Mein Seelenauftrag
als die Menschen sich ihrer bedienen, um ein größeres Gewahrsein ihres liebenden und mitfühlenden Wesens zu entwickeln und es immer deutlicher zu manifestieren.
Spiritualität bedeutet nicht, eine Reihe von Überzeugungen und Praktiken zur Rechtfertigung eines negativen Verhaltens gegenüber anderen heranzuziehen, die zufällig etwas anderes glauben.
Ein herrliches Beispiel für eine verschlungene religiöse Logik, wie sie heute leider allzu häufig vorkommt, findet sich in Dan Browns Bestseller Sakrileg . Der Leser wird mit einem Charakter namens Silas bekannt gemacht, der sich als Streiter Christi betrachtet. Brown gewährt uns einen kurzen Blick in den Kopf dieses Mannes:
Die Botschaft Jesu ist die Botschaft des Friedens … der Gewaltlosigkeit … der Liebe, hatte man Silas von der ersten Stunde an eingehämmert, und er hatte die Botschaft verinnerlicht. Und diese Botschaft drohten die Feinde Christi jetzt zu zerstören. Wer die Botschaft Gottes mit Gewalt bedroht, dem wird Gewalt entgegenschlagen. Entschlossen und unausweichlich. 7
Silas sieht darin keinen Widerspruch. Ihm entgeht, dass Christus der Gewalt nicht mit Gegengewalt, sondern mit Liebe begegnete. Er begreift nicht, dass er gegen den Kern seines Glaubens verstößt, wenn er ein System religiöser Praktiken und Überzeugungen mit einem anderen bekämpft. Diese Wahrheit brachte am deutlichsten der ehemalige US-Präsident Bill Clinton zum Ausdruck:
Der entscheidende Unterschied in der heutigen Welt besteht nicht zwischen Juden und Arabern, Protestanten und Katholiken, zwischen Muslimen, Kroaten und Serben. Der entscheidende Unterschied besteht zwischen jenen, die den Frieden unterstützen, und jenen, die ihn zerstören wollen; zwischen jenen, die in die Zukunft schauen, und jenen, die sich an die Vergangenheit klammern; zwischen jenen, die ihre Arme ausbreiten, und jenen, die fest entschlossen sind, die Hände zu Fäusten zu ballen. 8
Medienberichte, in denen die Begriffe Religion und Spiritualität gleichbedeutend verwendet werden, bringen Verwirrung. Soll zum Beispiel das Spiritualitätsniveau der Gesamtbevölkerung bestimmt werden, dient oft die Häufigkeit von Variablen wie Gottesdienstbesuch, Bibelstudium oder Gebet als wichtiger Indikator. Diese Größen sagen jedoch unter Umständen mehr darüber aus, dass jemand der religiösen Form Genüge tut als über eine authentische spirituelle Praxis. Die Religiosität eines Menschen wird mit anderen Worten daran gemessen, wie gewissenhaft er seine äußeren religiösen Pflichten erfüllt. Einige religiöse Praktiken vermögen das spirituelle Gewahrsein vielleicht tatsächlich zu erhöhen. Andere – zum Beispiel das, was Silas tat – sind dazu vielleicht weniger in der Lage.
Das spirituelle Wachstum der Menschen lässt sich hingegen aus inneren Resultaten und daraus ableiten, wie sie ihr Leben führen. Eine solche Entwicklung kann plötzlich, spontan oder auch im Rahmen der spirituellen Praxis, zum Beispiel dem Gebet, der Meditation oder dem selbstlosen Dienen, stattfinden.
In der Forschung wird Spiritualität allerdings nur selten daran gemessen, inwieweit der Einzelne zu bedingungsloser Liebe und Mitgefühl fähig ist. Woran liegt das? Zum einen sicher daran, dass das schwer zu erfassen ist.
Wie wir bereits sagten, können manche religiöse Praktiken das spirituelle Gewahrsein möglicherweise tatsächlich erhöhen, andere dagegen eher nicht. Wir scheinen es hier mit dem Unterschied zwischen Form und Inhalt zu tun zu haben. Unabhängig davon, was Sie zu glauben behaupten oder welche Rituale Sie vollziehen, bedeutet spiritueller Fortschritt in der Spirituellen Psychologie, dass Sie lernen, so zu leben, dass Sie damit ein hohes Maß an Liebe und Mitgefühl für die eigene Person und für andere zum Ausdruck bringen.
Ein weiteres Beispiel für den Begriffswirrwarr ist die politische Diskussion um die Trennung von Kirche und Staat. Man ist sich einig, dass mit der Verfassung der Vereinigten Staaten die Entwicklung einer einzelnen Religion zu einer beherrschenden Kraft in der Regierung des Landes verhindert werden sollte. So weit, so gut – dies war die Absicht der Gründungsväter.
Die Verwirrung beginnt, wenn die Verfassung so verstanden wird, als fordere sie auch eine Trennung von Spiritualität und Staat. Im ersten Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika heißt es: »Der Kongress darf kein Gesetz erlassen, das die Einführung einer Staatsreligion zum Gegenstand hat,
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