Mein Mutiger Engel
gelegentlich über Philip ärgerte, empfand sie doch Zuneigung zu ihm; nun aber stieg Zorn in ihr hoch, unaufhaltsam wie eine Flutwelle.
"Wie konntest du es wagen, mich anzulügen und zu betrügen, nur um deine Bedürfnisse zu befriedigen? Wie konntest du es wagen, nicht nur deine eigene Existenz, sondern auch die meine aufs Spiel zu setzen? Du bist selbstsüchtig, Philip, unglaublich selbstsüchtig!"
Angesichts ihres heftigen Wutausbruchs wich Philip zurück. Er hatte immer von seinem guten Aussehen, seinem Charme und seiner anziehenden Sorglosigkeit profitiert. Nun, da eben die Person ihn kritisierte, von der er Nachsicht gewohnt war, brach für ihn eine Welt zusammen.
"Katy … Katy, sei doch nicht so."
"Wie denn? Zornig? Ängstlich? Ach, setz dich, Philip, auf diese Weise kommen wir nicht weiter. Fällt dir irgendeine Lösung ein, Arthur?"
"Ich habe mir einige Gedanken gemacht", erwiderte dieser, offensichtlich erleichtert, dass sie sich wieder beruhigt hatte. "Die einzige Möglichkeit wäre eine Verbindung mit einem reichen Mann."
Katherine sah ihn an, als habe er den Verstand verloren. "Mit wem, bitte schön? Wir stammen zwar aus einer guten Familie, aber Philip trägt keinen Titel, und darauf legen reiche Londoner Geschäftsleute, die ihre Töchter in den Landadel einheiraten lassen wollen, großen Wert. Und wer, glaubst du wohl, würde mich schon heiraten wollen? Ohne Mitgift, auf dem besten Weg, in den Schuldturm zu kommen … Ich schätze meine Vorzüge nicht gering, Arthur, aber ich mache mir nichts vor. Es wird mir schwerlich gelingen, einen Ehemann zu angeln, der anstandslos meine Schulden bezahlt."
"Ich dachte da eigentlich an etwas anderes, Katherine", warf Arthur verlegen ein.
Endlich meinte sie ihn zu verstehen. "Wenn du glaubst, dass ich die Geliebte irgendeines Herrn werde, um Philips – meine – Schulden zu begleichen, musst du den Verstand verloren haben, Arthur!", rief sie hitzig. "Lieber will ich ins Gefängnis gehen."
"Nein, das willst du nicht", murmelte Philip.
"Was weißt denn du?"
"Wir kommen gerade aus Newgate, wo auch Schuldner sitzen. Es ist die reinste Hölle."
"Was um alles in der Welt hattet ihr in Newgate zu suchen?" Schon allein der Name ließ sie erschaudern.
Arthur räusperte sich. "Eine Idee von mir. Wir haben nach einem Gatten für dich gesucht."
2. Kapitel
Katherine blickte die beiden jungen Männer so entgeistert an, als wären ihnen Federn gesprossen und als hätten sie angefangen zu gackern. "Ihr habt Newgate besucht, um einen Gatten für mich zu finden?"
"Lass mich es dir erklären", beeilte sich Arthur zu sagen. Dann legte er die Fingerspitzen aneinander und wurde plötzlich zu einer beinahe perfekten Kopie seines Onkels, eines sehr bedeutenden und aufgeblasenen Anwalts. Katherine musste ein verzweifeltes Lachen unterdrücken. "Sind dir die Gesetze hinsichtlich des Eigentums von Frauen vertraut?"
"Ich glaube schon", erwiderte sie zögerlich. Da sie ja kein Eigentum besaß, hatte sie nie viele Gedanken an dieses Thema verschwendet.
"Nun, ich will sie dir näher erläutern", fuhr Arthur fort. "Eine unverheiratete Frau gilt effektiv als Eigentum ihres Vaters, bis sie volljährig wird oder heiratet. In diesem Augenblick wird sie zum Eigentum ihres Ehemanns, und ihr gesamtes Hab und Gut fällt ihm zu. Aber eine ledige, volljährige Frau oder eine Witwe kann über ihren Besitz frei verfügen."
"Arthur", warf Katherine geduldig ein. "Das Problem liegt doch darin, dass ich eben nichts besitze."
"Ja, gewiss. Aber in diesem Fall gelten die gleichen gesetzlichen Vorschriften: Während deiner Minderjährigkeit ist dein Vater für alle Schulden, die du machst, verantwortlich. Nach deiner Vermählung dein Gatte." Er machte eine bedeutungsvolle Pause. "Sogar für Schulden, die vor deiner Heirat entstanden sind."
"Du glaubst also, dass ich durch eine Heirat meine Schulden meinem Ehemann aufhalsen könnte?" Offensichtlich hatte er den Verstand verloren. "Ich gehe davon aus, dass du dabei an einen der Schuldner denkst, die in Newgate sitzen. Aber die wollen sich garantiert nicht mit zusätzlichen Schulden belasten."
"An die dachte ich nicht, Katherine." Arthur gab die Pose des würdevollen Anwalts auf und blickte auf seine Hände hinab. Plötzlich konnte er ihr nicht mehr in die Augen sehen. "Wenn ein Mann mittellos stirbt, erlöschen mit seinem Tod auch seine Schulden. Sie fallen nicht auf seine Gattin zurück."
"Woher willst du wissen, wer in absehbarer Zeit
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