Mein Traum wohnt nebenan
Ironie ihres Vaters oder seine oft spitzen politischen Satiren zu kopieren. Das tägliche Leben brachte sie oft genug zum Lachen.
Ihre Heldin Emily war eine stattliche Blondine, die häufig den Job wechselte und mit Männern noch weniger Glück hatte.
Cybil dagegen war brünett, mittelgroß und im Beruf erfolgreich. Was Männer anging, so waren die ihr nicht wichtig genug, um ein Problem zu sein.
Als sie ins Wohnzimmer und die daran angrenzende offene Küche ging, um etwas zu essen zu machen, hörte sie die Musik. Sie seufzte. Das Saxofon drang durch die alten Wände.
Der geheimnisvolle neue Nachbar in 3B spielte leider nicht jeden Tag. Dabei wünschte sie inzwischen, er würde es tun.
Ob er Musiker war? Einer, der hoffte, in New York den Durchbruch zu schaffen? Eine Frau musste ihm das Herz gebrochen haben, fantasierte sie, während sie ein paar Zutaten aus dem Kühlschrank holte.
Vor ein paar Tagen hatte sie sich etwas anderes ausgemalt. Da war er mit sechzehn Jahren vor seiner unverschämt reichen, aber lieblosen Familie geflohen und hatte sich als Straßenmusikant in New Orleans durchgeschlagen. Seine Familie, an der Spitze ein geisteskranker Onkel, hatte mehrere Privatdetektive auf ihn angesetzt.
Warum die Familie ihn noch immer suchte, war ihr noch unklar, aber eigentlich spielte es keine Rolle. Entscheidend war, dass er einsam und auf der Flucht war und seinen Trost in der Musik fand.
Oder er war Undercoveragent.
Ein international gesuchter Juwelendieb.
Ein Serienkiller, der auf sein nächstes Opfer wartete.
Cybil lachte über ihre ausufernde Fantasie und starrte auf die Zutaten, die sie ohne zu überlegen auf dem Tresen aufgereiht hatte. Was immer der Mann aus 3B war, so wie es aussah, würde sie ihm Kekse backen.
Sein Name war Preston McQuinn, und besonders rätselhaft hätte er sich nicht gefunden. Nicht einmal menschenscheu. Höchstens zurückhaltend. Er legte Wert auf eine ungestörte Privatsphäre, und genau deshalb wohnte er jetzt im Herzen einer geschäftigen Weltmetropole.
Vorübergehend, dachte er, während er das Saxofon in den Koffer zurücklegte. In zwei Monaten würde sein Haus an der felsigen Küste von Connecticut fertig renoviert sein. Man che nannten es eine Festung, und das war ihm recht. Dort hatte er seine Ruhe, und wenn er die Fallgitter unten ließ, störte ihn niemand.
Das Wohnzimmer war fast leer. Er benutzte es nur, um darin zu spielen. Die Akustik war großartig. Und um zu trainieren, wenn er keine Lust hatte, ins Fitness-Studio zu gehen.
Die meiste Zeit verbrachte er oben im ersten Stock, und auch dort brauchte er nicht mehr als ein Bett, einen Kleiderschrank, das richtige Licht und einen Schreibtisch für seinen Laptop, den Drucker und die Papierstapel, die sein Computer hin und wieder erzeugte.
Selbst auf ein Telefon hätte er verzichten können, aber seine Agentin hatte ihm ein Handy aufgezwungen.
Preston setzte sich an den Schreibtisch. Mandy, seine Agentin, knabberte seit Wochen an ihren viel zu langen Fingernägeln, weil sein neuestes Theaterstück auf sich warten ließ.
Das war das Unangenehme am Erfolg. Kaum hatte man etwas vollbracht“, das den Leuten gefiel, erwarteten sie Nachschub. Und zwar in immer kürzeren Abständen. Preston war es egal, was die Leute wollten. Sollten sie doch die Theater stürmen, um seine Stücke zu sehen, ihm noch einen Pulitzer-Preis oder Tony Award verleihen oder ihn auspfeifen und das Eintrittsgeld zurückverlangen.
Hauptsache, sie ließen ihn in Ruhe seine Arbeit machen. Allein die war ihm wichtig.
Finanziell war er abgesichert, das war er immer gewesen. Sehr zu Mandys Leidwesen, die fand, dass er nicht hungrig genug, publikumsscheu und zu arrogant war.
Groß und muskulös saß er da. Sein dunkelbraunes Haar war ein wenig zerzaust, das Blau seiner Augen kühl, während er überflog, was er geschrieben hatte. Sein Gesicht war schmal, ernst und unglaublich attraktiv, aber auf eine Weise, die verriet, dass auch das ihm egal war.
Als es an der Tür klingelte, fluchte er. Sollte er das Klingeln einfach ignorieren? Nein, sie würde wiederkommen. Bestimmt war es wieder diese spitzmausige alte Lady aus dem Erdgeschoss, die ihm schon zweimal aufgelauert hatte.
Als er jedoch durch den Spion blinzelte, sah er eine hübsche Brünette mit jungenhaft kurzem braunen Haar und großen grünen Augen.
Er riss die Tür auf. „Ja?“
„Hi.“ Oh ja, dachte Cybil, aus der Nähe sieht er sogar noch besser aus. „Ich bin Cybil Campbell
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