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Mein wirst du bleiben /

Mein wirst du bleiben /

Titel: Mein wirst du bleiben / Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Busch
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Tochter.«
    »Da muss ich Sie enttäuschen«, sagte Hanna freundlich. Die Tochter musste ja ein ziemlich angsteinflößendes Wesen sein.
    »Sind Sie von der Polizei?« Wieder suchten die Augen der Frau die Umgebung ab.
    Hanna folgte ihrem Blick. Die Straße lag verlassen in der flimmernden Hitze, die Schatten waren kurz, in der Villa gegenüber spiegelte sich die Sonne in den Fenstern, so dass sie eine Hand über die Augen halten musste. »Ich … Nein. Das heißt, ja, ich gehöre sozusagen dazu.« Umso besser!, dachte Hanna. Dann wird die Dame mir sicher sagen, ob mein vermeintlicher Kollege hier steckt. Sie streckte ihr die Hand hin, und im selben Moment wehte ein sanfter Windhauch den Vorhang über die Schulter der Frau. Mit einer hastigen Bewegung strich sie ihn weg, und während Hanna sich noch über ihre Schreckhaftigkeit wunderte, zog ein vertrauter Duft an ihr vorüber. Holz, Moschus, Mandel- und Kirschblüten und süße Vanille.
    »Kenzo Amour?«
Ein Wort von Frau zu Frau. »Mein Lieblingsparfum«, flunkerte sie. Die Dame würde sich geschmeichelt fühlen, auch wenn sie etwas verwirrt schien.
    Die Frau nickte.
    »Ist Hauptkommissar Ehrlinspiel im Haus?«
    »Haben Sie … Wissen Sie schon, wer sie umgebracht hat?«
    »Sie?« Ehrlinspiel hatte doch von einem Mann gesprochen. »Sie meinen
ihn.
«
    »Beide.«
    Die frische Sprühfarbe! Das Band im Gestrüpp! Es hatte einen weiteren Toten gegeben! »Nein, noch nicht«, antwortete Hanna. »Wissen Sie, wo ich den Kommissar finden kann?« Er suchte natürlich auf Hochtouren nach dem Täter, weiß Gott, wo. Nach Hanna würde er heute kaum suchen. Erst recht nicht nach einer Hanna, die ihn erst vor den Kopf gestoßen hatte und sich jetzt mit ihm bei einem »unschuldigen Kaffee« vergnügen wollte. Was für eine blöde Idee, ihm im wahrsten Sinne des Wortes hinterherzulaufen.
    »Weiß ich nicht.« Die Frau blickte zur Straße und nahm eilig die restlichen Vorhänge von der Leine. »Da kommt meine Tochter. Ich muss jetzt.«
    Eine zierliche Frau, etwas jünger als Hanna, eilte die Treppe herauf. Ihr wadenlanger Rock flatterte wie ein riesiger Zitronenfalter zwischen den Sträuchern. »Du hast doch noch gewaschen?« Vor ihrer Mutter blieb sie stehen. »Warum? Und das am Tag des Herrn! Wieso hast du denn nicht …« Dann wandte sie sich Hanna zu. Lächelte unsicher. »Wer sind Sie?«
    »Hanna Brock.« Hanna streckte erneut die Hand aus, doch wie die Mutter nahm auch die Tochter sie nicht. »Ich suche einen Kollegen.«
    »Sie ist von der Polizei«, erklärte die Mutter.
    Hanna spürte den Blick der Tochter heiß wie Brennnesseln an sich hinabgleiten: ungeschminktes Gesicht. Rucksack. Verschwitztes Shirt. Wanderschuhe.
    »Polizei. Aha.«
    »Ich bin quasi außerdienstlich hier.« Sie setzte ihr charmantestes Lächeln auf. »Und ich bin auch schon wieder weg. Einen schönen Sonntag noch.«
    Die Tochter nickte ihr zu. Hanna eilte zur Treppe. Hinter sich hörte sie noch: »Der Pfarrer freut sich schon so auf das Fest und deine Waffeln, und du kannst bei ihm Orgel spielen. Er sagt …«, als in der Villa gegenüber ein Fenster geschlossen wurde und ein Gesicht hinter der Scheibe verharrte. Hanna lief um die Sprühmarkierungen herum. Was für eine obskure Gegend, dachte sie. Was für merkwürdige Zeitgenossen. Da gibt es sicher nette Geheimnisse und Abgründe zu erforschen. Stoff für künftige Kolumnen? Entschlossen legte sie einen Schritt zu.

[home]
22
    E hrlinspiel biss in ein belegtes Käsebrötchen, trank einen Schluck Milchkaffee und sah zu Freitag, der vor der Fensterfront stand. Lorena Stein und er hatten die Köpfe zusammengesteckt.
    Um kurz nach halb neun war Freitag mit dem Arm voller Bäckertüten in den Soko-Raum gekommen und hatte seine Mitbringsel auf den Tischen verteilt. Ehrlinspiel hatte er mit einem schlichten »Guten Morgen« begrüßt.
    Die Augenlider des Hauptkommissars waren schwer, und am liebsten hätte er diesen Sonntag im Bett verbracht. Ohne Arbeit. Ohne denken zu müssen.
    Als der Rechtsmediziner, der Leiter des Dezernats 11 und zum Schluss der Kripochef – Kriminaldirektor und Gourmet – eingetroffen waren, stellte Meike Jagusch sich an den Kopf der Tische und klopfte mit den Fingerknöcheln auf die Platte. Die Gespräche verstummten, alle setzten sich. »Die Soko Draisstraße bearbeitet auch diesen zweiten Mord. Mit einer erweiterten Mannschaft.« Die Soko-Leiterin ließ ihren Blick durch den vollbesetzten Raum schweifen. Ihre Miene war hart,

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