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Mein Leben, meine Filme - Die Autobiografie

Mein Leben, meine Filme - Die Autobiografie

Titel: Mein Leben, meine Filme - Die Autobiografie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bud Spencer
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Curtis, Künstlername Totò, symbolisiert Neapel nicht- er verkörpert es! Er war gleichzeitig Schauspieler, Komponist, Poet, Wohltäter, Tierrechtler - als es noch nicht in Mode war, einer zu sein -, Edelmann und Hofnarr, ein mitfühlender Mensch, der in der Nacht heimlich Banknoten unter die Türen der ärmsten Häuser der Elendsvierteln schob.
    Ich repräsentiere nicht das Neapel Totòs, und es würde mich auch nicht reizen, den pazariello  zu spielen.  Eine typisch neaplitanische Figur, ein Ausrufer, der durch die Strassen geht und auf Sonderangebote, Laden-Neueröffnungen etc. hinweist. In »L'oro di Napoli« spielt Totò einen »pazzariello«   Das vielleicht auffälligste Erbe Neapels, das ich in mir trage, wird in meinem Wahlspruch »Futteténne!« (»Scheiß drauf!«) deutlich. Das bedeutet aber nicht etwa, dass man auf alles und jeden mit fröhlicher Oberflächlichkeit pfeifen sollte. Vielmehr drückt dieser Wahlspruch für mich aus, dass wir all die Probleme, mit denen wir konfrontiert werden, nicht zu schwer nehmen, sondern sie Lieber mit Humor lösen sollten, da es uns selten, ja sogar fast nie möglich ist, sie zu vermeiden. Kurz, ich bin ein unverbesserlicher Optimist.
    Nun gut, das Neapel von einst, und zwar das der Dreißigerjahre - und hier schwelge ich für einen Augenblick wieder in meinen Erinnerungen -, war zwangsläufig ein ganz anderes nicht nur als das heutige Neapel, sondern auch als das Neapel wenige Jahre später, als der Krieg begann. In meinen Erinnerungen eines Kindes aus reichem Hause war eine wundervolle, heitere Stadt, so elegant und bedeutsam wie eine Hauptstadt. Von jenem Neapel trage ich die Sprache und Musikalität in mir, die ich später als Erwachsener oder als älterer Herr in einigen Liedern oder Gedanken zum Ausdruck gebracht habe.
    In jenem Neapel, diesem in meinen kindlichen Erinnerungen so magischen und wunderbaren Ort, ging ich zur Grundschule und dort lebte ich bis 1943, als unser gesamtes Vermögen mit einem Schlage vernichtet wurde und wir gezwungen waren, uns in die Schlange der Flüchtlinge einzureihen. Vor diesem Alptraum aber war die Stadt, in der ich heranwuchs, auch die Stadt der Geschwister Filippo, Edoardo  und Titina De Filippo, der unehelichen Kinder des großen Eduardo Scarpetta   Ein aus Neapel stammender Schauspieler und Komödienschreiber (1853-1925) , die aber selbst bereits so großartige Künstler waren, dass sie in der Bühnenszene eine feste Größe waren, Es war die Stadt, in der das Fußballteam unter Führung von Antonio Vojak  Trainer des SSC Neapel 1940-43  abstieg, trotz der bewegenden Hingabe, welche die Fußballer in jedem einzelnen Spiel an den Tag legten - denn die Stadt und ganz Italien waren am Ende ihrer Kräfte, weil der Krieg alles beherrschte.
    Ich besuchte das »Istituto Minerva«, das gegenüber dem Kino-Varieté »Santa Lucia« lag, und weiß noch, wie meine damals gerade vier Jahre alte Schwester Vera in meinen Klassenraum kam, um mir eine Art Aluminium-Essnapf zu bringen, der innen mehrere Fächer hatte, in denen belegte Brote, Wasser, Obst und so weiter waren. Um mich zwischen den Schulbänken zu finden, rief sie mich »Lallo«, ihre kleinkindliche Art, »Carlo« zu sagen. Ich erinnere mich auch an einen Klassenkameraden mit Schuluniform und Ranzen, der später ein großer, erfolgreicher Schriftsteller werden sollte: mein Freund Luciano De Crescenzo.  Ein 1928 in Neapel geborener Ingenieur und Autor mehrerer international Bestseller   Auch er sollte aus dem Humor, dieser Fähigkeit, den Dingen ihre Dramatik zu nehmen, eine Waffe und eine Philosophie machen, um sich dieser verrückten und grotesken Sache entgegenzustellen, die das Leben ist.
     
    *
     
    Wenn die Kindheit eine Flucht vor der Wirklichkeit ist, war meine dies aber einmal auch im wahrsten Sinne des Wortes, als Alessandro, mein Cousin väterlicherseits, und ich – er drei, ich zweieinhalb Jahre alt - eines schönen Tages von zu Hause ausrissen. Wie leichtsinnig wir doch waren, brachten wir doch addiert nicht viel mehr als fünf Jahre zusammen, aber sei's drum!
    Wir wollten zum Stadtpark gehen, um mit anderen Kindern zu spielen, als ein Passant auf uns aufmerksam wurde und uns zurück  nach Hause brachte. Dort war in der Zwischenzeit die Hölle los, sogar die Polizei war gerufen worden. Ich weiß nicht mehr, wer unser »Retter« war, aber für uns war er bloß ein Spielverderber, der uns um unser Vergnügen brachte. Dieser Park war in unseren Augen,

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