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Mein Name ist Afra (German Edition)

Mein Name ist Afra (German Edition)

Titel: Mein Name ist Afra (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Dopfer-Werner
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ziemlich dumm. „Wie kannst du es nur immer mit dieser häßlichen, blöden Kuh aushalten,“ hatte ich Walburc gestern abend angeschrien, verbittert über ihre Weigerung, mit uns anderen Mädchen morgen aufs Feld zu gehen; und meine Mutter war über diesen Lärm so empört, daß sie mich wieder einmal mit nach draußen unter den Schopf des Langhauses nahm und ernsthaft ermahnte, endlich vernünftig zu werden und ein angemessenes Verhalten an den Tag zu legen. Zu meiner Strafe durfte keine meiner unfreien Freundinnen am nächsten Tag mit zur Heuarbeit, sondern sie wurden alle für andere Aufgaben eingeteilt, und die letzten scharfen Worte meiner Mutter, als sie wieder ins Haus zurückging, hallten den ganzen folgenden Tag in meinen Ohren. „Eine gute Christin schreit nicht laut herum!“
    Während ich in Gedanken über den gestrigen Abend vertieft war, zogen wir immer weiter, durch dichten, dunklen Wald auf einem schlechten Weg, mit tiefen Radspuren, viel Gestrüpp und großen Löchern, so daß nicht nur einmal einer der Karren mit seinen hölzernen, eisenbeschlagenen Rädern hängenblieb und die Frauen hinten anschieben mußten, während der Treiber vorne auf die Tiere einbrüllte und mit einem stachligen Knüppel auf die Kruppe der Ochsen schlug, um sie dazu zu bewegen, noch stärker anzuziehen. Die unschuldigen Tiere taten mir leid, und sooft ein Wagen festsaß, sprang ich herbei, um mit meiner ganzen Kraft zu schieben und zu stemmen, damit die Ochsen nicht zu sehr geschunden würden.
    Bald jedoch besserte sich der Zustand des Weges erheblich, denn jetzt waren wir auf dem Grund und Boden der reichen Familie, die am Haselbächel unterhalb des finsteren Schnaitbergs lebte, und die hielten nicht nur Haus und Hof in allerbester Ordnung, sondern auch alle Wege und Stege, die zu ihrem Land gehörten, zum Leidwesen ihrer Knechte, zu deren vielen anderen Aufgaben es auch gehörte, regelmäßig die Pfade abzugehen und in ordentlichem Zustand zu halten. Das war harte zusätzliche Arbeit, und auch sonst hatten es die Leute vom Haslacherhof nicht besonders leicht, wenn man den schlimmen Geschichten der Dienstboten Glauben schenken durfte. Ich sah den alten Sigiboto vor mir, mit seinem grimmigen Gesicht, den buschigen Augenbrauen und der tiefen, polternden Stimme, ich hatte mich schon immer ein wenig vor ihm gefürchtet und mied seine Nähe. Als die Haslacher das letzte Mal bei uns in Pitengouua waren und wir Kinder am Gumpen zusammen spielten, genügte ein kurzer, scharfer Pfiff des Alten, daß seine Söhne wie von einer Wespe gestochen aufsprangen und das Spiel abbrachen, um zu schauen, was der Vater wollte, so sehr hatte er auch die eigenen Kinder in der Zucht. Da kann man sich leicht vorstellen, wie es den Knechten und Mägden unter diesem Herrn erging, und ein Zusammentreffen mit dem alten Bauern an diesem schönen Tag erschien mir nicht gerade erstrebenswert.
    Wezilo schien diese Gefahr nichts auszumachen, fröhlich pfeifend trabte er auf seinem Schecken voraus und trieb alle zur Eile an, immer wieder forschend nach oben in den blauen Himmel schauend, ob das gute Wetter wohl halten würde. Wir zogen jetzt nicht mehr durch düsteren Wald, sondern entlang abgemähter Wiesen und Felder auf einem weichen, grünen Grasweg, und hatten unser Ziel, die Lindenau, bald erreicht.
    „Haimeran, he, Haimo, was sagen deine morschen Knochen? Bleibt uns die Sonne bis heute abend gewogen oder müssen wir mit Unwetter rechnen?“ Wezilo war mit einem Satz vom Rücken seines Pferdes gesprungen und gab die Zügel dem alten Knecht, der mit seinem Ochsenkarren neben ihm gehalten hatte. Der knochige Mann verzog seine Lippen zu einem zahnlosen Grinsen, nur ein paar braune Stummel hatten die langen Jahre in seinem Mund überstanden, und brummelte leise vor sich hin. „Heut´ bleibt´s noch schön, das spüren meine Gelenke, aber wie´s morgen wird, wer weiß das schon, wer weiß?“ Mein Vater lachte laut und begann, die Ochsen auszuspannen. Die Zugtiere und der brave Schecke blieben bei Haimeran zurück, der sie unter den großen Linden, die an der Längsseite des riesigen Feldes wuchsen, zur Weide führte und sich dann im Schatten der Bäume niederließ. Während die Tiere friedlich grasten, lehnte sich Haimeran zum Verschnaufen an einen mächtigen Baumstamm und war schon nach kurzer Zeit fest eingeschlafen.
    Haimeran war von allen Knechten meines Vaters bei weitem der älteste, er war sogar der älteste Mann in unserem Dorf, und nur Ella,

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