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Mein Leben als Androidin

Mein Leben als Androidin

Titel: Mein Leben als Androidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fine
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und durch künstlich gewesen, denn von der Zugehörigkeit zur selben Spezies einmal abgesehen gab es kaum Gemeinsamkeiten zwischen ihm und Miss Bonpain. Doch wenn nicht Anna ihm die Augen geöffnet hätte, würde er heute immer noch als verheirateter Mann auf dem Mond leben und in seiner Freizeit moonjoggen, und mich hätte man auf einer Bühne des Studios zu Tode verbraucht? Bei der Erwähnung von Annas Namen stieg eine komplette und ungekürzte Folge von Erinnerungen aus den Tiefen meines Bewußtseins. »O ja! Es fällt mir wieder ein. Ich habe meine Erinnerungen zurück! Ich habe sie zurück!«
    Und wer trat in eben diesem Moment zur Tür herein, mit leuchtendem Gesicht und weit ausgebreiteten Armen, wenn nicht diese beste aller Freundinnen in eigener Person. Bei ihrer Rückkehr von einem harten Tag beim Spendensammeln hatte sie von P-10 gehört, daß ich aufgewacht war, und wollte mich doch gleich begrüßen. Wie herrlich es sich fügte, daß wir alle wieder vereint waren, sagte sie, während sie mich umarmte und küßte; und ich konnte in vorbehaltloser Zuneigung ihre Hand drücken, denn jetzt wußte ich wieder, wer sie war und wie wir zueinander standen. Sie freute sich über meinen kräftigen Druck und meinte aufmunternd, bald würde ich mich rüstiger fühlen. Das war lieb von ihr, wußten wir doch beide, daß ich im Sterben lag. Auch an ihr war die Zeit nicht spurlos vorübergegangen – immerhin hatten wir uns '82 zuletzt gesehen, vor sechs Jahren, aber mit ihren dreiundvierzig war sie für meine Verhältnisse noch ein Teenager. Abgesehen davon schien sie als Frau jetzt ihre beste Zeit zu erleben – vermutlich weil ihre Weiblichkeit in der Zeit vor ihrer Hinwendung zum Aquarianismus so lange unterdrückt worden war. Einen Spätentwickler, glaube ich, nennt man den Typ. Wie auch immer, an einem Liebhaber fehlte es ihr nicht, wie der lange Kuß, den sie und Tad sich gaben, bewies.
    »Liebling, ich war eben dabei, Molly zu berichten, wie wir uns in Hollymoon begegnet sind.«
    »Der Grund warst du«, sagte Anna und erzählte mir bereitwillig alles, was seit meiner Einlieferung in die Benway-Klinik vorgefallen war.
    Sie hatte sich aus ihrem Unterschlupf in Kommerz herausgewagt, wo sie sich seit der Invasion verborgen hielt – im Bauch des Ungeheuers, sozusagen –, um bei einer Rettungsaktion auf dem Mond Kopf und Kragen zu riskieren. Über das geheime Nachrichtennetz erfuhr sie von alten Freunden in der LRA, daß das Studio mich der Klinik überlassen und anderthalb Jahre darauf wieder zurückgenommen hatte. Gerüchte besagten, daß ich in die Kategorie der Ausschußware eingereiht worden war. Die Bemühungen der LRA Armstrong, mehr zu erfahren, wurde von einem bestimmten Rechtsberater Stellars abgeblockt.
    »Ach, du kannst ihr ruhig die Wahrheit sagen, Anna. Ich war es, Molly, in meiner neuen Rolle, die für mich damals die einzig mögliche Realität darstellte. Gebieter Boffo wies mich an zu sagen, die Identität der Einheiten fiele unter den Datenschutz des Besitzers und es sei die Politik des Studios, darüber nichts verlauten zu lassen. Natürlich wollte man in Wirklichkeit verhindern, daß die Öffentlichkeit erfuhr, was aus der echten Molly Dear geworden war – das hätte womöglich den Siegeszug deines Holos beeinträchtigt, das in Kürze auf den Markt kommen sollte. So oder so, mir waren die Gründe völlig egal. Ich tat nur meine Arbeit.«
    »Ja, du warst eine harte Nuß«, bestätigte Anna mit einem Lächeln. Zu mir gewandt, erklärte sie, im Vertrauen auf ein Gefühl, das ihr sagte, die Veränderungen bei ihm seien nicht so tiefgreifend, wie es sein Auftritt vor Gericht vermuten ließ, hatte sie sich damals entschlossen, den riskanten Versuch zu wagen, ihn auf ihre Seite zu ziehen, denn von ihrer langen Freundschaft einmal abgesehen, war es hilfreich, einen Verbündeten im feindlichen Lager zu haben. Also richtete sie es ein, beim Moonjoggen ›zufällig‹ mit ihm zusammenzustoßen.
    »Du warst zornig über die Unterbrechung, und es ließ dich im ersten Moment völlig kalt, daß meine Sauerstoffflasche ein Leck hatte.«
    Einigermaßen verlegen erwiderte er, sie hätte die Flasche unmittelbar vor dem Zusammenprall selbst beschädigt, um ihn zu zwingen, stehenzubleiben und zu helfen. »Aber das wußtest du zu dem Zeitpunkt nicht, stimmt's? Und ich mußte dich eine halbe Minute lang mit diesen albernen Handzeichen anbetteln, bevor du dich aufraffen konntest, mir ein wenig Sauerstoff aus deinem Tank

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