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Mein irisches Tagebuch

Mein irisches Tagebuch

Titel: Mein irisches Tagebuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Giordano
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Michael (es soll um das Jahr 1630 geschehen sein), wie lange sie zum Bau ihrer steinernen Treppen und Hütten gebraucht und welche Bücher sie geschrieben haben. Es gibt nur Vermutungen.
    Aber Geheimnisse passen zu der Stätte. Ich verspüre keine Neigung, sie durch näheren Augenschein zu lüften und später, in der wärmeren Jahreszeit, dahin überzusetzen, wie es möglich sein soll von Portmagee, Ballinskelligs oder Cahirciveen aus. Skellig Michael und Litde Skellig - ihr Bild soll bleiben, wie es sich mir jetzt bietet in dem unglaublich schnellen Wechsel von. Schatten und Licht der irischen Himmelsdramen: vor dem noch grell von unten angeleuchteten Seehorizont zwei Scherenschnitte, die bald versunken sein werden in der rasch aufziehenden Dämmerung.
    Jetzt erst entdecke ich in einiger Entfernung davon einen winzigen, brandungsumspülten Dorn aus dem Wasser stechen, gleichsam ein stacheliger Ableger der beiden größeren - offiziell Lemon Rock genannt, aber auch, erinnere ich mich, Washerwoman Rock.
    Dazu, ganz küstennah und doch Insel, von hier oben anzusehen wie die Riesenhöcker eines gigantischen Kamels, grünlich beschorft und vom Wind unaufhörlich geradezu musikalisch umspielt - Puffin Island.
    Und dann, quasi als menschliche Zutat zu diesem grandiosen Ensemble des östlichen Atlantik, nur durch eine kurze Weide getrennt von der Seekante, gut sichtbar an seinem freien Platz, hell, fest und hinter dem schweren hölzernen Tor über eine abschüssige Rampe zu erreichen, der Standort der ersten Etappe, Ausgangs- und Endpunkt ihrer künftigen Fahrten, Reisen und Besuche, sozusagen mein Hauptquartier Nummer eins - das Haus am Kliff.
    Als ich an seiner seeabgewandten Seite aussteige, um die Tür aufzuschließen, knallt mir der Wind mit voller Wucht den Wagenschlag gegen den Körper, während ganz plötzlich Schneeflocken so dicht herabfegen, daß man kaum die Hand vor den Augen sehen kann.
    Drinnen dann, in dem Eigentum meiner freundlichen, vertrauensvollen und diesem Land völlig verfallenen Gastgeber aus dem Westerwald - Wärme und Geborgenheit. Ich bin ganz allein in einer vielräumigen Herberge.
    Die Küche, reichlich versehen mit allem, was einem nicht gerade geschickten Selbstversorger Zutrauen einflößen kann, funktional und dennoch anheimelnd. Im Schlafzimmer, verlockend, ein Stehpult (das mir sofort Hemingways Arbeitsweise in den Sinn bringt), und von der großflächig verglasten Veranda aus, überwältigend, der Blick auf die dichten, graugelben Wasserschleier der St. Finan’s Bay, auf den finsteren Vorderhöcker von Puffin Island und das verwunschene Duo der Skelligs.
    Im Haus muß noch jüngst eine ordnende Hand gewaltet haben, denn es ist alles gerichtet, geputzt, versorgt, die Heizung aufgedreht, das Bettzeug frisch.
    Nachts bricht, nach kurzer Stille, der Sturm aufs neue los, tost, brüllt, jault, greint, als sollte das Dach abgedeckt werden. Hagel trommelt wie Gewehrfeuer gegen die Fenster, und aus dem Kamin dringen stoßhaft schrille Geräusche. Die Wildheit der Natur kann etwas Wunderbares sein, wenn man so sicher ihren Stimmen lauschen kann, entspannt im warmen Bett und nach langer, langer Anfahrt erschöpft. Drei Tage hat sie gedauert -vom i. bis zum 3. März.
     
    Die zittern noch in mir nach.
    Die einschläfernde, weil nur allzu oft gefahrene, öde Strecke Köln-Calais; dann von Folkestone südlich an London vorbei nach Bristol und Cardiff. Bis dahin waren zwar gut sechs Siebtel der Tour zurückgelegt, aber mit Wales’ ebenso engen wie kurvenreichen Straßen und den Nadelöhren seiner idyllischen Ortschaften stand die eigentliche Strapaze noch bevor.
    Da mag einem dann selbst ein so gesichtsloser Fährhafen wie Fishguard zum Gelobten Land werden - lassen seine Kais doch immerhin die Hoffnung zu, irgendwann glücklich ans Ziel zu gelangen.
    Dazwischen hatte allerdings die Irische See gelegen, deren rauher Nordwestwind die »Felicity« fortwährend vom Bug bis zum Heck mit schweren Brechern überspülte und mir, wenn auch keine ausgewachsene Seekrankheit, so aber doch ein derart flaues Gefühl im Magen bescherte, daß ich beim Anblick des Leuchtturms von Rosslare und seiner Blinkzeichen - endlich Irland! - noch weit erleichterter aufatmete als bei der Ankunft in Fishguard von Land her ein paar Stunden zuvor.
    Dann, auf dem langen Wege zum Haus am Kliff über Waterford, Dungarvan, Cork, die große Überraschung - Schnee, Schnee, Schnee! Die Sonne: nur noch ein dunstiges Auge; die Berge,

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