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Mein Offizier und Gentleman

Mein Offizier und Gentleman

Titel: Mein Offizier und Gentleman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ANNE HERRIES
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Treppe hinauf in ihr Zimmer, um sich zu vergewissern, ob ihr Kleid beschmutzt oder zerrissen war, ehe sie sich wieder unter die Gäste mischte. Doch sie fürchtete, ihr Ansehen hatte unwiderru fl ich Schaden erlitten.
    Lucy sah Lord Harcourt erst am Abend vor dem Dinner wieder. In seinem hervorragend geschnittenen Abendanzug machte er eine beeindruckende Figur, und sein blütenweißes Hemd wetteiferte mit seinem schneeweißen, elegant geschlungenen Krawattentuch. Als er zu ihr hinüberschaute, wurde sie unsicher, ließ sich jedoch nicht anmerken, dass sie sich zuvor schon getroffen hatten. Er unterhielt sich mit Drew und Marianne, mit denen er auf sehr vertrautem Fuße stand, und lachte gerade über eine Äußerung Mariannes.
    Lucy zögerte noch, sich ihnen zuzugesellen, als ihre Mutter zu ihr trat.
    „Ah, da bist du ja, mein Liebes“, sagte Mrs. Horne lächelnd. „Hat man dich Lord Harcourt schon vorgestellt? Für den Taufgottesdienst kam er zu spät, aber Marianne sagte, er war so großzügig! Er hat der kleinen Andrea ein wunderschönes Perlenhalsband geschenkt, das ihr, wenn sie sechzehn wird, ausgehändigt werden soll, und außerdem überreichte er auch Marianne selbst eine großzügige Gabe. Ist das nicht lieb von ihm?“
    „Ja, wahrhaftig“, entgegnete Lucy ruhig, doch innerlich bebte sie. Unauffällig beobachtete sie den Mann, der sich gerade von Drew trennte und sich einigen anderen Gästen zuwandte. Offensichtlich trog ihr Gedächtnis sie nicht, er sah sehr gut aus. Nein! Das stimmte nicht ganz. Er war hochgewachsen und kraftvoll gebaut, mit dunklem, nach der neuesten Mode geschnittenem Haar. Seine Züge waren klassisch, wenn auch ein wenig herb, und die Nase war edel geformt. Nein, nicht unbedingt, was man schön nannte, aber außerordentlich attraktiv. Woran es lag, dass sie ihn seit der ersten Begegnung nicht hatte vergessen können, wusste sie nicht, bis er sie unerwartet mit seinen ernst blickenden grauen Augen ansah und ihr Herz einen kleinen Sprung machte. „Ja, wirklich sehr lieb, Mama“, murmelte sie abwesend.
    „Komm, begrüße ihn, Kind“, drängte ihre Mutter. „Lord Harcourt soll nicht den Eindruck bekommen, wir ließen es an Hö fl ichkeit fehlen. Drew hat eine hohe Meinung von ihm.“
    „Ja, ich weiß; sowohl Drew als auch Hal hat er ja mehrfach gute Dienste geleistet.“ Von ihren Schwestern hatte sie gehört, dass Captain Manton, wie er sich damals noch nannte, ein kühner, kluger Mann war, der sich während des Krieges nicht gescheut hatte, unter anderem Namen als Geheimagent dem Lande zu dienen.
    Innerlich bebend folgte Lucy ihrer Mutter zu der kleinen Gruppe. Alle Damen bedachten ihn mit strahlendem Blick, und besonders Miss Angela Tremaine, eine wahre Schönheit mit feurig rotem Haar, die ein reiches Erbe zu erwarten hatte, tat sich dabei hervor und schien sehr von Lord Harcourt eingenommen.
    Während ihre Mutter die Vorstellung übernahm, verharrte Lucy schweigend, mit leicht geröteten Wangen. Wegen ihres silberblonden Haars und ihrer azurblauen Augen galt sie allgemein als außerordentlich hübsch, doch gegenüber der fl ammenden Miss Tremaine fühlte sie sich im Hintertreffen. Musste er sie nicht angesichts einer solch hinreißenden Schönheit für ein langweiliges Kind halten?
    „Miss Lucy Horne?“ Lord Harcourt lächelte. „Mir scheint, wir trafen uns auf Drews Hochzeit. Besorgten Sie mir nicht ein Stück von der Hochzeitstorte und vertilgten es dann selbst?“
    Zwar errötete Lucy, sah ihn aber indigniert an. „Sir, Sie drängten es mir auf, da Sie angeblich kein Freund von Süßem sind!“
    „Ja, richtig.“ Jack lachte ein wenig kehlig, was einen leichten Schauer durch Lucys Körper rinnen ließ. „Essen Sie immer noch zwei Portionen Torte, Miss Horne? Dann müsste ich mich fragen, wo das alles bleibt, da Sie zart wie eine Elfe sind – und bildhübsch.“
    Lucy nahm das Kompliment lächelnd entgegen, obwohl sie enttäuscht war, denn er sprach mit ihr, wie wohl ein nachsichtiger Onkel mit seiner kleinen Nichte sprechen mochte. Offensichtlich sah er in ihr immer noch das Mädchen und nicht die junge Dame, die kurz vor ihrem Debüt stand. Es verletzte sie, denn wenn er auch um einiges älter war als sie, musste er sie deshalb doch nicht wie ein kleines Kind behandeln – und nur, weil sie auf einen Baum geklettert war!
    Zum Glück blieb ihr eine Antwort erspart, da das Dinner angekündigt wurde. Lord Harcourt bot Miss Tremaine seinen Arm. Lucy, die ihrer Mutter

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