Mein Mann der Moerder
habe Ihren Text gelesen«, sagte Stollberg. »Super Geschichte. Wir würden sie gerne in der nächsten Ausgabe bringen.«
Sarahs Herz machte einen Sprung.
»Sie müssten Ihren Artikel nur ein kleines bisschen umschreiben«, holte Stollberg sie sofort wieder auf den Boden zurück.
»Umschreiben?! Wieso?« Sarah schwante Böses. Würde sich etwa selbst das Magazin nicht trauen, den Skandal um Greiners Tod aufzudecken?
»Na ja«, formulierte Stollberg diplomatisch. »Ihr Artikel ist so nachrichtlich abgefasst. Wir hätten ihn gern ein bisschen szenischer, mit etwas mehr Gefühl.«
»Aha«, antwortete Sarah ratlos. Sie wusste nicht so recht, worauf Stollberg hinauswollte. Sie hatte in ihrem Text extra einen leicht unterkühlten Ton angeschlagen, weil sie die Fakten sprechen lassen wollte.
»Sie haben doch mit der Zeugin gesprochen, die bei der Erstürmung der Wohnung mit dabei war. Das wäre doch ein prima Einstieg«, half Stollberg ihr auf die Sprünge.
Stimmt, dachte Sarah und ärgerte sich, dass sie nicht selbst auf diese Idee gekommen war. »In Ordnung. Das ist alles?«
»Das ist alles«, antwortete Stollberg.
Sarah war erleichtert. »Bis wann brauchen Sie meine korrigierte Fassung?«
»Ist Ihnen morgen zu knapp?«, fragte Stollberg.
»Nein«, log Sarah. »Der Artikel darf allerdings nicht unter meinem Namen erscheinen – ich bin zwar Freie, aber ich glaube nicht, dass man es beim Express gern sieht, wenn diese Geschichte unter meinem Namen im Magazin erscheint. Der Lokalchef will sich nicht mit der Polizei anlegen.«
»Verstehe«, sagte Stollberg. »Haben Sie sich denn schon ein Pseudonym ausgedacht?«
»Marie Unnützer – das ist der Name meiner verstorbenen Großmutter.«
Stollberg ließ sich den Namen buchstabieren. »Bevor ich es vergesse«, sagte er zum Abschied. »Sind eintausendzweihundert Euro okay?«
Eintausendzweihundert Euro für einen Text?! Sarah glaubte, sich verhört zu haben. Das war knapp die Hälfte der Monatspauschale, die der Berliner Express ihr überwies.
»Äh, ja, äh, natürlich«, stotterte Sarah und ärgerte sich über sich selbst. Warum war sie nicht ein bisschen cooler? Stollberg musste sie für eine Anfängerin halten.
»Okay. Ich warte dann morgen gespannt auf Ihren neuen Text. Und schicken Sie mir auch die Ermittlungsakte. Die brauchen wir für die Rechtsabteilung. Schönen Tag noch«, verabschiedete sich Stollberg.
Voller Elan ging Sarah zurück in die Redaktion, setzte sich an den Konferenztisch und lächelte Hartmut an, als wäre nichts gewesen. Dieses versoffene Arschloch konnte sie mal gernhaben. Sie hatte soeben einen Artikel ans Magazin verkauft.
*
Um 21.30 Uhr schickte ich KK eine SMS: Ich komme.
Dann steckte ich das Handy wieder in meine Handtasche und fing an, Koffer zu packen. Tobias würde sich jetzt nicht mehr blicken lassen. Das Ultimatum war gestern Nacht abgelaufen. Zwar hatte ich alle Vorkehrungen getroffen für den Fall, dass er hier aufkreuzen würde, doch inzwischen sah ich immer mehr ein, dass Hauptkommissar Wöste recht gehabt hatte: Tobias war nie hier gewesen. Der Schock über seine Tat, der Stress der letzten Zeit und die vielen Tabletten hatten mir die Sinne vernebelt. Den Schmuck hatte ich wahrscheinlich wirklich selbst in die Mülltonne geworfen und es nur verdrängt. Der nächtliche Besucher im Treppenhaus war mit Sicherheit ein gewöhnlicher Einbrecher gewesen.
Aber jetzt würde ich zu KK aufs Land ziehen und mit ihm ein neues Leben beginnen. Vielleicht würden wir sogar noch Kinder bekommen. Mit achtunddreißig wurde es höchste Zeit. Und ich wünschte mir doch nichts sehnlicher als zwei Rotznasen. Einen Jungen und ein Mädchen. Alexandra und Maximilian. Ich sah mich schon mit Alex und Max im Garten tollen, ihnen Pausenbrote schmieren, sie zur Schule bringen. Keine Sekunde würde ich meine Schätze aus den Augen lassen. Mit Zähnen und Klauen würde ich sie beschützen vor solchen Drecksäcken wie Peter und Tobias. Eine gute Mutter würde ich sein. Eine, wie ich sie gern gehabt hätte.
Das Türklingeln riss mich jäh aus meinen Gedanken. Wer wollte denn um diese Zeit noch etwas von mir? Aber ich war nicht länger bereit, mich zu verstecken, selbst vor aufdringlichen Journalisten nicht. Schließlich hatte ich nichts verbrochen. Sollte mein neuer Nachbar sein Interview jetzt eben kriegen, dachte ich und öffnete die Tür.
Draußen stand niemand. Ich drückte auf den Summer und wartete. Nichts. Falscher
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