Mein letzter Tampon
du ganz genau, dass er gerade in einer wichtigen Sitzung ist. Du könntest ebenso gut ein Taxi anrufen. Das ginge sowieso schneller, aber gönn ihm doch die Freude. Er wird die Sitzung flugs beenden und wie Tarzan im Dschungel die Liane satteln, um dich mitsamt den vierzehn Tüten eine halbe Stunde später vom Supermarkt abzuholen. So einfach ist das, diesen wunderbaren Mann zu faszinieren. Was bedeuten da schon dreißig Minuten frieren.
Er betet Kreativität an. Vergiss alles, was ich dir in Kapitel vier erzählt habe. Kleide dich in schwarz. Binde dir eine Kette um den Hals, an der jeden Tag etwas anderes hängt. Zum Beispiel ein Kaffeelöffel, eine Rolle Tesafilm, ein Minirechner. Dekoriere den Frühstückstisch mit den abartigsten Sachen. Ein Sack hübsch gestapelter Kartoffeln neben seinem Frühstücksei wird ihm das Gefühl geben, dass du einzigartig bist. Er braucht gesellschaftliche Anerkennung. Namedropping ist gut, aber du kannst das noch toppen. Also, sagen wir mal, du bist zu einem Mercedes-Empfang eingeladen. Das müsstest du ihm dann so verkaufen: Liebling, ich kann am Dienstag nicht, der Zetsche will mich unbedingt sehen.
Du meinst jetzt, diese Ratschläge taugen alle nichts? Irrtum, sie taugen eine ganze Menge. Ich werde dir ein Geheimnis verraten. Da Mann qua Erziehung nun einmal zu bekommen hat, was er will, kalkuliert er nicht ein, dass er, dessen Urteil immer glasklar ist, eine Mogelpackung bekommen hat. Und wenn du ihn erst einmal fasziniert hast, dann wird er sich ziemlich lange, vielleicht für den Rest seines Lebens, vormachen, dass du genau das bist, was er geglaubt hat. „Jeder Mann idealisiert seine Frau, sonst hält er sie nicht aus.“
Das ist das Einzige, worin sie uns ziemlich ähnlich sind.
Wie sag ich’s meinem Mann
Entsinnst du dich noch, wie es war, als du – sagen wir mal – zwölf warst? Also, ich habe alle vier Wochen nicht an der Turnstunde teilgenommen und mit den Mädels, die „es“ schon hatten, auf dem Balken gesessen und zugeschaut. Ich fühlte mich dort wie in einem Zirkel der Auserwählten, obwohl ich „es“ natürlich noch gar nicht hatte. Aber lieber hätte ich mir drei Tadel und einmal Sitzenbleiben eingefangen, als das zuzugeben. Und ich schätze mal, dass von den sechs Mädels, die da saßen, mindestens vier „es“ auch noch nicht hatten.
Genauso war es mit dem Sex. Was haben wir uns mit fünfzehn erzählt, wie toll es war. Meine Lebenserfahrung sagt mir, dass alles erstunken und erlogen war, nicht nur bei mir, sondern auch bei meinen mitpubertierenden Freundinnen. Da wurden sogar Schwangerschaften erfunden, obwohl ich heute schwören würde, dass damals keine von uns über ein verschämtes Petting hinausgekommen ist.
Und jetzt? Haben wir „es“ natürlich immer noch regelmäßig. Ich komme mir vor wie auf dem Balken damals in der Turnhalle, der Duft des Gummibodens weht durch meine Gespräche mit Freundinnen.
Als ich dieses Buch geschrieben habe, habe ich im Fernsehen eine Talkshow mit den Missfits gesehen, die wirklich zu dem Komischsten gehören, was das deutsche Fernsehen zu bieten hat. Die beiden sind eindeutig im kritischen Alter und haben Haare auf den Zähnen und Humor bis in die Fußspitzen. Auf die Frage des Moderators, ob sie denn und überhaupt, also Wechseljahre, verfinsterten sich die Mienen der beiden von mir sonst so geschätzten Komödiantinnen. Nein, so was hätten sie noch nicht, darüber könnten sie nun so gar nichts sagen, käme später.
Nun ja, man sieht immer den Splitter in den Augen der anderen, aber nicht den eigenen Balken, womit wir wieder bei der Turnstunde wären.
Wir haben unser ganzes Leben lang uns selbst und der Welt in Bezug auf unsere sexuellen Funktionen etwas vorgemacht. Von den Legionen von Liebhabern, denen wir stöhnend zwar nicht im Imbiss wie Sally ihrem Harry, aber immerhin bühnenreif Orgasmen vorgespielt haben, ganz zu schweigen.
Logo spielen wir das Spielchen weiter, denn was Gretel nicht lernt, lernt Greta nimmermehr. Wir rennen also durch die Welt, als ob nichts wäre und lassen den Rest der Welt im Glauben, dass mit uns alles in Ordnung sei. Der Rest der Welt, angefangen bei dem eigenen Mann, steht nun aber mehr als hilflos daneben. Denn was soll er machen, der Ärmste? Dass seine Frau nicht mehr genauso wie früher tickt, hat er bereits gemerkt. Woran das liegen könnte, darüber macht er sich seit einiger Zeit natürlich so seine Gedanken.
Am liebsten würde er mal ein Gespräch mit dir
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