Mein Tor ins Leben - Bajramaj, L: Mein Tor ins Leben
muss sich das mal vorstellen: Da kommen
so viele Menschen, nur um uns zuzujubeln. Gänsehaut pur! Mein Papa hat es sich nicht nehmen lassen und war damals bei den Feierlichkeiten dabei. Er ist heute begeistert von meinem Sport und stolz auf seine »kleine« Lira. Der WM-Titel hat meine Familie vielleicht noch ein klein wenig glücklicher als vorher gemacht. Wir stehen immer mehr auf der Sonnenseite des Lebens. Und ich glaube ja wirklich, dass das auch etwas mit Mamas und meinen Schutzengeln zu tun hat! Wir sind gesund und voller Tatendrang, uns geht es heute gut – anders als damals im Kosovo und zu unserer Anfangszeit in Deutschland. Aber dazu später mehr.
Ich selbst würde mich heute als eine sehr lebenslustige Person beschreiben, die sich gerne herausputzt und Spaß hat. Sofern es meine sportlichen Aktivitäten erlauben – und die haben bei mir absolute Priorität -, gehe ich gerne mal aus und genieße das Leben. Ich lege dabei Wert auf Weiblichkeit. Auch beim Fußball. Und so habe ich in der Nationalmannschaft schon meinen Ruf weg. Ich bin eben ein bisschen »tussig«, sagen manche – was soll‘s. Damit kann ich gut leben, das find ich nicht verwerflich.
Manche Menschen, die mich nicht richtig kennen, denken, dass ich nichts anderes im Sinn hätte als mein Äußeres. Da wirst du als Frau dann gleich in die Ecke »Dummchen« gestellt. Sicher heimse ich in meinem Leben niemals den Nobelpreis für Physik ein, auch mit einem Doktortitel dürfte es schwer werden. Aber Leute, unterschätzt mich nicht: Ich weiß sehr wohl, wie das Leben läuft!
Ich habe einen Realschulabschluss in der Tasche. Nach der Hauptschule quälte ich mich dafür noch ein Jahr durch die Abendschule. Derzeit finanziere ich mich ein wenig über den Fußball, als weibliche Ballartistin bin ich aber meilenweit von Gehältern à la Lukas Podolski oder Bastian Schweinsteiger entfernt. Hauptsächlich kann ich meinen Sport professionell ausüben, weil die Bundeswehr mir hilft. Seit Oktober 2007 gehöre ich der Sportfördergruppe an. Fußball-Bundestrainerin Silvia Neid empfahl mich bei der Bundeswehr. Dieses
spezielle Programm dürfen nur Athleten aus dem A- beziehungsweise B-Kader einer jeden Sportart durchlaufen. Und der Nationalcoach muss einen vorschlagen. Nach einem Eignungstest und meiner Grundausbildung nenne ich mich jetzt für zwei Jahre Sportsoldatin. Regelmäßig musste ich mich in Warendorf bei Münster melden, nach meinem Umzug in den Osten liegt mein Bundeswehrstandort jetzt in Berlin. Etwa einmal im Monat stehen Trainingseinheiten auf dem Programm. Zudem habe ich im Alltag die Aufgabe, mich fit zu halten, und ich darf meinen Status als A-Nationalspielerin möglichst nicht verlieren, sonst fliege ich wieder raus. Als Gegenzug erhalte ich ein monatliches Gehalt, von dem ich mit 21 Jahren gut leben und meinen »Luxus« finanzieren kann. Denn allein für meine Styling-Produkte gehen monatlich schon einige Euros drauf …
Ich gebe zu, dass ich vielleicht ein bisschen mehr auf mein Äußeres achte als andere. Allein für meine Haare brauche ich ziemlich lang. Da kommt täglich eine 15-Minuten-Kur drauf. Ja, ja, ich wasche meine wallende Mähne jeden Tag. Da ich stolze Besitzerin von Locken bin, ist es immer schwierig, die Haare gleichzeitig trocken und in Form zu kriegen. Das soll ja nicht wie eine Billigdauerwelle wirken, sondern anständig aussehen. Manchmal muss ich sogar zweimal waschen, weil ich mit dem Ergebnis beim ersten Mal nicht zufrieden bin.
Das Schminken geht dafür verhältnismäßig schnell. Hier kommt es darauf an, mit welchem Oberteil ich mich schmücke. Und da befinden wir uns mittendrin im Dilemma: Ich weiß nie, was ich anziehen soll. Ich glaube aber, das Problem habe nicht ich exklusiv gepachtet. Welche Frau kennt das nicht? Der Schrank ist voll toller Klamotten, aber das Richtige für den Abend lässt sich unter den tausend Sachen nicht finden. So etwas manövriert mich regelmäßig in eine Sinnkrise. Da überlege ich mir Tage vorher schon, welches Outfit zu dieser oder jener Gelegenheit passen könnte. Ich entscheide mich, ziehe das auserwählte Teil an und beim Blick in den Spiegel muss ich einsehen: Das geht ja gar nicht! Schlussendlich brauche ich
an solchen Tagen schon so meine eineinhalb bis zwei Stunden zum Stylen – bis wirklich alles passt. Zeitlichen Druck kann ich da gar nicht gebrauchen, Verspätungen gehören zu meinem Alltag.
Ein wichtiger Baustein fürs komplett schöne Gesamtbild sind meine
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