Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis
der Zeit klar wurde, recht behielt. Obwohl ich kein Spezialist bin, hatte ich die Vorschläge präziser bewertet. Die technische Diskussion ließ sich auf eine simple Alternative reduzieren: Sollte man nördlich oder südlich am Baikal vorbeigehen? Die Ölfelder lagen im Norden, aber niemand wusste, wie viel Öl es dort gab, und dazu kam eine hohe seismische Aktivität.
Ich war überzeugt, dass es im Norden des Gebiets Irkutsk, in Jakutien, ausbringbare Reserven von bis zu einer Milliarde Tonnen geben musste, und dass man sie nach und nach erschließen musste, weil es wirtschaftlich nicht gerechtfertigt war, für so kleine Vorkommen gleich eine gigantische Infrastruktur zu schaffen. Umso mehr, als man für eine umfassende Erschließung dieser Territorien 20 bis 30 Jahre ansetzen musste.
Dazu muss man wissen, dass die Lebensdauer einer Pipeline höchstens 30 Jahre beträgt. Ich war überzeugt, dass eine Pipeline in einem seismisch so aktiven und noch nicht erschlossenen Gebiet viel teurer würde als die 1,5 Milliarden Dollar, die die »südliche« Leitung (der russische Teil) gekostet hätte – und sogar mehr als die 3,5 Milliarden, von denen bei der Transneft die Rede war (letztlich waren es sogar 13 Milliarden), und ich fand, es wäre einfacher und lohnender, die Ölfelder im Norden mit fortschreitender Erschließung nach und nach über Rohleitungen mit geringem Durchmesser an den südlichen Strang anzubinden.
Ich meinte, es hätte keinen Sinn, eine Pipeline nach Nachodka zu verlegen, da die ostsibirischen Vorräte nicht so groß waren (abgesehen von den Ölfeldern in Primorje, die sich von Osten aus leichter ›anhaken‹ ließen). Und Lieferungen aus Westsibirien in den Osten sind sehr kostenintensiv.
Mir schien es vernünftig, den Vertrieb zu »rayonieren«: Das Öl aus den Ölfeldern von Primorje hätte an die Häfen im Osten, das der ostsibirischen Ölfelder nach China und das der westsibirischen Lagerstätten (unter anderem über Murmansk) nach Europa und in die USA gehen können. Hätte sich dann herausgestellt, dass sich die ostsibirischen Vorräte auf deutlich mehr als eine Milliarde Tonnen (sieben Milliarden Barrel ausbringbare Vorräte) belaufen, dann hätte man die Pipeline aus Skoworodino entweder über unser oder über chinesisches Territorium bis zu den chinesischen Tiefseehäfen verlängern können, die weniger sturmbelastet sind.
Mit den Chinesen hatten wir das abgesprochen. Die Transneft wollte natürlich ein kapitalintensiveres Projekt, konnte aber dessen wirtschaftliche Zweckmäßigkeit nicht begründen. Und nun wurden wieder die üblichen ›ideologischen‹ Schablonen bemüht: von der ›Abhängigkeit von nur einem Abnehmer‹ und der ›Privatpipeline‹. Der übliche Unsinn. Eigentlich war es lächerlich, das ernsthaft zu diskutieren, aber wir entwickelten trotzdem einen ›Notfallplan‹ für den Fall einer ›kommerziellen Erpressung durch die chinesische Seite‹. Das war auch nicht weiter schwer.
Was die ›private Pipeline‹ angeht, haben wir ganz offen erklärt: Ihr könnt auch selbst bauen, aber bitte über eine vernünftige Route. Das ist für uns sogar besser – dann müssen wir nicht unser eigenes Geld ausgeben. Aber zieht uns nicht in das Abenteuer einer ›Nordroute‹ nach Nachodka mit rein, so eine Pipeline würde sich für uns einfach nicht rechnen.
Im Endeffekt sah es so aus: Das Transneft-Projekt hat 13 Milliarden bis nach Skoworodino und weitere zehn Milliarden bis nach Nachodka gekostet (statt unserer 1,5 Milliarden nach Dàqìng). Wir pumpen Erdöl nach China, die ostsibirischen Vorkommen liegen bislang unter 300 Millionen Tonnen. Wir holen das Öl aus Westsibirien herüber. Der Tarif ist zwar mörderisch, wird aber auf Staatskosten kompensiert – durch Abschaffung eines Teils der Ölsteuern. Alle sind zufrieden.
Was die Unterredungen mit Putin zu diesem Thema anbelangt, können Sie mir glauben, dass ich selbst gegenüber meinen Opponenten äußerst diplomatisch und höflich bin, und erst recht gegenüber dem Präsidenten … Die größte ›Unverfrorenheit‹, die ich ihm zum Thema Pipeline gesagt habe, und zwar als er mir mitteilte, dass die Transneft zugesagt hätte, die Strecke nach Nachodka für 3,5 Milliarden zu verlegen, war: ›Die machen Ihnen was vor.‹ Über die China-Politik wurde hingegen überhaupt nicht gesprochen, zumal der russische Botschafter in China (Rogatschow, wenn ich mich nicht irre), der im Außenministerium sehr angesehen war und
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