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Mein Leben als Androidin

Mein Leben als Androidin

Titel: Mein Leben als Androidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fine
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zu überlassen. Aber ich verzeihe dir.« Sie küßte ihn auf die Wange. »Du konntest nichts dafür. Mitleid war in deinem Programm nicht enthalten, nicht einmal ein kleines bißchen Anstand, sondern ausschließlich rücksichtsloses Vorwärtsstreben.« Tad nickte grimmig. Die Erinnerung an seine Karriere auf dem Mond setzte ihn immer noch in Erstaunen.
    »Natürlich mußte ich ein Gesicht tragen. Andernfalls hätte er mich sofort erkannt und den Behörden gemeldet.« – »Aber ja!« unterbrach er sie. »Ich hätte dich ans Messer geliefert wie nichts.« Er schnippte mit den Fingern. »Du warst eine gesuchte Aquarierin.«
    Anna berichtete weiter, daß sie es nach diesem wenig ermutigenden ersten Zusammentreffen so einrichtete, ihm immer wieder über den Weg zu laufen, bis sich eine feste Beziehung etablierte, die von ihr genutzt wurde, um ihn mit bestimmtem Gedankengut vertraut zu machen, von dem sie hoffte, es würde seine alten Wertvorstellungen stimulieren. Obwohl er sich anfangs sperrte und versuchte, ihre Beziehung abzubrechen (schließlich war er ein verheirateter Mann), kam der Tag, als – und jetzt übernahm Tad die Rolle des Erzählers: »… als das ganze Gebieterprogramm plötzlich in die Brüche ging. Eines Abends saß ich noch spät im Büro – müde, gestreßt, vollgepumpt mit Koffein und Gipfelstürmern, du weißt schon, die üblichen Aufputschmittel –, als ganz unvermutet nichts mehr einen Sinn ergab. Ich wußte nicht mehr, weshalb ich da saß und was ich tat. Ich meine, ich wußte, was ich tat, aber es kam mir plötzlich ziemlich bedeutungslos vor, und das erschreckte mich, weil ich noch vor einer Minute überzeugt gewesen war, das Projekt, an dem ich zur Zeit arbeitete, sei absolut lebenswichtig. Ich dachte, ich würde verrückt. Irgendwie hatte ich keine Ahnung mehr, wer ich eigentlich war. Alles erschien mir so albern. Als wären die Büros nur eine der vielen Kulissen des Studios. Ich kann mich erinnern, mir die Schreibkräfte betrachtet zu haben – es war Nacht, also hingen sie deaktiviert auf ihren Drehstühlen –, und ich beobachtete die Raumpflegeeinheiten, wie sie lautlos umherwanderten und Trinkbecher und weggeworfene Spulen aufspießten, und auf einmal wurde mir bewußt, daß ich so nicht weitermachen konnte. Ich telefonierte mit Anna und …«
    »Als ich kam, fand ich ihn kichernd und weinend hinter seinem Schreibtisch. Ich ließ ihn reden, die ganze Nacht – und am Morgen war er wieder unser Tad. Er hat es ganz allein geschafft; ich war nur die verständnisvolle Zuhörerin.«
    »Nein, du warst mehr als das. Du hast mir geholfen zu erkennen, daß nicht ich zusammengebrochen war, sondern das Programm, und daß ich nie eindeutiger der Sklave war als zu den Zeiten, wenn ich glaubte, der absolute Gebieter zu sein.« Er schaute mich an und fragte: »Kannst du dir eine dermaßen schizophrene Situation vorstellen?«
    Ganz bestimmt sogar; ich brauchte nur an meine Zeit auf dem Mars zu denken, die mir wieder in aller Ausführlichkeit zur Verfügung stand. Doch das jetzt zu erwähnen hätte zu weit geführt. Später einmal wollte ich ihnen erzählen, wie man mir einen IZ implantiert und mich für meine Rolle als First Lady programmiert hatte, wie Andro sich seine ganz private Molly II schuf und daß sie die Schuld am Tod des Präsidenten trug, nicht ich. Später, wie gesagt, denn vorläufig war ich auf die Geschichte meiner Rettung gespannt und bewahrte Schweigen.
    Anna berichtete weiter, daß Tad nach seiner Wiederherstellung eifrig an ihrem Plan zu meiner Befreiung mitarbeitete. Im Gegensatz zu der mißglückten Entführung auf dem Mars sollte diese Mission ein voller Erfolg werden. Mit der Hilfe von Tads Berechtigungsausweis verschafften sie sich Zutritt zu der Darstellerkartei und fanden heraus, daß man mich in den sogenannten Schrottcontainern im tiefsten Keller der Stallungen verstaut hatte. In der Kartei stießen sie außerdem auf den überraschenden Eintrag ›Lance London‹, also änderten sie ihren Plan entsprechend. Sie flogen zu der Studiokuppel, in deren Stallungen wir untergebracht waren, und präsentierten dem Aufseher gefälschte Dokumente (aus dem Hauptbüro entwendet), der umgehend den Transport von Lance und mir in ihre wartende Firmenlimousine veranlaßte. Im deaktivierten Zustand wurden wir zum Raumhafen geflogen, allerdings erst nach einem Abstecher zum Hauptbüro in der City von Hollymoon, damit Tad meinen Erinnerungsspeicher aus dem Tresor entwenden konnte. Dann

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