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Mein Leben als Androidin

Mein Leben als Androidin

Titel: Mein Leben als Androidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fine
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trug er Hosen aus Synthetik und ein T-Shirt. Auch war nicht zu übersehen, daß sein Haar schütter wurde und an den Schläfen ergraute. Trotzdem wirkte er jungenhaft für einen Mann Ende Dreißig.
    »Beachte den Menschen nicht!« befahl P-10. »Er ist verrückt; er behauptet, mein Vater zu sein.«
    »Genug davon«, schnappte Tad. Dann merkte er, daß ich aufgewacht war und ihn anstarrte, und rief aus: »Nun sieh doch, was du angerichtet hast; du hast Molly aufgeweckt. Schnell, geh weg da!« Er eilte an mein Bett, stieß dabei P-10 aus dem Weg und setzte mir einen gepolsterten Helm auf den Kopf, der fatale Ähnlichkeiten mit einem Psychographen hatte, doch es war eigentlich ein Auraharmonisator, gekoppelt mit einem Polaritätsmodulator. Als das Gerät summend zum Leben erwachte, wurde mein Kopf und bald mein ganzer Körper von einer kühlen, beruhigenden Flut negativer Ionen umspült. Herrlich entspannend. »Mit etwas Glück hat deine Einmischung den Gedächtnistransfer nicht ruiniert«, knurrte Tad. Die unbußfertige Gottheit entgegnete: »Und du, in der Unwissenheit, hast Candida um die Chance eines friedvollen und leichten Übergangs gebracht.«
    »Was!« rief Tad. »Du hast versucht, deine Mutter zu töten?«
    »Törichter Mensch, ich reiche meine Hand nur jenen, die diesem Tal der Tränen zu entfliehen wünschen.«
    »Hör zu, Junior: Du magst der Herr des Universums sein, aber solange du unter meinem Dach lebst, richtest du dich nach meinen Anweisungen. Laß die Leute sterben, wenn es soweit ist, statt sie förmlich hinüberzuschieben, um des Chefs willen. Jetzt geh, deine Anhänger warten im Wohnzimmer. Und bitte, verschone sie mit Übergangsangeboten; noch mehr Leichen im Haus können wir nicht gebrauchen.«
    Die erste Frage, die mir nach diesem merkwürdigen Wortwechsel in den Sinn kam, lautete: »Dann ist meine Zeit noch nicht gekommen?«
    »Nein. Bis zur Termination ist es noch ein Jahr.« Tad merkte, daß Junior in der Tür stehengeblieben war. Er winkte ihn ärgerlich hinaus.
    »Pilger?«
    »Ja, unser Wunderknabe ist ein paarmal entwischt, um zu missionieren. Die Nachricht hat sich im Untergrund verbreitet. Der Chef weiß, wie es ihnen gelingt, ihn aufzuspüren.«
    »Dann bin ich wirklich auf der Erde? Auf den Los Angeles-Inseln?«
    Er nickte bestätigend, dann entschuldigte er sich einen Moment, um unserem Sohn die Tür vor der Nase zuzuschlagen. »Er ist wirklich unverbesserlich«, bemerkte er, als er zurückkam, und setzte sich zu mir auf das Bett, so daß ich mich bequem an seine Brust lehnen konnte. Er streichelte meine langen, grauen und dünnen Locken und sagte, ich sollte versuchen, nicht zu sprechen, aber ich war inzwischen zu neugierig geworden, um seinen Rat zu befolgen. Mir drängten sich die Fragen auf: Wo genau befand ich mich? Wie war ich hergekommen?
    Nur zögernd, weil er es wirklich lieber gesehen hätte, daß ich mich ausruhte, klärte er mich darüber auf, daß unsere Wohnung in einem verlassenen, zum Abbruch freigegebenen Gebäude lag, nur wenige Blocks entfernt von der Gegend, wo ich im Dodger District früher meinem Gewerbe nachgegangen war. Bis Neu-Horizont on line kam, würden wir uns mit dieser nostalgischen Bleibe begnügen müssen. Ja, erzählte er weiter, nach einem Jahr als ferngesteuerter Rechtsberater bei Stellar Entertainment war er wieder zur Herde zurückgekehrt. Er fühlte sich jetzt viel glücklicher, teilte seine Zeit zwischen dieser Wohnung, wo er mich pflegte (und seinem Sohn daran zu hindern versuchte, seinen Anbetern ›hinüberzuhelfen‹), und der Straße, wo er Spenden für die Bewegung Neu-Horizont sammelte. Bestimmte Vorsichtsmaßnahmen waren leider unumgänglich, berichtete er, wie zum Beispiel, nie ohne Gesicht aus dem Haus zu gehen, denn er stand auf der Fahndungsliste der interplanetaren Polizei und der AÜ, wegen des Diebstahl von zwei Einheiten (P-10 und mir) sowie eines Erinnerungsspeichers, begangen an der Firma Stellar Entertainment. Es stand auch zu vermuten, daß die Mafia wegen der Dinge hinter ihm her war, die er über Micki Dee wußte.
    Diese jüngste Metamorphose war die erstaunlichste überhaupt, sagte ich zu ihm, denn als wir uns das letzte Mal gegenüberstanden, war er ein wiederbekehrter Gebieter gewesen und mit einer jungen Menschenfrau verlobt. »Ein schwerwiegender Fehler«, gab er bereitwillig zu. Wie die neue Karriere und der gesellschaftlich sanktionierte Standpunkt, den er sich zu eigen gemacht hatte, war auch diese Beziehung durch

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