Mein letzter Tampon
Dekorieren, Bücher schreiben, Opern besuchen, Reisen. Egal, wofür du dich begeistern kannst, begeistere dich. Es gibt unendlich viel unter Gottes Himmel, wofür man sich begeistern kann. Das ist einfach ein Jungbrunnen, sich mit etwas zu beschäftigen, was man liebt. Es ist das ganze verdammte Geheimnis des Lebens!
Richtig reinknien
Wenn du dich für etwas entschieden hast, dann bleibe dabei. Es ist wichtig, dass du dich informierst, Fachliteratur liest, mit Gleichgesinnten plauderst, übst. Nicht immer macht etwas von Anfang an Spaß. Früher war Unkrautjäten für mich Strafarbeit, wenn ich mal wieder eine schlechte Zensur in der Schule bekommen hatte. Aber jedes Lebensalter hat nun mal seine eigenen Begeisterungen. Und davon kannst du eine ganze Woche zehren. Immer, wenn üble Gedanken oder Realeres dich plagen, kannst du abtauchen in irgendwelche Liebhaberzeitschriften oder dir vorstellen, was du als nächstes machen willst.
Bitte verstehe mich richtig, ich will dir hier kein Rezept unter dem Motto „Verwirkliche dich selbst und mach einen Töpferkurs“ geben. Ich will nur, dass du bald mal wieder glücklich wie ein Kind mit der Zunge im Mundwinkel selbstvergessen etwas tust, was alles Belastende für ein paar Stunden verdrängt. Oder hast du schon mal jemanden getroffen, der begeistert von der Fernsehcouch aufgesprungen ist und mit leuchtenden Kinderaugen erzählt hat, wie toll die letzte Ausgabe vom Glücksrad war? Also, ran an den Speck. Heute!
Der richtige Moment
Stichwort heute: Übermorgen ist der zweite Tag, an dem ich nicht rauche. Oder Diät halte, oder das Finanzamt anrufe, oder, oder, oder. Der Mensch neigt dazu, unangenehme Dinge auf morgen zu verschieben. Allerdings werden die Dinge von Tag zu Tag unangenehmer, so dass die schlechte Laune, die man davon bekommt, dir mehr als einen Tag versaut. Der kleine Gedanke „morgen“ hat schon so manchen davon abgehalten zu leben.
Meine Mutter hat achtzehn Jahre lang auf den richtigen Moment gewartet, mit meinem Vater über seine Freundin zu reden. Dann hatte Mutti Alzheimer und die Freundin war vergessen.
Auf dem Schreibtisch lauert die Steuererklärung. Ohne die Rückzahlung kannst du deinen nächsten Urlaub in der Pfeife rauchen. Aber heute, also heute geht es wirklich nicht, man sieht ja schon gar nichts mehr durch die Fenster. Also auf zum Fensterputz, damit Licht auf die Steuererklärung und den darauf liegenden Staub fallen kann. Am nächsten Wochenende ist auch noch ein Samstag. Am nächsten Samstag ist der Staub auf der Steuererklärung erheblich angestiegen. Aber heute ist wirklich nicht der richtige Tag, sich mit so was zu befassen. Erst einmal muss der Balkon bepflanzt werden, denn wenn du dich schon über Zahlen ärgern musst, dann willst du hinterher dich wenigstens an den Blümchen freuen. Also auf ins Gartencenter. Der nächste Samstag kommt bestimmt. Und mit ihm die Gäste. Also wird der Staub auf der Steuererklärung abgepustet, weggewedelt und dann wird das Ding in der Schublade verstaut. Da sieht und hört es niemand und am nächsten Samstag hast du es einfach vergessen. Zehn Wochen später fällt es dir ein, ach ja, Mensch, die Steuererklärung. Also am nächsten Samstag ist sie dran, da gibt es kein Wenn oder Aber. Am nächsten Samstag scheint dann so gnadenlos die Sonne, dass es wirklich schade wäre, wenn man so einen Tag am Schreibtisch verbringt. Das wird doch wohl noch eine Woche warten können, oder was? Kann es nicht, denn am nächsten Samstag feiert der beste Freund sechzigsten Geburtstag und da muss man natürlich hin. Aber übernächsten, oh weia, es ist schon Juli. Also jetzt aber. Du bist die ganze Woche schlecht gelaunt, denn du weißt, wenn du es jetzt nicht packst, dann kannst du wirklich nicht in den Skiurlaub fahren. Also krümmst du dich innerlich von Montag bis Freitagmittag und kriegst bereits Freitagmittag einen Wutanfall, weil dir ein absolut versautes Wochenende bevorsteht. Nachdem du es endlich geschafft hast, schickst du das Ding an das Finanzamt und das lässt neun Monate nichts von sich hören. Irgendwann nimmst du das Telefon und fragst mal nach. Noch nicht dran, natürlich, wieso haben Sie auch so spät eingereicht? Du beißt dir auf die Zunge, weil du mit einem fundamentalen Wutanfall bestimmt nicht schneller abgefertigt wirst. Das nennt man Selbstsabotage.
Kleine Siege
Die Schraube der Selbstsabotage kann man ins Unendliche drehen. Was dabei herauskommt, kennst du zur Genüge. Trotzdem drückst
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