Meine erste Luege
schlug eine Welle hoch, aber niemand hat es bemerkt, die Kinder sind in den Planschbecken geblieben und haben sich an ihren lustigen Schwimmtieren festgehalten, die aussahen wie Schwäne oder Krokodile, und die Mütter haben sich vor der Sonne geschützt, und nur wenige haben eine Hand an die Stirn gelegt, wie es Soldaten an der Front tun, um die Ankunft des Feindes auszukundschaften, haben den Horizont abgesucht, mit dem Meer, das irgendwie komisch war. Dann ist die Welle gekommen, und dann sind alle gestorben. Eine wütende Welle, die alles mit sich reiÃt.
Zu Antonella sage ich nur:
»Tut mir leid.«
Sie hört mich nicht, sie ist schon wieder ins Klassenzimmer gegangen.
Dann sage ich nichts mehr.
Ich sehe mir die Fernsehnachrichten in meinem Hirn an, eine Katastrophenmeldung mit mir als Hauptperson jagt die andere.
Ich bleibe still bis zum Ende des Unterrichts, und mucksmäuschenstill verschwinde ich, und stumm wie ein Fisch komme ich zu Hause an und gehe durch die Eingangstür und fahre hoch, mit schäumender Wut, die von Stockwerk zu Stockwerk mehr und mehr in mir aufsteigt. Ich koche vor Wut, vor dumpfer und ungeheurer Wut, aus der Ferne unmöglich zu erkennen, eine Wut, die alles mit sich fortreiÃen kann.
Ich lege meine Wut auf die Couch, zusammen mit dem Rucksack mit den Büchern ohne Eselsohren und dem weiÃen Heft ohne Worte.
»Warte auf mich, du auch, Blu, warte noch ein bisschen, ich muss mal.«
Mit dem Kopf im Klo meines Lebens, als kleiner Erwachsener, gezwungen, ohne Karneval Masken zu tragen, kotze ich eine schleimige und weiÃliche Seele aus, wie Rotz aus der Nase oder Wichse, die ich in einem der Pornofilme von Andreas Vater zwischen die Titten einer Nutte habe spritzen sehen; eine faserige Seele, die wie Geifer aussieht, die nach Galle riecht und mal an der Kloschüssel klebt, mal an meinem Kinn und Spuren von Schnecken hinterlässt, die sich küssen, doch durch die Kälte erfrieren, fadenziehende Sterne aus echt ekligem Zeug. An die Kloschüssel geklammert, werde ich so groà und flüssig wie Schweinsdreck.
Mama sagte, dass sie unter der Einsamkeit leidet, dass die Einsamkeit wie ein Pfeifen im Ohr ist, wie die Schiffe, die schon in See gestochen sind und die du nicht mehr erreichen kannst, nicht mal, wenn du schwimmst.
Mama sagte, dass du nichts mehr machen kannst, wenn die Schiffe die Anker gelichtet und die Züge abgefahren sind.
Sie sagte, dass sie sich wie am Rand fühlt, wie auf leeren Bahnhöfen, zu spät, was das Leben angeht.
Ich höre auch ein Pfeifen im Ohr.
Aber es ist kein Pfeifen.
Es ist die Türklingel.
Sie läutet und läutet und hört gar nicht mehr auf zu läuten. Vielleicht hat irgendjemand aus Spaà ein Kaugummi draufgeklebt.
Ich weià auch nicht, warum, doch ich stehe von der Kloschüssel auf und gehe öffnen.
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