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Mein Katalonien

Titel: Mein Katalonien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Orwell
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Faschisten damals abfeuerten, waren jämmerlich schlecht. Obwohl sie ein Kaliber von hundertfünfzig Millimeter hatten, war der Krater eines Einschlages nur etwa zwei Meter breit und eineinviertel Meter tief, unter vier Granaten explodierte mindestens eine nicht. Man erzählte sich darum die üblichen romantischen Geschichten von Sabotage in den faschistischen Fabriken und von Granaten, die nicht explodierten und statt Sprengstoff ein Stück Papier enthielten, auf dem stand: »Rotfront«. Ich habe nie etwas Derartiges gesehen. In Wirklichkeit waren die Granaten hoffnungslos alt. Jemand fand eine bronzene Zünderkappe, auf der ein Datum eingestempelt war: es war 1917. Die Kanonen der Faschisten hatten das gleiche Fabrikat und Kaliber wie unsere eigenen, und die nicht explodierten Granaten wurden oft wiederhergerichtet und zurückgeschossen. Man erzählte sich, es gebe eine alte Granate, die es schon zu einem Spitznamen gebracht habe, täglich hin- und herreise, aber nie explodiere.
    Nachts wurden kleine Spähtrupps ins Niemandsland geschickt, um in den Gräben nahe der faschistischen Linie zu liegen und auf Geräusche (Hornsignale, Hupen und so weiter) zu horchen, die auf Bewegungen in Huesca schließen ließen. Wir beobachteten ein ständiges Kommen und Gehen der faschistischen Truppen und konnten ihre Zahl nach den Berichten der Lauscher einigermaßen genau feststellen. Wir waren vor allem angewiesen worden, über das Läuten der Kirchenglocken zu berichten. Es schien, daß die Faschisten jedesmal zur Messe gingen, ehe sie in die Schlacht zogen. Zwischen den Feldern und Obstgärten lagen verlassene Lehmhütten, und es war ungefährlich, sie beim Licht eines Streichholzes zu durchforschen, nachdem man die Fenster aufgebrochen hatte. Manchmal fand man wertvolle Beutestücke, wie zum Beispiel ein Beil oder eine faschistische Wasserflasche (die besser als unsere waren und deshalb sehr gesucht wurden). Man konnte auch während des Tages die Gegend erkunden, aber das mußte meistens auf allen vieren kriechend geschehen. Es war ein eigenartiges Gefühl, in diesen leeren, fruchtbaren Feldern herumzukriechen, in denen gerade zur Erntezeit jede Arbeit aufgehört hatte. Die Ernte des letzten Jahres war niemals angerührt worden. Die ungeschnittenen Reben wanden sich auf dem Boden entlang, die Maiskolben waren auf den Stengeln so hart wie Stein geworden, die Zucker- und Runkelrüben waren zu riesigen, hölzernen Klumpen verwachsen. Wie die Bauern beide Armeen verflucht haben müssen! Manchmal suchten einige Männer im Niemandsland nach Kartoffeln. Ungefähr anderthalb Kilometer auf unserer Rechten, wo die Linien näher beieinander verliefen, gab es ein Feld mit Kartoffeln, das sowohl von den Faschisten wie auch von uns besucht wurde. Wir gingen tagsüber dorthin, sie nur bei Nacht, denn es wurde von unseren Maschinengewehren beherrscht. Eines Nachts kamen sie zu unserem Verdruß en masse heraus und räumten das ganze Feld. Ein Stück weiter weg entdeckten wir ein anderes, aber dort gab es praktisch keine Deckung, und man mußte die Kartoffeln auf dem Bauch liegend ausgraben – eine ermüdende Arbeit. Wenn ihre Maschinengewehrschützen uns entdeckten, mußten wir uns fach wie eine Ratte machen, die unter einer Tür durchschlüpft, während die Kugeln die Erdklumpen wenige Meter hinter uns zerfetzten. Es schien aber damals der Mühe wert zu sein. Kartoffeln wurden sehr rar. Wenn man einen Sack voll hatte, konnte man sie zur Küche bringen und sie gegen eine Wasserflasche voll Kaffee eintauschen.
    Aber es ereignete sich immer noch nichts, und es sah auch nicht so aus, als ob sich etwas ereignen würde. »Wann werden wir angreifen? Warum greifen wir nicht an?« lauteten die Fragen, die man Tag und Nacht sowohl von den Spaniern wie auch von den Engländern hörte. Wenn man weiß, was kämpfen bedeutet, klingt es eigenartig, daß Soldaten kämpfen möchten, und doch wollen sie es zweifellos. Im Schützengrabenkrieg gibt es drei Dinge, wonach sich alle Soldaten sehnen: eine Schlacht, mehr Zigaretten und einen einwöchigen Urlaub. Wir waren jetzt etwas besser als vorher bewaffnet. Jeder Soldat hatte hundertfünfzig Patronen Munition anstatt fünfzig. Nach und nach erhielten wir Bajonette, Stahlhelme und einige Handgranaten. Wir hörten das ewige Gerücht von einer bevorstehenden Schlacht. Ich glaube heute, es wurde absichtlich in Umlauf gesetzt, um die Moral der Truppe hochzuhalten. Man brauchte nicht viel militärische Kenntnisse zu

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