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Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis

Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis

Titel: Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Chodorkowski
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sich in allen China-Fragen sehr gut auskannte, uns beriet, und parallel, glaube ich, auch Putin.
    Wenn hier also irgendwelche ›Interessen‹ betroffen waren, dann ausschließlich im Bereich der ›Verwertung von staatlichen Investitionen‹, nicht aber in der großen Politik.
    Für uns waren nur die Fristen und Tarife von Interesse. Das Export-Monopol von Transneft hing ja nicht an der Pipeline als solcher, sondern am Zoll und an dem Gesetz über den ›gleichberechtigten Zugang‹. Ein Gesetz, das wir wohlgemerkt selbst auf den Weg gebracht hatten. Hören Sie also nicht auf die, die solche Mythen in die Welt setzen.«
    Denis Kossjakow: »Wir teilen vollkommen die Auffassung, dass es Chodorkowskis Aktivitäten zur Erschließung Ostsibiriens waren, die sein weiteres Schicksal entschieden haben. Ich glaube, in dem Moment, als Chodorkowski seine Absicht bekundete, eine private, dem Unternehmen gehörende Erdölleitung nach China zu bauen, war sein Schicksal besiegelt. Weil das ein staatliches Monopol ist, weil diese Leitungen grundsätzlich Transneft gehören. Seine Pläne hätten einfach zu weitreichende Folgen gehabt. Yukos war sowieso schon allen ein Dorn im Auge, weil der Konzern es selbst in der schwersten Zeit, als der Ölpreis auf seinem Tiefpunkt war, geschafft hatte, die Selbstkosten für die Förderung und den Transport so weit zu senken, dass sogar noch ein Gewinn drin war, wenn auch nur ein minimaler. Es gab ja niemanden, der es mit ihnen aufnehmen konnte.
    Wir sehen das, was geschehen ist, natürlich negativ. Und nicht nur, weil unsere gemeinsamen Projekte einen Rückschlag erlitten. Ich kann aus meiner Erfahrung mit Yukos, aufgrund meiner Kontakte mit den Mitarbeitern nur sagen, dass mir persönlich sehr gut gefiel, wie die Dinge bei ihnen liefen. Ich bin IT -Spezialist und habe speziell auf diesen Bereich sehr genau geachtet. Und ich habe gesehen, wie weit sie ihren russischen Konkurrenten voraus waren. Es war klar, dass diese Leute in die richtige Richtung gingen, in eine interessante Richtung. Und seine Äußerungen, seine Erklärungen und Pläne – was gab es daran zu beanstanden, ganz im Ernst? Nichts. Ich hatte das Gefühl, dass in einem bestimmten Moment so ein etatistisches Pathos in ihm erwacht war, er fing an, davon zu reden, dass man etwas machen müsse, weil es nicht nur für uns, sondern für die gesamte Gesellschaft gut sei. Ich glaube, er hat sich nach und nach verändert, sein Horizont hat sich offenkundig immer mehr erweitert, seine Interessen wurden breiter. Sobald er ein Problem gelöst hatte, ging er einen Schritt weiter, und irgendwann musste er dabei einfach beim Staat und seiner Entwicklung landen. Vielleicht wäre er auch noch bis auf die globale Ebene gekommen: zum Umweltschutz, zur Ökologie …«
    Um das Thema abzuschließen, noch ein Wort dazu, wie sich die Geschichte mit den »Rohren« weiterentwickelte. Am 2. Juni 2003 lenkte Chodorkowski offenbar ein und erklärte, die Leitung Angarsk–Dàqìng würde auf Kosten des Staates und nicht seines Unternehmens gebaut; er unterzeichnete außerdem eine Absichtserklärung mit der Transneft und der Vneshekonombank über eine gemeinsame Suche nach Finanzierungsquellen für das Projekt. Für Chodorkowski blieb es bei diesen Absichten, weil er vier Monate später verhaftet wurde. Kaum war der Konkurrent aus dem Rennen, konnte man sicher sein, dass die Kosten für die Pipeline in allen Phasen nur noch steigen würden: von der Projektierung bis hin zum Bau. Genau so ist es auch gekommen. Der bekannte Blogger Alexej Nawalny, Minderheitsaktionär der Transneft, behauptet, dass im Lauf dieser Geschichte insgesamt »vier Milliarden Dollar gestohlen wurden«.
    Am 6. Juni 2003, vier Tage, nachdem Chodorkowski erklärt hatte, dass die Pipeline vom Staat gebaut würde, wandte sich der Duma-Abgeordnete Wladimir Judin mit einer Anfrage zur Rechtmäßigkeit der Privatisierung von Apatit an die Generalstaatsanwaltschaft. Damit war der Fall Yukos eröffnet. Am 2. Juli wurde in genau dieser Sache Platon Lebedew verhaftet und angeklagt.
    Im Oktober desselben Jahres wurde Chodorkowski inhaftiert, das China-Projekt wurde endgültig begraben. Rosneft erhielt alle wesentlichen Vermögenswerte des zerschlagenen Yukos-Konzerns, unter anderem in drei großen ostsibirischen Ölfeldern. Dem Direktorium von Rosneft stand inzwischen Igor Setschin vor. Surgutneftegaz fiel nun auch Talakan zu, das die Firma drei Jahre zuvor nicht bekommen hatte – damals hatte sie

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