Mein Mutiger Engel
Nicholas."
"Gute Nacht, Kat."
Durch ihre geschlossenen Lider hindurch nahm sie wahr, wie es gänzlich dunkel wurde. Er hatte die Kerze ausgeblasen. Angespannt wartete sie darauf, dass er sie berührte, sie in seine Arme schloss. Stattdessen spürte sie an der Bewegung der Matratze und der Bettdecke, wie er sich eine bequeme Haltung suchte. Bald darauf hörte sie nur noch seine tiefen, regelmäßigen Atemzüge.
Katherine erstarrte. Was für eine unsägliche Enttäuschung! Sie hatte erwartet, dass er sie in seinen Armen wiegen würde, genau wie in jener Nacht im Gefängnis. Damals blieb ihm wegen des engen Betts natürlich auch nichts anderes übrig, wohingegen in diesem großen Himmelbett reichlich Platz war.
Mit der Zeit trösteten seine Nähe und seine Wärme sie über diese bittere Erkenntnis hinweg, bis auch sie sich schließlich zur Seite drehte und einschlief.
Nick lauschte Katherines ruhigen Atemzügen.
So süß, so vertrauensvoll … trotz seines Fehlers von vergangener Nacht. Er hatte geglaubt, dass sie mittlerweile etwas für ihn empfand. Allem Anschein nach ein Irrtum. Sie hatte durchaus recht, er würde ihr niemals Gewalt antun oder sie gegen ihren Willen verführen. Nur, wie konnte er diesen Willen beeinflussen, damit sie ihre unvernünftigen Pläne aufgab?
Offensichtlich ahnte Katherine nicht, welch tiefe Gefühle sie in ihm weckte. Genau das machte sie in seinen Augen so begehrenswert.
Weshalb quälte er sich, indem er sie in sein Bett holte? Katherine wäre bereit gewesen, in ihrem kalten Zimmer zu schlafen. Aber sie hätte sich dort nicht wohl gefühlt, und er wollte alles tun, um sie für ihre schlimme Lage zu entschädigen. Vorsichtig schmiegte er sich an sie. Heute Nacht sollte sie nicht frieren.
Nach einem erquickenden Schlaf erwachte Katherine auf einem warmen, behaglichen Lager. Blinzelnd beobachtete sie, wie die ersten Sonnenstrahlen auf die roten Bettvorhänge fielen. Lieber Himmel! Sie befand sich ja im falschen Bett! Glücklicherweise schien Nick, der dicht neben ihr lag und den Arm um ihre Taille geschlungen hatte, immer noch zu schlafen. Irgendwie musste sie aufstehen, ohne ihn zu wecken, und unbemerkt von den Dienern in ihr eigenes Zimmer zurückkehren. Aber das war leichter gesagt als getan, denn sie kannte den Weg nicht.
Vorsichtig schob sie sich zur Bettkante vor. Als sie gerade seine Hand nehmen und auf die Matratze legen wollte, hielt Nick sie plötzlich fest.
"Hmm?", murmelte er und zog sie wieder zu sich auf die zerwühlten Laken herab. "Hmm … wie lieblich du duftest, Kat."
"Bitte lass mich gehen, ich muss wieder in mein Zimmer."
Langsam hob Nick die Lider. "Wieso? Ich dachte, du schläfst gern aus. Weißt du noch, wie mühsam ich dich am Morgen nach unserer letzten gemeinsamen Nacht zum Aufstehen überreden musste?"
"Das war etwas anderes", sagte sie langsam. "Damals graute mir vor dem neuen Tag, weil mich so viele Sorgen bedrängten." Immerhin ging es bei ihren jetzigen Sorgen nicht um Leben und Tod. "Nick, ich weiß, wie viele Pflichten auf dich warten, aber ich muss unbedingt mit dir sprechen. Bitte!"
"Wir sprechen doch gerade miteinander."
"Ich meine ein ernsthaftes Gespräch. Außerhalb des Betts. Bekleidet."
Er lächelte. Plötzlich ertappte sie sich dabei, wie sie gebannt auf die goldenen Punkte in seinen Augen schaute, die ihr zum ersten Mal auffielen. "Du lenkst mich völlig ab", beschwerte sie sich.
"Umso besser." Nick hauchte einen Kuss auf ihre Lippen. "Du machst dir zu viele Gedanken, Katherine. Entspann dich lieber."
Jäh wich sie von ihm zurück und kletterte rückwärts aus dem Bett. "Keine Zärtlichkeiten, das hast du mir versprochen!"
"Das sollte bloß ein keuscher, sittsamer Gutenmorgenkuss sein." Den Ellenbogen auf sein Kissen gestützt, betrachtete er sie schweigend, bis sie sich vor Verlegenheit wand.
"Was schaust du mich so an?"
"Ich glaube, ich stimme meinem Vater ausnahmsweise zu. Er hat dich als eine höchst außergewöhnliche Marchioness bezeichnet."
"Wohl wahr", fiel Katherine ihm ins Wort. "Ich finde es erstaunlich nachsichtig von Seinen Gnaden, dass er nicht auch noch unmöglich, inakzeptabel und völlig unpassend hinzufügt! Wieso hast du mir verschwiegen, dass dein Vater ein Duke ist, Nick? Wie kann ich dir jetzt noch vertrauen?"
Sie warf sich ihren Morgenmantel um und hastete aus dem Zimmer, bevor Nick aus dem Bett springen konnte.
Im Flur blieb sie stehen, um einen Blick aus einem Fenster zu werfen. Weit und breit kein
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