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Meine erste Luege

Meine erste Luege

Titel: Meine erste Luege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Mander
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der Unterhose zu verstecken, doch ich fürchte, es ist so groß, dass es überall sichtbar wird, als käme es aus meinem Mantel raus, aus dem Gesicht und den Augen, aus der Supermarkttüte, wie wenn du über einen Schal stolperst, der dir runtergerutscht ist, und du hinfällst, alles nur wegen einem dummen Schal.
    Wenn jemand mich ansieht, senke ich spontan den Blick, wie ängstliche Menschen, die immer auf ihre Fußspitzen starren. Man muss einfach weitergehen, den Leuten nicht ins Gesicht blicken, falls nicht sie es sind, die dich anblicken, in diesem Fall lächeln, daran denken zu lächeln.
    Ich marschiere schnurstracks, ich glaube, es ist besser, so schnell wie möglich zu Hause anzukommen, auch wenn ich lieber an irgendeinen anderen Ort zurückkehren möchte, in das Leben von irgendeinem anderen.
    Alles kommt mir weit weg vor. Vom Wind und vom Regen fortgetragen.
    Auch die andere Seite der Straße ist unerreichbar, obwohl man nur über die Streifen gehen muss, um zum Bürgersteig gegenüber zu gelangen.
    Die Streifen heißen auch Zebrastreifen, ich möchte ein Zebra reiten, durch das hohe Steppengras, die Löwen würden mir die Hände lecken, wie Blu mir mit seiner rauen Zunge die Krümel der Brioches zwischen den Fingern ableckt.
    Ich hoffe, ich treffe niemanden im Aufzug, niemanden, der ausspioniert, was ich in meiner Einkaufstasche habe.
    Oder in der Wohnung.

9
    Heute ist Mamas Geburtstag.
    Ich weiß es nicht nur, weil ich es auswendig weiß, sondern auch, weil auf dem Kalender mit den berühmten Gemälden ein kleiner roter Kreis ist, den ich mit Filzstift gezeichnet habe. In Wahrheit hat sie den kleinen Kreis gezeichnet, weil ich noch nie so hoch gekommen bin, bis über den Kühlschrank, nur wenn ich auf den Stuhl steige.
    Â»Steig nicht auf den Stuhl, sonst fällst du noch runter, und kritzle nicht alles voll, sonst kann man nachher die Daten nicht mehr lesen, lass nur, ich mach schon.«
    Im Rahmen der Küchentür sind noch die Kerben, Zeichen, die Mama macht, um zu sehen, wie groß ich geworden bin, zwei Jahre, drei Jahre, sechs Jahre und so weiter, sie lässt mich immer an derselben Wand stehen und macht ein ernstes und konzentriertes Gesicht, die Lippen zu einer Art strengem und geschäftsmäßigem Kuss geschürzt.
    Â»Den Kopf hoch, versuch, gerade zu stehen, sonst hat es keinen Sinn.«
    Doch ich bin noch nie bis über den Kühlschrank gekommen, auch wenn ich mich anstrenge, gerade zu stehen, oder mich auf die Zehenspitzen stelle.
    Die wichtigen Daten, ihr Geburtstag, meiner, der von Blu, sind alle mit kleinen Kreisen markiert. Und auch wenn die Situation sich geändert hat, muss man ihn trotzdem feiern.
    Es hat ja keine Beerdigung für sie gegeben, also können wir jetzt auch ihren Geburtstag feiern.
    Ich finde eine kleine Kerze in der dritten Küchenschublade, außerdem Bänder schon ausgewickelter Päckchen, alte Korken, abgerollte Rollen Schnur und ein Paar Essstäbchen aus einem Chinarestaurant, mit denen weder Mama noch ich umgehen konnten.
    Als wir ins Chinarestaurant gegangen sind, haben uns die alle gleich aussehenden chinesischen Kellner beobachtet und heimlich, mit der Hand vor dem Mund, gelacht. Uns fielen die Bissen auf den Teller und in die kleine Schüssel mit der schwarzen, bitteren Soße, die überallhin spritzte, und sie lachten, als gäbe es nichts Lustigeres. Mama zuckte mit den Schultern, als wollte sie sagen, das ist mir doch egal.
    Â»Ist mir doch egal, die Chinesen lachen immer, die sind nun mal so, mach dir keine Sorgen, komm, probier das mal, das ist gut, Flühlingslolle.«
    Und dann Leiskloketten, flittielte Algen, gedünstete Lavioli, an dem Abend haben Mama und ich nur mit L geledet und die Stäbchen mit nach Hause genommen, um den Chinesen, die so fies übel uns lachten, zum Tlotz damit zu üben, auch wenn ich dann Bauchweh gekliegt habe, vielleicht wegen zu vielel Galnelen.
    Ich finde dann noch die himmelblauen Kerzen vom letzten Jahr und stecke eine davon in eine Schaumwaffel, zünde sie mit dem Feuerzeug an, auf dem »Love« steht. Blu verfolgt die Operation angespannt, vor allem weil das Waffelpapier ein Geräusch macht, als gäbe es etwas zu fressen.
    Ich lege die Waffel mit der angezündeten Kerze auf das Tellerchen einer Kaffeetasse, es ist nicht das Tollste als Torte, aber es wird schon gehen.
    Wir schreiten als Zug voran, Blu und

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