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Mein Mann der Moerder

Mein Mann der Moerder

Titel: Mein Mann der Moerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Herrnkind
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Hand, rief seine Nachrichten ab. Spürte beim Lesen jedes Mal aufs Neue dieses Kribbeln. Seine Nachrichten schmeichelten mir, machten mich glücklich. Und erfüllten mich mit Angst.

    Unzählige Male hatte ich angefangen, eine Antwort ins Handy zu tippen, und den Entwurf dann doch schnell wieder gelöscht. Hätte mein Mann mich ›nur‹ mit einer anderen Frau betrogen, wäre ich wahrscheinlich in der Lage gewesen, wieder eine neue Beziehung einzugehen. Doch unsere Ehe war von Anfang an eine Lüge gewesen. Tobias hatte mich als bürgerliche Fassade für seine perversen Neigungen missbraucht.

    Ich beobachtete die menschenleere Straße. Das Licht der Laternen spiegelte sich auf dem Asphalt. Die Autos standen dicht gedrängt halb auf dem Bürgersteig. Plötzlich blinkte der rechte Scheinwerfer eines Wagens, der am Ende der Straße parkte. Ein Mal. Zwei Mal. Drei Mal. Ich stand auf, ging näher ans Fenster heran. Aus irgendeinem Grund zog dieser alltägliche Vorgang meine Aufmerksamkeit magisch an. Der Scheinwerfer, es war wirklich nur der rechte, blinkte wieder.

    Ein Mal. Zwei Mal. Drei Mal.

    Angestrengt versuchte ich zu erkennen, ob jemand im Wagen saß. Doch es war zu dunkel.

    Plötzlich bog ein Radfahrer um die Ecke. Durch das gekippte Fenster hörte ich das sirrende Geräusch des Dynamos. Gespannt wartete ich, bis das Fahrrad an dem blinkenden Wagen vorbeifuhr. Der Radler verlangsamte seine Geschwindigkeit erst, bevor er hinter der nächsten Straßenecke verschwand. Offenbar war ihm nichts Ungewöhnliches aufgefallen.

    Kaum war das Fahrrad aus meinem Blickfeld geraten, blinkte der Scheinwerfer wieder, schickte einen langen, einen kurzen und dann wieder einen langen Lichtstrahl durch die Nacht. Eine dunkle Ahnung durchzuckte mich. War das nicht das Morsealphabet, das uns Peter mal auf einer Nachtwanderung beigebracht hatte? Lang, kurz, lang. Stundenlang hatten wir uns so im Dunklen mit unseren Taschenlampen verständigt. Ich war eine Virtuosin dieser Technik geworden, weil ich alle Signale auswendig gelernt hatte, um Peter zu imponieren. Lang, kurz, lang – das war das Signal für den Buchstaben K.

    Gebannt starrte ich auf den Wagen. Tatsächlich. Nach einer kurzen Pause blinkte es wieder. Drei Mal lang hintereinander. Ein O . Mir wurde mulmig. Zufall? Einbildung? Doch gleich darauf blitzte es erneut. Zwei Mal lang hintereinander – ein M . Kein Zweifel. Verdammt noch mal, was sollte das? Mein Herz hämmerte wie wild. Kom hatte der Wagen geblinkt. Gemeint war: Komm . Peter hatte uns damals geraten, doppelte Buchstaben nur einmal als Blinksignal umzusetzen, damit wir uns schneller verständigen könnten. Doch wer steckte hinter dieser Nachricht? Wusste Peter, wo ich wohnte? War Tobias zurückgekehrt und versuchte, Kontakt zu mir aufzunehmen? Oder steckte KK dahinter? Ich spürte ein sehnsuchtsvolles Ziehen in der Magengegend.

    Ohne lange zu überlegen, verließ ich barfuß meine Wohnung. Im Haus war alles still. Nach dem nächtlichen Erlebnis neulich hätte ich eigentlich Angst haben müssen. Doch seitdem ich als Mörderin in spe auf mein Opfer lauerte, war etwas in mir erwacht. Ich fühlte mich stark. Unverwundbar. Einer Göttin gleich.

    Draußen war es kühl. Der Asphalt glänzte vom Regen. Die Straße war menschenleer. Ich lief vorbei an parkenden Autos. Der Asphalt schmerzte unter meinen nackten Füßen. Aber darauf konnte ich jetzt keine Rücksicht nehmen. Hätte ich Turnschuhe getragen, wäre ich als Joggerin durchgegangen. So gab ich wahrscheinlich ein merkwürdiges Bild ab.

    Der Wagen, der mich angeblinkt hatte, war ein schwarzes Ungetüm von einem Mercedes. Kastenartiges Uraltmodell, Typ Schlachtschiff, Berliner Kennzeichen. Regentropfen glänzten auf dem Lack, der an einigen Stellen mit grauer Spachtelmasse ausgebessert worden war. Im Wagen saß niemand. Die Scheinwerfer waren dunkel. Auch die Autos vor und hinter dem Mercedes waren leer, standen unschuldig am Straßenrand, ohne dass ihre Scheinwerfer auch nur glimmten. Vielleicht saß der Mercedesfahrer mit der Fernbedienung in der Hand hinter einem Fenster und amüsierte sich gerade köstlich über mich. Oder hatte ich mir das alles nur eingebildet? Was hatte der Polizist noch gesagt über Stresshormone, die Nerven schädigten, Wahrnehmung und Erinnerungen verzerrten?

    Langsam ging ich zurück. Ich war ein bisschen enttäuscht, dass sich meine heimliche Hoffnung, KK würde im Wagen sitzen, nicht erfüllt hatte. Aber er wusste ja nicht mal, wo

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