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Mein wirst du bleiben /

Mein wirst du bleiben /

Titel: Mein wirst du bleiben / Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Busch
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sich gegenüber wie zwei Kobras vor dem Kampf. »Ich zeig dir gern seine Sterbepapiere. Du kannst auch beim Standesamt nachfragen. Die Beamten werden bestätigen, was du mir nicht glaubst. Sie verzeichnen alle Todesfälle. Fein säuberlich. Nummer für Nummer. Klar und unauslöschlich.«
    »Ich glaube dir, Kind.«
    »Bei Gott sind wir mehr als eine Nummer. Vergiss das nie.«
    »Nein, nein.« Miriam und ihr Gott. In wenigen Stunden würden sie wieder in der Kirche sitzen, beten, dem Pfarrer zuhören; und Jesus, das Evangelium und diese dröhnende Orgelmusik würden Thea so fremd bleiben wie eh und je. Miriam würde Müller anstrahlen, wie verklärt, und Thea würde mitspielen. Um Miriams willen. Heute aber würde sie keinen Ton herausbekommen. Ihre Kehle war zu eng. Ihr Herz zu zittrig. Ihre Angst zu mächtig.
    »Uns ist nicht viel geblieben außer unserem Glauben.«
    »Wir haben
einander!
« Thea schluckte. Da war sie wieder: ihre Schuld.
    »Ja, das haben wir.« Kleine Fältchen bildeten sich in Miriams Augenwinkeln. »Weißt du, es ist nicht schlimm, dass die Depots leer sind: Geld, Beruf, körperliche Kraft. Was bedeutet das schon? Wir schaffen es. Wir müssen vertrauen. Wir dürfen nicht das Leid der gesamten Erde auf unsere Schultern nehmen.«
    »So, wie du das Leid deiner Mutter auf deine Schultern genommen hast?« Unfall. Koma. Die Pflege, für die Miriam ihre Arbeit aufgegeben hatte. Die Kosten, die den gesamten Erlös des verkauften Hauses verschlungen hatten. Miriam hatte ihr von jedem Handgriff erzählt, mit dem sie ihr den Mund befeuchtet hatte, die Gelenke bewegt, die Füße massiert. Von jedem Kontoauszug. Von den Fragen der Freunde und Bekannten – erst mitleidvoll, später mäßig interessiert, zuletzt nur noch neugierig, bevor die Türen sich immer dann geschlossen hatten, wenn Miriam daran vorbeigekommen war. Nein, da war keine Reserve mehr für das Elend Fremder.
    »Gott hat mir diese Aufgabe zugewiesen.«
    »Ach, Kind.« Sie sah Miriam an. Heute Nacht, als sie das leise Gluckern des Tees in der Erde gehört und gewusst hatte, dass die Wurzeln der Rosen sich mit dem Schlaftrunk vollsogen, war sie eingenickt. Miriam hatte gesungen, es hatte sie beruhigt. Doch es war kein tiefer Schlaf gewesen.
    Vielleicht, dachte sie, hätte ich dieses eine Mal den Tee nicht wegschütten sollen.

[home]
21
    Ü ber ihr klingelte das Handy. Sie richtete sich aus der kauernden Haltung auf, stieß mit dem Kopf an die Tischkante und fluchte. Beinahe wäre sie auf die Landkarte getreten.
    »Hanna Brock.« Sie rieb sich über das Steißbein. Auf dem Boden zu arbeiten, sollte sie sich abgewöhnen.
    »Happy birthday to you …«, klang es aus dem Hörer, und sie musste lachen.
    »Kora! Dass du morgens um acht Uhr an mich denkst!« Ihre Freundin war eine notorische Langschläferin, zumal sonntags, und Hanna sah sie vor sich, wie sie in die Küche tapste und gähnend nach dem Knopf zum Aufheizen ihrer Monster-Kaffeemaschine tastete.
    »Ich wünsch dir alles, alles Gute, meine Liebe.« Ein Klacken erklang, dann zischte und brodelte es.
    Hanna schmunzelte. »Maria Sole Linea Verde. Neunzig Prozent Arabica.«
    »Vom kleinsten Fairtrade-Shop Hamburgs.«
    »Direkt ums Eck.«
    »Du wirst mir fehlen.«
    »Hör mal, ich ziehe nur in einen anderen Stadtteil.« Hanna klemmte das Handy zwischen Kinn und Schulter und nahm einen Blaubeerjoghurt aus dem Kühlschrank. »Du wirst froh sein, wenn du dich wieder auf deinem Sofa ausbreiten und in Eigenregie durch die Kanäle zappen kannst.«
    Kora lachte ihr kehliges Lachen. »Höchstens ein winziges bisschen. Komm, erzähl! Wie ist es da unten? Wie war die Präsentation? Kommst du voran?«
    Mit einem Ruck zog Hanna den Deckel vom Becher, und Joghurt spritzte auf ihre Hose. Na toll. »Es ist klasse. Ich stehe hier in einem riesigen Zimmer mit Holzbalken unter der Decke, Trockensträußen an den Wänden, einer Kochnische mit Espressomaschine und einem handbemalten Kleiderschrank, bei dem du den Eindruck hast, dass die abgebildete Kuhherde dich gleich überrennt. Wenn ich mich an das Fenster stelle, sehe ich direkt unter mir eine alte Stein-Viehtränke, die halb mit Blumen überwuchert ist. Daneben grinsen mich dicke rote Äpfel von einem riesigen Baum an, und gegenüber stehen drei Bauernhöfe, die aussehen wie aus einem
Liebe-zum-Land
-Kalender …«
    »… weinberankte Fassaden, riesige Scheunentore, Balkons mit Geranien, wilde Gärten und vor jedem Haus eine blaue Bank mit Katze in der

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