Mein Höhenflug, mein Absturz, meine Landung im Leben (German Edition)
Behandlung vor mir saß, schien von seiner Courage alles aufgebraucht. Um seine Ängste und Un-sicherheiten kennenzulernen, benötigte er eine neue Sorte Mut.
Sven war anfangs ja verständlicherweise beschämt über seinen ›Fall‹. Er wollte sich mit seinen Schwierigkeiten nicht selbstmitleidig erhöhen oder gar seinen Ruhm fördern. Am liebsten wäre er eine Weile auf einer Insel verschwunden und wäre danach als strahlender Held zurückgekehrt.
Es ist Teil seiner Geschichte, dass er anderen zuliebe so tat, als wäre alles beim Alten – wie ein schlechter Schauspieler. Er nahm wahr, dass er dann ganz den Kontakt zu sich verlor. Und so war dieses allmähliche Annehmen seiner Krise und das öffentliche Dazustehen ein sehr mutiger Schritt, er machte sich dadurch verletzlich. Diese Verletzlichkeit authentisch zu zeigen und zu erleben, dass menschliche Anteilnahme, ja neues, tieferes Interesse aufkommt, das ist heilsam. So konnte Sven ein gesünderes Selbstvertrauen entwickeln und die Sinnhaftigkeit seiner Krise erkennen.
Es geht ja vielen Menschen ähnlich, und sein Beispiel könnte anderen helfen.«
Genau deshalb haben wir dieses Buch geschrieben.
Herzlichst, Sven Hannawald
Ich bin sehr dankbar dafür, dass und wie dieses Buch entstanden ist. Bei den Recherchen habe ich für mich viele Antworten auf bislang offene Fragen gefunden.
Liebe Leserin, lieber Leser,
tief in das Leben eines anderen eintauchen zu dürfen und die Zeit zu bekommen, diesen Menschen wirklich kennenzulernen – dafür ist jeder Autor dankbar. Besonders natürlich, wenn es um einen so außergewöhnlichen Sportler geht, dessen Leben scheinbar allgemein bekannt ist.
Die menschlichen Dramen von Sieg und Niederlage werden im Sport häufig noch deutlicher als im richtigen Leben, weil wir glauben, dass uns die Spielregeln und die Sportler vertraut sind.
Die Eckdaten von Sven Hannawalds Sportlerleben, seine grandiosen Erfolge und das Schicksal seines Burn-outs kannte ich natürlich schon. Eine bewegende Geschichte. Gerade zeigte aber eine Studie der Deutschen Sporthochschule Köln (von der Stiftung Deutsche Sporthilfe in Auftrag gegeben), dass nicht nur er, sondern über 40 Prozent der deutschen Kader-Athleten für ihren Sport »bewusst gesundheitliche Risiken« in Kauf nehmen. Fast jeder Sechste hat Existenzängste. 11 Prozent leiden unter dem Burn-out-Syndrom.
Sven machte sein Burn-out als einer der wenigen öffentlich. Warum konnte er dem Druck am Ende nicht mehr standhalten? Wie erlebte er, ein typisches Kind des perfekt durchorganisierten Sportsystems der DDR, seinen Alltag? Was macht seine Sportart Skispringen so unglaublich fordernd? Heikle Themen. Sven, als Typ ohnehin sympathisch und zuverlässig, tat alles dafür, dass die Arbeit an diesem eher ernsten Buch eine Freude war.
Und ich glaube, am Ende ist dieses Buch doch noch die Geschichte eines ziemlich glücklichen Menschen geworden.
Viel Lesespaß wünscht Ihnen
Ulrich Pramann
Am Ende ist dieses Buch doch noch die Geschichte eines ziemlich glücklichen Menschen geworden.
Zwischen Himmel und Hölle
Magische Momente und bleierne Zeit:
wie ich den größten Triumph meines Lebens erlebte und in welchem Zustand ich mich 841 Tage später wiederfand – ganz unten
Der Augenblick der Befreiung. Ich jubele, weil die große Anspannung rausmuss und weil ich weiß, dass auch dieser letzte Sprung richtig gut war. Aber was ich gerade geschafft hatte – einen Erfolg für die Ewigkeit –, das war mir noch gar nicht bewusst.
In diesem Moment schauten Millionen auf mich. Wie ich mich da oben auf den Anlaufbalken setzte, in meinem silbernen Sprunganzug. Ich, die Startnummer 50. Wie ich sichtlich nervös hin und her rutschte, vor diesem letzten Sprung im Wettbewerb: die Vierschanzentournee 2001/2002. Die Entscheidung. Alle warteten auf diesen finalen Sprung. Meinen. Mit dem könnte ich der Meister meines Sports werden.
Es war ein sonniger, aber kalter Sonntagnachmittag im Tennengebirge, ein Bilderbuchjanuartag in der kleinen Gemeinde Bischofshofen im Salzburger Land. Mit 0,8 Metern pro Sekunde wehte nur ein ganz minimaler Rückenwind in die Arena. Also perfekte Bedingungen. Es ging um entscheidende 12 Sekunden.
Sekunden für die Ewigkeit?
Allein in Deutschland saßen 14,89 Millionen Menschen vor dem Fernseher. Als ich mich da oben vom Balken abstieß, um auf 91,9 Kilometer pro Stunde zu beschleunigen, war es genau 15 Uhr 56 und 25 Sekunden, und der RTL-Kommentator Tom
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