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Mein Herz so weiß

Mein Herz so weiß

Titel: Mein Herz so weiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Marías
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anzusehen und eine Sekunde lang sein Haar glattzustreichen, lange genug, um zu bemerken, dass Blut und Wasser (aber nicht der Schweiß) die Oberfläche bespritzt hatten und damit jedes Spiegelbild, auch das seine, während er sich anschaute. Er stand auf der Türschwelle, nicht drinnen, ebenso wie die beiden anderen Gäste, so als seien sie trotz der in diesem Augenblick vergessenen Anstandsregeln der Ansicht, dass nur die Familienangehörigen das Recht hatten, sie zu überschreiten. Die drei reckten die Köpfe, den Oberkörper vorgeneigt wie Erwachsene, die Kindern zuhören, ohne einen Schritt nach vorne zu tun, aus Ekel oder aus Respekt, vielleicht aus Ekel, obwohl einer von ihnen Arzt war (der, der sich im Spiegel angeschaut hatte) und es normal gewesen wäre, wenn er sich mit Bestimmtheit seinen Weg gebahnt und den Körper der Tochter untersucht oder zumindest, ein Knie auf dem Boden, zwei Finger an ihren Hals gelegt hätte. Er tat es nicht, nicht einmal dann, als der Vater, immer blasser und schwankender, sich zu ihm umwandte und, auf den Körper seiner Tochter weisend, »Doktor« zu ihm sagte, in flehendem Ton, aber ohne jeden Nachdruck, und sich dann sogleich wieder umdrehte, ohne abzuwarten, ob der Arzt auf seinen Ruf reagierte. Nicht nur ihm und den beiden anderen wandte er den Rücken zu, sondern auch seinen Töchtern, der lebendigen und der, die für tot zu halten er noch nicht wagte; dann, die Ellbogen auf das Waschbecken gestützt und mit den Händen die Stirn haltend, begann er alles zu erbrechen, was er gegessen hatte, einschließlich des Fleischstücks, das er gerade ungekaut hinuntergeschluckt hatte. Sein Sohn, der Bruder, der um einiges jünger war als die beiden Mädchen, näherte sich ihm, aber als einzige Hilfe vermochte er nur die Schöße seines Jacketts zu fassen, so als wollte er ihn halten, damit er durch das Würgen nicht ins Wanken geriete, aber in den Augen derer, die es sahen, war es eher eine Bewegung, die Schutz suchte in einem Augenblick, in dem der Vater ihm keinen geben konnte. Man hörte ein kurzes Pfeifen. Der Ladenjunge, der sich manchmal bis zur Mittagessenszeit mit der Bestellung verspätete und gerade seine Kisten ablud, als der Schuss ertönte, reckte ebenfalls den Kopf, noch immer pfeifend, so wie Jungen es beim Gehen oft tun, aber er verstummte sofort (er war im gleichen Alter wie der jüngere Sohn), als er ein Paar Schuhe mit halbhohem Absatz sah, die sich jemand ausgezogen hatte oder die sich nur von den Fersen gelöst hatten, und einen leicht hochgerutschten und befleckten Rock – befleckte Oberschenkel –, denn das war es, was er aus seiner Position von der gefallenen Tochter sehen konnte. Da er weder fragen noch hineingehen konnte und niemand ihm Beachtung schenkte und er nicht wusste, ob er leere Flaschen mitnehmen sollte, kehrte er in die Küche zurück, abermals pfeifend (aber dieses Mal, um die Angst zu vertreiben oder den Eindruck zu überspielen), in der Annahme, dass früher oder später das Dienstmädchen dort wieder auftauchen würde, das ihm normalerweise die Anweisungen gab und das sich jetzt weder in seinem Bereich noch bei den anderen im Flur befand, im Unterschied zur Köchin, die als zusätzliches Familienmitglied mit einem Fuß im Badezimmer und einem draußen stand und sich die Hände an der Schürze abwischte oder sich vielleicht mit ihr bekreuzigte. Das Dienstmädchen, das im Augenblick des Schusses die eben abgeräumten leeren Schüsseln auf dem Marmortisch des Küchenvorraums abgesetzt hatte, weshalb sie den Knall mit dem eigenen, gleichzeitig veranstalteten Getöse verwechselte, war danach damit beschäftigt gewesen – während der Junge ebenfalls lärmend seine Kisten leerte –, mit großer Vorsicht und wenig Geschick die Eistorte, die zu kaufen man ihr heute Vormittag aufgetragen hatte, weil es Gäste gab, auf eine Servierplatte zu platzieren; und als die Torte bereit und auf ihrem Platz war und sie kalkuliert hatte, dass man im Esszimmer mit dem zweiten Gang fertig sein dürfte, hatte sie sie dorthin getragen und auf dem Tisch abgestellt, wo sie zu ihrer Verwirrung noch Fleischreste und achtlos auf das Tischtuch geworfenes Besteck und Servietten vorfand, aber keinen Tischgast (nur ein Teller war vollkommen sauber, so als hätte einer von ihnen, die ältere Tochter, rascher gegessen und ihn überdies mit Brot abgewischt oder aber überhaupt kein Fleisch genommen). In diesem Augenblick wurde ihr klar, dass sie, wie so oft, den Fehler

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