Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis
Chodorkowski: »Was die Ereignisse im Irak angeht, sollten Sie sich genau ansehen, was ich gesagt habe: ›Bush hat uns ein Geschenk gemacht. Es ist dumm, gegen den zu sein, dem man einen zusätzlichen Verdienst verdankt.‹ Das war eine rein geschäftliche Sicht auf das Problem, und sie hing damit zusammen, dass ich keinen Abbruch der Beziehungen zwischen Russland und den USA wollte. Im Übrigen habe ich nur das gesagt, was ich dachte und was heute ein offensichtliches Faktum ist.«
Man hatte damals den Eindruck, als sei Chodorkowski schon mehr als nur der Chef eines großen Erdölkonzerns. Tatsächlich wird ein großes und erfolgreiches Privatunternehmen im Zuge seiner unvermeidlichen Expansion ganz von selbst zu einem sowohl politisch als auch geopolitisch bedeutenden Akteur. So war es, so ist es und so wird es auf der ganzen Welt wohl bleiben, solange die natürlichen, also die in der Natur vorkommenden Rohstoffe weiterhin die wichtigsten Energiequellen sind. Wie wir wissen, spiegelt sich die gesamte Weltpolitik in einem Tropfen Öl.
Ich habe auch gehört, die Japaner hätten auf dem Bau der Pipeline zum Japanischen Meer bestanden und sich gegen eine Leitung nach China ausgesprochen. So oder so – was Chodorkowski da in Ostsibirien trieb, blieb nicht unbemerkt.
»Just an diesem Punkt kam es zu ersten Zusammenstößen mit Konkurrenten, die einflussreiche Gönner in den obersten Etagen der Macht hatten. Im Jahre 2001 kreuzte Yukos den Weg von Rosneft, als die Gesellschaft in das Rennen um Wankor 171 mit einstieg, auf das auch die staatliche Rosneft ein Auge geworfen hatte. […] Im selben Jahr gab es auch einen Konflikt zwischen Yukos und Surgutneftegaz, und Yukos schnappte dem Konkurrenten das zur Versteigerung angebotene Talakan-Ölfeld buchstäblich vor der Nase weg. Chodorkowskis Leute stachen die Gebote der Konkurrenten aus, indem sie einen Bonus von 501 Millionen Dollar anboten […] und Investitionen in Höhe von 870 Millionen Dollar zugunsten des Projektes zusicherten.
Es sah so aus, als könne nichts mehr den Triumphzug von Yukos aufhalten. […] Als daher Rosneft, Surgutneftegaz und Gazprom ein Konsortium zur Erschließung Ostsibiriens gründeten, wurde das zunächst als Geste der Verzweiflung aufgefasst. Eine aktive Rolle in der Vereinigung ›gegen Yukos ‹ spielte der Stellvertretende Leiter der Präsidialadministration, Igor Setschin, aber darauf achtete damals kaum jemand.« 172
Während des berühmten Treffens zwischen Putin und den führenden russischen Unternehmern im Februar 2003 sprach Chodorkowski nicht nur über die Korruption – und zwar anhand von Beispielen, die bewirkten, dass Wladimir Putin mit einer scharfen Abfuhr konterte –, sondern auch über das China-Projekt. Wiktor Gerastschenko erzählte mir, am Ende der Zusammenkunft habe jeder der Unternehmer fünf Minuten Redezeit erhalten. Chodorkowski habe gesagt, sein Unternehmen hätte gern grünes Licht für den Bau einer Pipeline nach West-China, käme bei den Beamten aber einfach nicht damit durch. Putin habe geantwortet, man würde zunächst eine Leitung nach Fernost verlegen (für 10 Milliarden Dollar) und danach über China reden. Chodorkowski habe noch versucht einzuwenden, das widerspreche sich nicht, da Yukos sein Vorhaben selbst finanzieren und bauen würde und nicht auf staatliche Gelder angewiesen sei. Putin habe noch einmal »nein« gesagt. Daraufhin soll Chodorkowski, wie Gerastschenko offenbar aus Berichten von Augenzeugen weiß – er selbst war bei dem Treffen nicht anwesend –, Putin gereizt vorgeworfen haben, er verstehe nicht nur wenig von Wirtschaft, sondern habe auch keine Ahnung, wie man die Beziehungen zu so einem wichtigen Land wie China aufbaut.
Michail Chodorkowski: »Was die ›China-Pipeline‹ angeht, die hatte ich zusammen mit der VNK ›geerbt‹. Ich bin im Allgemeinen kein ›Ideen-Generator‹, aber was ich kann, ist, aussichtsreiche Tendenzen erfassen und weiterentwickeln. Ich bin jemand, der neue Dinge umsetzt. Speziell über dieses Problem haben wir oft gesprochen. Die Tomsker und Nowosibirsker haben mir sehr geholfen, auch der Direktor des Instituts für Erdöl und Erdgas, Alexej Kantorowitsch, unsere Spezialisten im Unternehmen, die Kollegen von der Transneft und der RZhD , der Russischen Eisenbahn.
Im Grunde genommen stimmt es nicht, dass der Konflikt deshalb entstand, weil wir ausgerechnet eine private Pipeline bauen wollten. Es gab eine rein technische Diskussion, bei der ich, wie mit
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