Mein Leben ohne Limits
Dann interessierten mich ihre Pläne. Wirklich viel Geld verdiente sie nicht, obwohl sie vierzehn Stunden am Tag arbeitete. Trotzdem hatte sie ein nächstes Ziel: Sie wollte sich gern für Kinder engagieren. Sie hoffte, dafür irgendwann ein christliches College besuchen zu können. Obwohl sie sich nicht vorstellen konnte, wie das zustande kommen sollte. Noch nicht einmal eine eigene Bleibe konnte sie sich leisten und schlief deswegen im Restaurant auf dem Boden.
Ich kippte fast vom Stuhl, als der Dolmetscher mir das übersetzte. Noch nicht einmal zum Essen war es hier gemütlich, geschweige denn zum Schlafen! Ich konnte mir nicht vorstellen, auf dem Steinfußboden zu liegen. Also versuchte ich, Esther Mut zu machen, einen besseren Schlafplatz zu finden und ihren Traum nicht aufzugeben.
Ein Mitglied unserer Gruppe war Pastor. Nachdem Esther wieder an die Arbeit gegangen war, erzählte er uns, wie die Dinge standen. Das christliche College hier war sehr teuer, außerdem gab es allein eine zwölfmonatige Wartefrist, bis man die Eignungsprüfung ablegen konnte. Die natürlich nur sehr wenige bestanden.
Vor mir stand ein dampfender Teller mit Essen, aber mir war der Appetit vergangen. Ich musste immerzu an die arme Frau auf dem Steinfußboden denken. Während die anderen das Tischgebet sprachen, flehte ich Gott um eine Lösung für Esther an. Und dieses Mal ließ er sich nicht lange bitten. Der Pastor neben mir stellte spontan eine Unterbringung für Esther in Aussicht, wenn ich die Kaution aufbringen würde. Wäre denn die Miete überhaupt bezahlbar für sie, fragte ich. Er bejahte. Also willigte ich ein. Ich war schon ganz aufgeregt, Esther die gute Nachricht zu verkünden, aber bevor sie an unseren Tisch zurückkam, sprang einer der Geschäftsmänner ein und sagte, er würde die Kaution übernehmen. Ich sagte ihm, dass ich gern auch etwas beigetragen hätte, aber sein Angebot selbstverständlich annehmen würde.
Da meldete sich ein anderer Herr aus unserer Gruppe zu Wort. „Ich bin der Präsident dieses christlichen College“, sagte er. „Ich sorge dafür, dass Esther nächste Woche den Einstiegstest machen kann. Und wenn sie besteht, kümmere ich mich um ein Stipendium.“
Gottes Plan ging wieder einmal haargenau auf. Esther bestand den Test mit null Fehlern. Sie schloss im November 2008 ihre Ausbildung am College ab. Heute ist sie die Leiterin der Jugendarbeit in einer der größten Kirchen Indonesiens. Ihr nächstes großes Projekt ist ein neues Waisenhaus in ihrer Gegend.
Ich habe in diesem Buch hoffentlich an vielen Stellen gezeigt, wie viel Kraft darin steckt, wenn man ein Ziel hat. Esthers Geschichte ist ein weiteres Beispiel dafür. Sie hatte buchstäblich nichts außer einem Ziel und Gottvertrauen. Und daraus wurde ein so starkes Magnetfeld, dass ein ganzer Tisch begeisterungsfähiger Leute davon angezogen wurde.
LASS DIE MUSKELN SPIELEN
Ich komme mir klein vor, wenn ich Esther ansehe. Und ich meine nicht nur körperlich. Sie hatte alles, was man braucht: ein Ziel, Hoffnung auf bessere Zeiten und Gottvertrauen. Sie lernte, sich selbst anzunehmen. Positiv ans Leben heranzugehen. Mutig und hartnäckig zu sein. Sie ist Risiken eingegangen und hat ihre Fähigkeiten genutzt, um anderen zu helfen.
Ihr Beispiel beflügelt mich. Ich hoffe, dich auch! Sie verkörpert das, was ich mit meiner Geschichte in diesem Buch bezwecken will: Hoffnung zu wecken. Grenzen zu sprengen. Egal, wie deine Lebensumstände sind – ob die Gesundheit angegriffen ist, deine finanzielle Situation aussichtslos scheint oder deine Beziehungen in die Brüche gehen. Wenn du ein Ziel vor Augen hast und entschlossen bist, niemals aufzugeben, kannst du die Hürden überwinden.
Esther hat es geschafft. Es ist also wirklich möglich. Als ich Teenager war, kam mir mein halb fertiger Körper wie eine tonnenschwere Last vor. Und wie viel Gutes ist aus meiner „Behinderung“ geworden!
Ich weiß nicht, welchen Herausforderungen du dich stellen musst. Nimm mich als Beispiel. Mit Gottes Hilfe ist aus meiner größten Schwäche eine Stärke geworden. Ich bin vielleicht nicht „normal“, aber genau deswegen habe ich etwas zu erzählen!
Irgendwann habe ich gemerkt: Es tut mir gut, gut für andere zu sein. Das bisschen, was ich geben kann, trägt hundertfach Frucht. Was wird wohl passieren, wenn du das ausprobierst?
Man sagt ja, Christen seien „Gottes Hände und Füße auf Erden“. Wenn ich das wörtlich nehme, habe ich ziemlich schlechte
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