Mein Mann der Moerder
ich wohnte. Und auch Tobias oder Peter konnten nicht ahnen, dass ich in meiner Wohnung hinter dem Fenster lauerte. Alles Einbildung. Herrje, was war nur mit mir los? Irgendwie war ich völlig durch den Wind. Sah Gespenster.
Zu Hause bezog ich wieder Stellung auf meinem Sessel vor dem Fenster. Das Auto blinkte nicht mehr. Vielleicht hatte der Besitzer nur ein bisschen mit der Fernbedienung gespielt, nicht ahnend, wie sehr seine Lichtzeichen die Fantasie seiner Nachbarin entzünden würden.
Zum x-ten Mal nahm ich mein Handy, rief die Nachrichten von KK auf, las sie, wieder und wieder, obwohl ich jedes Wort auswendig kannte. In Gedanken zupfte ich die Blütenblätter eines Gänseblümchens. Soll ich? Soll ich nicht?
Zwischen Peter und Tobias hatte es einige Männer gegeben. Reinfälle, allesamt. Wenn auch harmlos. Allein schon dieser Steuerberater, den ich auf einer Dienstreise kennengelernt hatte. Aus München war er extra eingeflogen, um mit mir das Wochenende in Berlin zu verbringen. Und dann hatte er nach seiner Ankunft – der Schampus stand im Kühlschrank – erst mal seine Filzpantoffeln aus der Reisetasche gezogen, war hineingeschlüpft und hatte es sich auf meinem Sofa gemütlich gemacht. Ein Mann mit Hausschuhen im Gepäck! Ich musste lachen. Laut und hemmungslos. Mein Gelächter hallte wider von den hohen Wänden, war, jetzt in der Nacht, bestimmt im ganzen Haus zu hören, würde vielleicht sogar die Nachbarn aufwecken. Egal. Es tat so gut. Wie lange hatte ich nicht mehr gelacht?
Welche dunklen Seiten KK wohl pflegte? Ob er regelmäßig in den Puff ging? Sich heimlich Kinderpornos aus dem Netz runterlud? Oder ein Doppelleben als Stalker führte? Irgendeinen Haken gab es im Charakter eines jeden Mannes. Oder die Herren entlarvten irgendwann Defizite, die frau nicht bemerkte, weil sie im ersten Hormonstrudel untergingen. Wie bei Massimo, dem Italiener. Ein Bild von einem Mann. Was hatte ich ihn angeschmachtet im Café. Bis er meine Blicke endlich richtig gedeutet, aufgestanden und zu mir an den Tisch gekommen war. Unser Glück währte nur ein paar Wochen. Massimo war Koch. Doch auch, wenn Liebe durch den Magen geht und er dem Ruf des Latin Lovers durchaus alle Ehre machte, dieser Mann war nichts für mich. Obwohl Massimo in Deutschland aufgewachsen und hier zur Schule gegangen war, wusste er nicht mal, wer Helmut Schmidt ist. »Helmut wer?«, hatte er mich mit irritiertem Gesichtsausdruck angesehen, als ich von ihm wissen wollte, ob er Schmidt bei Maischberger gesehen habe.
Plötzlich ein Rumsen. Im Treppenhaus. Ich sprang auf, lief in den Flur, legte mein Ohr auf die Verglasung der Wohnungstür und horchte. Nichts. Alles still.
Das Blut rauschte in meinen Ohren. Aber ich hatte keine Angst mehr, spürte eher eine kribbelnde Erregung, die meinen ganzen Körper unter Strom setzte. Ich war nicht länger das gedemütigte Opfer, sondern Jägerin. Nach einer Weile schlich ich zurück, schaute aus dem Fenster auf die Straße. Niemand zu sehen. Wer weiß, vielleicht war dieser Journalist, der neue Lebensgefährte von Frau Nötzelmann, einfach nur aus dem Bett geplumpst.
Ich setzte mich wieder in den Sessel, hielt Wache, wartete. Plötzlich hatte ich einen glänzenden Einfall. Ich würde das Schicksal entscheiden lassen. Und zwar innerhalb der nächsten drei Tage. Wenn Tobias bis dahin nicht auftauchte, würde ich meine Sachen packen und zu KK fahren, um mit ihm ein neues Leben zu beginnen.
Wenn sich Tobias hier blicken ließe, wäre er ein toter Mann.
*
Sarah saß gerade in einer Konferenz, als ihr Handy klingelte.
»Stollberg. Magazin -Redaktion. Guten Tag, Frau Obermeier.«
Sarah schluckte. Ausgerechnet jetzt kam dieser wichtige Anruf. Hartmut, der von seinem Kurzurlaub aus Hamburg zurück war, und ihr am Ende des Konferenztisches gegenübersaß, funkelte sie misstrauisch an. Das Fax an den Polizeipräsidenten hatte er ihr noch immer nicht verziehen. Dabei arbeitete sie für zwei, seit Basti krank war.
»Moment«, flüsterte Sarah ins Telefon und stand vom Tisch auf. »Ich muss Sie mal eben nach draußen entführen.«
Stollberg lachte. »Tun Sie das, entführen Sie mich«, schmetterte er so laut, dass die Kollegen am Konferenztisch ihn durchs Telefon hören mussten.
Sarah lief, ohne es zu wollen, rot an. Sie eilte auf die Damentoilette. »So, jetzt kann ich reden«, antwortete sie. Der Ort war Sarah ein bisschen unangenehm, aber auf die Schnelle war ihr kein besserer eingefallen.
»Ich
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