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Mein Schutzengel ist ein Anfaenger

Mein Schutzengel ist ein Anfaenger

Titel: Mein Schutzengel ist ein Anfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maximilian Dorner
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schaffen kann. Er kann bis zu einem bestimmten Punkt begleiten, dabei sein – aber irgendwann ist es auch uns verwehrt, können wir nicht mehr weitergehen. Aber Gott kann uns bis in diese tiefste Ebene hineinbegleiten. Das ist mein Vertrauen: Und wenn wir Menschen beim Trösten versuchen zu begleiten, dann geben wir eine Ahnung davon, wie Gott uns trösten will und kann.«
    Noch bevor er aus lauter Gefühlsduselei zu beten beginnen kann, klingelt ihn Sylvia aus der Versenkung. Sie müsse sofort mit ihm über gestern reden.
    Max weiß schon, was sie meint: » Lief wohl nicht so gut, oder?«
    Sylvia rollt mit den Augen.
    » Weißt du, was mich am meisten geärgert hat? Ich räume auf, putze und koche, und am Ende bedankt sich das Schwein nicht bei mir, sondern bei meiner Mitbewohnerin. Nur weil die mehr Busen hat.«
    Am Vorabend hat Sylvia zu einem Gruppen-Healing in ihrer Küche eingeladen, ausschließlich Frauen. Das war die Bedingung des Heilers. Deswegen hatte sie Max wieder ausladen müssen.
    Am Ende erschienen allerdings nur ihre Mitbewohnerin, sie und noch eine Freundin. Und natürlich der Schweizer Heiler, zu dessen Spezialitäten die Veredlung von Weinen und die Reinigung von energetisch verseuchten Häusern gehören. Auch Musikinstrumenten kann er einen besseren Klang verschaffen. Das müsste doch eigentlich Tausende mobilisieren, hatte Sylvia geglaubt.
    » Aber es ist immer das Gleiche. Erst wollen alle geheilt werden, und wenn es dann ernst wird, ziehen sie den Schwanz ein.«
    Zur Bestätigung erzählt Max von seinen erfolglosen Versuchen, jemand für die eigene Leber zu interessieren.
    » Du und deine Leber«, sagt Sylvia, ohne weiter darauf einzugehen.
    Eine karmische Verbindung hätten sie zu viert gehabt, habe der Heiler erklärt. Auch für ihn wäre das eine Premiere, in der Gruppe. Wenn es klappen würde, könnte er es in sein Portfolio aufnehmen. Nach dem Begrüßungsblabla sollten sie die Augen schließen. Sylvia hat dennoch beobachtet, was er so treiben würde.
    » Und, hat er an deiner Mitbewohnerin herumgefummelt?«, unterbricht Max.
    » Eigentlich fummelte er nur in der Luft herum. So in etwa! – Immerhin gab es danach eine gute Suppe. Die ich im Schweiße meines Angesichts gemacht habe.«
    Die Mitbewohnerin erklärte beim Nachtisch, ihr sei während des Healings so gewesen, als wäre ein schwerer Mantel von ihr abgefallen. Sofort pflichtete der Heiler bei. Er hätte ebenfalls das Bild eines Mantels vor Augen gehabt. Die andere Freundin gestand, eine starke Aggression in sich verspürt zu haben. Und Sylvia?
    » Mir war einmal so, als ob mein kleiner Zeh gezuckt hätte.«
    » Es ist doch komisch«, sagt Max, » dass man sogar ein schlechtes Gewissen hat, wenn man nichts fühlt. Als ob man seine Hausaufgaben vergessen hätte. Macht das der Gruppenzwang oder die enttäuschte Hoffnung? Selbst wenn man nicht an so etwas glaubt, sucht man beim Scheitern die Schuld erst einmal bei sich.«
    » Bei uns war es das alte Lied: Wer bekommt die Aufmerksamkeit des Mannes? Der hat mit uns gespielt. Du glaubst gar nicht, wie sauer ich war, als er dann die Hände von meiner Mitbewohnerin nimmt, ihr in die Augen schaut, ungefähr so, und dann mit diesem unwiderstehlichen Schweizer Akzent sagt: ›Danke. Für alles.‹ Und beim Gehen noch mal, immer zu ihr! Aber da waren wir komplett besoffen. Zu Beginn hat er sich noch zusammengenommen und war ganz zart, so wie man sich einen Heiler vorstellt. Nach der dritten Flasche Wein hat er allerdings so unglaublich blöde Witze gemacht, dass die ganze Heiligkeit flöten ging.«
    Irgendetwas an Sylvias Empörung ist nicht gespielt. Darunter spürt Max etwas anderes, Positives. Nur was?
    Sylvia reißt ihn aus seinen Gedanken und sagt: » Du hast mich doch letztens gefragt, was mich trösten würde. Ganz durch bin ich damit noch nicht. Aber als vorläufige Antwort ist mir in der Healing-Runde etwas eingefallen: Mich tröstet, dass wir alle einen an der Klatsche haben. Wenn man so durch die Straßen geht, meint man, alle wären normal. Aber wenn du dann genauer hinschaust, spinnen alle. Wie ich. Oder meine Mitbewohnerin, oder der Heiler. Oder du. Von außen siehst du nichts, und dann! Peng, der Wahnsinn!«
    Max überlegt ein paar Augenblicke, bevor er ihr entgegnet: » Mir geht es manchmal genau umgekehrt. Ich denke, wenn ich glückliche, Händchen haltende Paare sehe: Wie tröstlich, dass es so etwas wie Normalität gibt. Sie haben genug Geld, mögen sich leidlich, aber auch

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