Meine Freundin, der Guru und ich
in England bei Fees und Caz' Eltern an, die, so wie es sich anhörte, nun ihrerseits Nervenzusammenbrüche erlitten. Fees Mutter kümmerte sich um alles, buchte von einem Air-India-Reisebüro in London aus die Rückflüge und sorgte dafür, daß wir die Tickets am Flughafen in Trivandrum abholen konnten.
Die frühesten Flüge, die sie kriegen konnte, gingen erst in ein paar Tagen, weshalb wir uns abwechselnd als Leibwächter betätigten. Während bei Fee seit der Dreier-Episode ein großer Rückschritt zu verzeichnen war, schienen sich die Dinge bei Caz zum Besseren gewendet zu haben. Hatte sie vorher die ganze Zeit geschwiegen, so brabbelte sie nunmehr beinahe andauernd vor sich hin.
Und so waren wir dann eine ganze Bande, die Fee und Caz mit dem Bus zum Flughafen von Trivandrum brachte, ihre Tickets abholte und sie schließlich in den Warteraum der Abflughalle entließ. Die beiden stolperten in bedenklich unterschiedlichen Richtungen davon. Die Chancen, daß sie in Trivandrum ins richtige Flugzeug einstiegen, schienen mehr als dürftig, ganz zu schweigen davon, daß sie in Bombay erfolgreich umstiegen, doch mehr konnten wir für sie nicht tun. Vermutlich setzt einen, wenn man lange genug auf einem internationalen Flughafen herumirrt, früher oder später jemand in einen Flieger, der halbwegs in die richtige Richtung geht.
Zu diesem Zeitpunkt hatte ich Ranj bereits alles über die Hintergründe von Fees und Caz' Zusammenbrüchen erzählt – eine Geschichte, die Anfälle von großer Ausgelassenheit bei ihm auslöste. Er bestand darauf, daß ich den Schwedinnen nur eine gekürzte Version davon erzählte und genügend ausließ, um es Ranj möglich zu machen, sich als Meister des Intimyoga in Szene zu setzen.
Er hielt sich so lange zurück, bis Fee und Caz abgeflogen waren, aber noch am selben Tag ließ er beiläufig ein paar Worte betreffs seiner yogischen Meisterschaft fallen, und bald schon wurden die nachmittäglichen Sitzungen am Strand zu einem festen Bestandteil unseres Tagesablaufs. Wie sich herausstellte, hatten die Schwedinnen, mit Ausnahme der Torfrau, ihr Zentrum allesamt an verschiedenen Stellen der oberen Schenkelinnenseite oder deutlich unterhalb ihres Bauchs.
Peace
Liebe Mum und lieber Dad,
tut mir leid wegen der letzten Postkarte, aber ich war zu der Zeit ein bißchen schlecht drauf. Jetzt geht es mir ganz wunderbar. Ich habe einen richtig netten Inder kennengelernt und auf seine Kosten mit ihm in einem teuren Hotel übernachtet. Wir haben jede Menge Spaß zusammen und sind gerade in ein kleineres Hotel am Strand umgezogen, damit wir näher an der Action dran sind. Bis bald.
Liebe Grüße,
Dave
PS: Anscheinend hat Liz in Rajasthan mit irgendeinem Yoga-Guru geschlafen. Wenn Ihr zufällig ihre Eltern trefft, sagt es ihnen weiter.
Lieber Grandpa!
Hier ist es so richtig prima. Indien ist total faszinierend, und was ich hier erlebt habe, hat mich ganz schön verändert. Manche Züge fahren hier immer noch mit Dampflokomotiven! Ich hoffe, Dir geht's gut.
Liebe Grüße,
Dave
Als die Schwedinnen schließlich abreisten, verfiel Ranj in Depressionen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich nur noch eine Woche Indien, und so einigten wir uns darauf, daß Ranj nach Hause fahren, sich entschuldigen und in die Verlobung einwilligen würde, während ich mit dem Zug nach Delhi fahren wollte. Die Reise umfaßte von der Strecke her das ganze Land und dauerte dem BUCH zufolge 48 Stunden, was bedeutete – wenn ich für Notfälle einen Tag in Reserve hielt, sowie drei weitere in Delhi für die Bestätigung meines Rückflugs –, daß ich mich auf die Socken machen mußte.
Ranj und ich brachten eine deprimierende Fahrt nach Trivandrum hinter uns. Während er zum Flughafen fuhr, um zu sehen, welche Flüge in das Pandschab er bekommen konnte, ging ich derweil zum Bahnhof. Zurück am Strand, schauten wir auf unsere Zettelchen, als ob es sich um Todesurteile handelte. Na ja – er jedenfalls. Ich war eigentlich ganz froh, wieder nach Hause zu fliegen, auch wenn ich es zeitweilig ziemlich schade fand, Kovalam zu verlassen. Aber wenn ich ehrlich bin, war ich wegen meiner Rückkehr nach England so aufgeregt, daß ich die ganze Nacht kaum schlafen konnte.
An dem Morgen, als mein Zug ging, stand Ranj früh auf und winkte mir zum Abschied von der Hoteltür aus nach. Wir tauschten Adressen und Telefonnummern aus, aber das Ganze hatte was Heuchlerisches, und es war eigentlich klar, daß wir uns nie wiedersehen
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