Mein Seelenauftrag
musste. Nachdem dies einige Monate so weitergegangen war, erkannte ich, dass mein Ego zwar meinte, ich bräuchte sieben oder acht Stunden Schlaf. Aber der Teil von mir, der gerade erwachte, kam mit sehr viel weniger aus.
Mit der Zeit wurde auch mir klarer, was alle Menschen irgendwann im Laufe des Erwachens erkennen. Ich lernte (mit wahren Augen sehend – also mit Augen, die sehen, was wahr ist), dass es in unserem Inneren ein weiteres Bewusstsein gibt, das unabhängig vom Ego ist und ganz anders auf viele Situationen im Leben reagiert. Während der Prozess voranschritt, lernte ich allmählich, mein Ego sinnvoller zu nutzen, sodass es meinem neu entdeckten, spirituell ausgerichteten Selbst half, sich erfolgreich in der materiellen Realität zurechtzufinden. Und glauben Sie mir, bei diesen Lektionen ging es meist darum, etwas zu »verlernen«.
Ich blieb fünf Jahre bei Dr. Hunter, die mit ihrem Übergang ins Jenseits endeten. Ich war bei ihr, als sie den letzten Atemzug machte, und werde ihr stets dankbar sein für das, was sie mich gelehrt hat.
Eine neue Art zu sehen
Es dauerte Jahre, bis ich diese neue Art, zu sehen und zu leben, verinnerlicht hatte. In dieser Zeit begann ich, stapelweise Bücher über das spirituelle Erwachen zu verschlingen, viele Seminare zu besuchen und mir unzählige Vorträge anzuhören.
Ich wusste, dass ich mich einem Teil meines Bewusstseins geöffnet hatte, den schon viele Menschen vor mir entdeckt hatten. Ich hatte die Türen zu einer Bewusstseinsebene und einem Sein aufgestoßen, bei dem es sich, wie ich später erfahren sollte, um das Authentische Selbst handelte. In diesem Zustand verstand ich endlich die Worte, die dem irischen Taoisten und Philosophen Terence Grey zugeschrieben werden, der seine Texte unter dem Namen Wei Wu Wei veröffentlichte. Sie haben mich vom ersten Lesen an fasziniert:
Warum bist du unglücklich?
Weil 99,9 Prozent
Von allem, was du denkst,
Und allem, was tu tust,
Dir selbst gilt –
Und es kein Selbst gibt. 4
Damit brachte er zum Ausdruck, dass entgegen der (damals wie heute) weitverbreiteten Ansicht das Selbst, von dem wir denken, es würde »den Laden schmeißen«, in Wirklichkeit eine Illusion ist. Wenn wir uns mit Werbemaßnahmen, dem Auffüllen von Regalen, der Inventur und den Gewinnprognosen beschäftigen, ist es durchaus real. Aber diese Dinge haben nichts mit der Realität der Seele zu tun. Sie haben nichts damit zu tun, wie die Seele die Welt sieht. Ihr ist es weitgehend egal, ob sich überhaupt jemand um den Laden kümmert. Sie benutzt ihn – ebenso wie alle anderen Aspekte der irdischen Erfahrung – für ihre eigenen Zwecke: um weiser zu werden und tiefer zu lieben. Meine Erfahrung im Quimby Center lehrte mich somit ein zweites wichtiges Prinzip des Sehens mit den Augen der Seele:
Prinzip 2:
Gott ist Liebe!
Große Avatare und Mystiker vermitteln diese Botschaft, seit es die Geschichtsschreibung gibt. Wie oft hatte ich ihre Worte gelesen, und jedes Mal hatten sie einen Ort tief in meinem Inneren berührt, von dem ihre Wahrheit widerhallte. Doch erst, als ich bewusst die Erfahrung machte, zu erwachen und mir meiner spirituellen Natur gewahr zu werden, erfuhr auch ich die Bedeutung dessen, was ich gelesen hatte.
Mit der Zeit verstand ich, dass diese einfache Wahrheit eine Entwicklungsrichtung zum Ausdruck bringt, hin zu unserer Essenz. Diese eine Erkenntnis wurde zum Eckpfeiler dessen, was wir heute als Spirituelle Psychologie bezeichnen. Auf sie folgte ein Prozess spiritueller Weiterentwicklung, den wir in den kommenden Kapiteln erörtern werden.
Erwachen
Bei dem Wörtchen »erwachen« denken wir normalerweise daran, wie wir abends einschlafen und morgens wieder aufwachen. Solange wir schlafen und träumen, ist unser Traum für uns Wirklichkeit. Sobald wir aber erwachen, ist dieser Zustand real, und der Traum tritt in den Hintergrund.
Mit dem spirituellen Erwachen verhält es sich ganz ähnlich, denn wie Dr. Hunter sagte, laufen zwei scheinbar grundverschiedene Wirklichkeiten gleichzeitig ab: (1) die physische Realität der fünf Sinne und (2) die spirituelle Realität. Wenn in diesem Buch vom Erwachen die Rede ist, meinen wir eine dahingehende Veränderung des Gewahrseins, dass man die Dimension der spirituellen Realität deutlicher erkennen und sich besser darauf einstellen kann. Ein wesentlicher Schritt in diese Richtung besteht darin, sich gewahr zu werden, wie sich das Leben darstellt, wenn man mit den Augen der Seele sieht
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