Mein Leben in 80 B
würde ich nach London fliegen. Mit Sylvia. Wir waren zwar nicht die dicksten Freundinnen, aber während ihres fast zweiwöchigen Aufenthalts bei uns war ich auf ihren guten inneren Kern gestoßen. Sie hatte in diesen Wochen vor allem Hanna zur Seite gestanden, die in ihrer ersten Verliebtheit gerne mit einem Erwachsenen reden wollte, aber natürlich auf keinen Fall mit mir oder ihrem Vater. Letztendlich war sie es gewesen, die Hanna den Anstoß gab, uns von ihrem Liebsten zu erzählen. Und wir beide lernten uns bei manch einer gemeinsam gekillten Flasche Prosecco besser kennen. Sylvia stellte mich einer Reihe von Freunden ihres baldigen Exmannes vor, die in der Berliner Kunstszene unterwegs waren und mir bei den ersten Schritten in mein neues Berufsleben helfen würden. Außerdem begleitete sie mich auf meinen Fototouren durch ganz Brandenburg und Berlin, wobei sie sich als talentierte Motivsucherin mit einem feinen Blick für besondere Gesichter entpuppte. Die endlos gewälzten Kataloge über Nasen und Wangenpartien waren also schließlich doch noch zu etwas gut gewesen.
Sylvia hatte sich endgültig von ihrem «Männe» getrennt. Ihr war klargeworden, dass sie und Manfred sich unterschiedliche Dinge voneinander und vom Leben wünschten. Und nachdem sie ihre verletzte Eitelkeit überwunden hatte, hatte sie sich darauf besonnen, neu zu beginnen. Mit Männes finanzieller Unterstützung, versteht sich. Der zeigte sich großzügig und kaufte ihr eine schöne Altbauwohnung in Berlin-Charlottenburg. Sylvia übernahm meinen Job bei Lucinda-Dessous und entdeckte dabei ihre Geschäftstüchtigkeit. Hier konnte sie ihre eigene Begeisterung für edelste Kleidung ungefiltert an die Kundinnen weitergeben und fuhr so wesentlich höhere Umsätze ein, als ich es je vermocht hätte. Die anfängliche Angst, ihre «Freundinnen» könnten sich über sie lustig machen, weil Männe mit der dicken Buchhalterin zusammenleben wollte, schlug schnell in Zufriedenheit um, als sie spürte, dass von ihnen statt Häme eher Mitleid kam. Die Yogatruppe veranstaltete sogar eine Party für die verlassene Ehefrau, um sie aufzumuntern. Bedauern und Neugier führten zu immer mehr Anfragen für Dessous-Partys, und rasch war Sylvia wieder da, wo sie am liebsten sein wollte: im Mittelpunkt.
Das Jahr hatte gerade erst begonnen, aber es war schon so viel passiert, dass eigentlich Juli sein müsste. Ich war gespannt auf alles, was die Zukunft für mich bereithielt.
Auf einmal war der Wind nicht mehr schneidend, sondern nur noch frisch. Die Möwen sangen, statt zu kreischen, und die Gischtkronen auf dem bewegten Meer erinnerten mich an Sahnehäubchen. In diesem Moment brach die Wolkendecke auf, und zwischen dem Grau in Grau schimmerte gelblicher Sonnenschein.
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Rezepte
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Vorspeise
Marco Müller, Weinbar Rutz
Wildlachs & Vichy Tomate, Kirsche, Kakaobohne
Für 4 – 6 Personen
200 g Alaska Wildlachsfilet, Mittelstück | 1 EL Meersalz | 1 TL Anissaat, Fenchel | 2 Stück angeschlagener Sternanis | 1 TL Senfsaat | 2 EL Olivenöl | 100 g Heu | 1 EL Olivenöl | Kirschkrokant zum Dekorieren
Das grätenlose Wildlachsfilet mit den angegebenen Zutaten 8 Stunden marinieren. Eine Pfanne auf den Herd stellen und mit dem Heu so heiß werden lassen, dass es zu räuchern beginnt. Das abgewaschene Lachsfilet auf das Heu setzen, mit gleich großer Pfanne deckeln und 45 Sekunden räuchern. Den Fisch dann mit Olivenöl einpinseln, auf Pergament setzen, mit Aluminiumfolie abdecken und bei 80 °C im Ofen 5 – 7 Minuten glasig garen. Mit Basilikumgelee und Kirschkrokant garnieren.
Zur weiteren Verfeinerung:
12 Taggiasca Oliven, halbiert | 15 Stück eingelegte Kirschen, geviertelt | 1 TL angerösteter Kakaobohnenbruch | 12 Blätter Basilikum | 12 Stück geschälte Walnusskerne | 4 EL Tomatengelee, weiß | 4 Stück kandierte Lachshaut
Danijel Kresovic, Restaurant 44 Swissôtel
Gebackenes Bio-Ei, Nigella, Flüssiger Kräutersalat, Rote Bete
Für 4 Personen
Flüssiger Kräutersalat
½ Bund Kerbel | ½ Bund Blattpetersilie | ½ Bund Basilikum | 2 Zweige Koriandergrün | ½ Bund Brunnenkresse | 2 Liebstöckelzweige | 400 ml Gemüsefond | Cayennepfeffer | gemahlener Koriander aus der Mühle | Salz | frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
Kräuter von den Stängeln zupfen, für ca. 20 Sekunden in kochendem Salzwasser blanchieren, danach sofort in Eiswasser abschrecken. Herausnehmen,
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