupfte sie durch den Stoff hindurch, der ihn bedeckte, ihren rebellischen Slip zurecht. Sie schaute nicht auf die Uhr, sie trug keine Uhr,
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