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Meine 500 besten Freunde

Meine 500 besten Freunde

Titel: Meine 500 besten Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Adorján
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hören, eine ruhige Nummer, in der ein Chor, von sanften Trommeln begleitet, leise irgendetwas auf Sanskrit sang. Ayumi wischte sich unauffällig die Hände an ihrer Hose ab. Widerlich. Sie sah zum Fenster. Am Himmel war jetzt neben dem Fernsehturm ein Stück Blau zu sehen.
    »Kommt jetzt in eine Umkehrhaltung eurer Wahl«, sagte sie, wieder in ihrer normaltiefen Sprechlage. »Kopfstand oder Schulterstand oder beides. Ihr habt dafür zwei Minuten.« Sie ging zu ihrer Matte und setzte sich. Die ältere blonde Frau stand auf und verließ den Raum, pünktlich wie immer. Ciao, du Sau! Mit ihr verließen weitere zwei Teilnehmerinnen den Saal, was noch nie vorgekommen war . Fickt euch, ihr könnt mich mal, blöde Arschgesichter, alle zusammen. Ayumi konzentrierte sich mit aller Macht auf etwas anderes. Sie dachte an Anselm. Und dass er sie gleich abholen würde. Und dann würden sie gemeinsam nach Hause fahren, sie hatten am Wochenende einen Tantra-Kurs besucht, den Nachmittag hatten sie sich für Sex reserviert. »Und jetzt kommt langsam in die Schlussentspannung«, sagte sie. »Nehmt euch eine Decke und gebt euer Körpergewicht an den Boden ab.«
    Als sie eine Viertelstunde später aus dem Yogastudio ins Treppenhaus trat, dachte sie, dass es vielleicht nicht die beste Stunde aller Zeiten gewesen war, aber doch eine gute. Beim Hinausgehen war ihr sogar der Name des dicken Jungen am Empfang wieder eingefallen, Henrik. Einigermaßen mit sich zufrieden ging sie die Treppenstufen hinunter. Nicht einmal der Regen störte sie, als sie vor dem Eingang zum Hof dann doch etwas länger auf Anselm warten musste. Sie fühlte sich gut. Gelassen. Irgendwie bei sich, wie man so sagte. Beschwingt trat sie von einem Fuß auf den anderen und machte sich nichts daraus, dass sie zu frösteln begann. Ksterschg Als sie hinter sich eine Männerstimme ihren Namen rufen hörte, drehte sie sich um.
    Es war Holger. Er kam, seine Yogamatte unter dem Arm zu einer langen Wurst zusammengerollt, im Laufschritt auf sie zu. Er trug jetzt eine Jeansjacke über seinen Sportsachen, eine Haarsträhne klebte ihm feucht über die Stirn. Bevor sie irgendwie reagieren konnte, war er schon bei ihr, hatte, ohne abzubremsen, seinen freien Arm ausgebreitet und hielt sie nun fest umschlungen. »Danke, Ayumi«, keuchte er. »Dank dir so. Das war absolut wunderbar.« Er hielt sie lange so, seine schwitzige Wange fest gegen ihre gepresst.



WIE ICH NIE BERÜHMT WURDE
     
    Delia Naters ist eine Klatschreporterin der übelsten Sorte, jeder weiß das, ich weiß das und Delia Naters selbst weiß es bestimmt auch. Ihr blondes Lachgesicht ist jeden Sonntag unten auf Seite eins einer großen Boulevardzeitung abgebildet, mit freundlich gebleckten Zähnen, aufgerissenen Augen und einer altmodisch hintoupierten Veranstaltungs-Frisur. Am heutigen Abend, dem Abend der Verleihung eines der wichtigsten Filmpreise, ist Delia Naters in höchster Alarmbereitschaft. Nahezu das gesamte Personal ihrer wöchentlichen Denunziationen ist im Friedrichstadtpalast versammelt, schwärmt in diesen Minuten auf verschiedenen Etagen ins Treppenhaus aus, wer ist mit wem da, wer ohne wen, fast jeder ist wer, ein Höllenjob. Vor etwa fünf Minuten ist im Saal das Deckenlicht angegangen, haben livrierte Mädchen die Türen geöffnet, sind die Leute von ihren Plätzen aufgestanden, haben endlich die Knie durchgedrückt und zu ihren Begleitern gesagt, dass die Verleihung mal wieder viel zu lang gewesen sei, dann hat sich der Strom der Gäste in Richtung Türen bewegt. Im Treppenhaus bessere Luft, augenblicklich hob sich die Stimmung, erwachten Erwartungen, brandeten, noch halb laut, erste Gespräche auf. An den Bars und Essensstationen haben sich binnen Sekunden lange Schlangen gebildet, und jetzt liegt so ein aufgeregtes Flirren in der Luft, hier und dort steigt Gelächter an die Decke, irgendwo blitzen Kameras. Von ferne sehe ich Naters’ weißblonde Turmfrisur im Gedränge, die Reporterin scheint, wie immer, allein unterwegs, doch ist es nicht unwahrscheinlich, dass sich Assistentinnen von ihr genauso pastellfarben herausgeputzt unter die Gäste gemischt haben, um jedes aufgeschnappte Wort zu kolportieren. Ich beschließe, vorsichtig zu sein.
    Bisher ist der Abend glänzend gelaufen. Während der Veranstaltung, die etwas später am Abend im Fernsehen ausgestrahlt werden wird, war ich zweimal groß im Bild. Beim ersten Mal hatte ich, Anfängerfehler, die Kamera zunächst nicht bemerkt und hielt das Kinn

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