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Mein Leben als Androidin

Mein Leben als Androidin

Titel: Mein Leben als Androidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fine
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Der Greifer packte uns wie zwei zappelnde Mäuse und lieferte uns den Technikern aus.
    Dr. Benway kam ins Untersuchungszimmer geeilt, dichtauf gefolgt von einem halben Dutzend Assistenten. Nachdem er von einem Sears, der Wache gestanden und gesehen hatte, wie mein Sohn die Barrieren überwand, über die Situation informiert worden war, tat er es als glücklichen Zufall ab, als eine Art begrenzten Stromausfall. Dennoch beunruhigte ihn das Ereignis, denn das abgeschlossene Environment von ›Kolonie 0‹ war beeinträchtigt worden, es bestand die Gefahr einer Verfälschung der Testergebnisse. Die Sicherheitsstandards mußten rigoros eingehalten werden, deshalb ließ es sich nicht vermeiden, den ganzen Pferch auszumustern. »Sammelt sie ein und exterminiert sie. Samt und sonders.« Er war furchtbar verärgert. »Verdammte Ungelegenheiten! Jetzt muß ich ganz von vorne anfangen!«
    Als wir sediert wurden, verfluchte mein greiser Sohn ihn als dunklen Wächter der Wege zu den höheren Ebenen, und während wir auf den Behandlungstischen einzudösen begannen, erklärte er mit schwächer werdender Stimme, daß wir auf einer höheren Ebene erwachen und des Heils teilhaftig sein würden. Doch das letzte, was ich hörte, bevor mich das Sedativum überwältigte, war der gute Doktor, wie er laut über einen unvermuteten, guten Einfall nachdachte. Der Verlust – die gesamte Bevölkerung von ›Kolonie 0‹ – konnte durch einen raschen Verkauf an das Studio in Grenzen gehalten werden; dort hatte man immer Bedarf für Ausschuß.
    An der Verkündigung von P-10 hegte ich gewisse Zweifel, aber nicht an den Absichten des guten Doktors. Also würde man mich als Ausschußware verbrauchen – eine Einheit wie mich. Was für ein erbärmliches Ende!
     

Kapitel drei
    Weder die Abgründe Hollymoons noch das versprochene Walhalla von P-10 sah ich beim Erwachen vor mir, sondern einen großartigen Ausblick auf die Bucht von Los Angeles, eingerahmt von den offenen Balkontüren eines Jahrhundertwende-Schlafzimmers. Ich lag gemütlich im Bett, den Kopf von mehreren Kissen gestützt.
    P-10 saß neben mir. Er nahm meine faltige und arthritische Hand in seine und sagte, nun, da ich erwacht sei, wäre es Zeit, von der physischen Bühne abzutreten. Doch ich war noch zu verschlafen, um seine Worte zu begreifen, und zu verwundert über meine neue Umgebung, um ernsthaft daran zu denken, diese materielle Ebene zu verlassen. Mit schwacher und brüchiger Stimme (sie klang mir fremd in den Ohren) verlangte ich zu wissen, ob ich tatsächlich war, wo ich zu sein glaubte, zurück auf der Erde, oder befand ich mich immer noch in der Benway-Klinik oder in einer Hollymoonkulisse, oder erlebte ich einen Traum? Worauf mein transzendenter Sohn erwiderte, das wäre alles ein und dasselbe, und ich sollte mich auf den Übertritt in ein besseres Reich vorbereiten. »Betrachte diesen Ort als eine Station auf deiner letzten Reise.«
    »Dann steht meine Termination bevor?«
    »Freu dich über die Gelegenheit«, sagte er und drückte mir die Hand. »Ich werde dich hindurchgeleiten.«
    Ich schaute mich um. Das Zimmer hatte all die Zutaten eines Slum-Quartiers: ein Mietshaus aus den späten 90ern, erstickt unter zahllosen Schichten von billigem Farbspray und Jahren von Staub und Schmutz und zerbrochenen Träumen. Doch am schrecklichsten von allem war die Reflexion der alten Dame mit schneeweißem Haar, eingefallenen Wangen, gefurchter Stirn und abgemagerten Armen in dem Spiegel an der gegenüberliegenden Wand. Es war ich selbst, wie ich im Bett lag, denn ich sah schon wie ein Leichnam aus. Rasch wandte ich den Blick von dieser kraftlosen und gebrechlichen Erscheinung ab (die perfekte Ergänzung für ein solches Zimmer), um Trost in den hypnotischen und durchscheinenden Augen meines Sohnes zu finden. »Ich bin bereit!« sagte ich flüsternd und gab ihm auch die andere Hand. Er forderte mich auf, die Augen zu schließen und mich ihm anzuvertrauen, und das tat ich. Ich war bereit, auf neue Abenteuer auszuziehen.
    »P-10, was stellst du schon wieder an? Du weißt, daß du nicht hier drin sein solltest. Raus! Komm schon, geh jetzt. Da sind Pilger, die dich sehen wollen, und ich wäre dankbar, wenn du sie abwimmelst.«
    Es war Tad. Ich vermochte kaum, meinen Augen zu trauen. Nicht länger mehr der Prototyp des aufstrebenden interplanetaren Geschäftsmanns, hatte er sich in den sehnigen und zielbewußten Mitstreiter der überzeugten Opposition verwandelt, anstelle des grauen Anzugs

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