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Meine Philosophie lebendiger Gaerten

Meine Philosophie lebendiger Gaerten

Titel: Meine Philosophie lebendiger Gaerten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Pape
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sind. Statisten sind für lange Zeit anwesend, ohne sich hervorzutun. Niemand wird sagen, sie seien schön, aber sie dürfen auch nicht fehlen, man mag ihre Anwesenheit. Das können kleine Walderdbeeren sein, völlig unspektakulär, nett, klein, auch zum Naschen geben sie bekanntlich etwas her. Als Bodendecker von beiläufiger Existenz dienen unsere Statisten dazu, dass sich kein Unkraut breitmacht, sie wachsen aber nicht so dicht, dass keine andere Pflanze zwischen ihnen leben kann.
    Manchmal hat Isabelle die Aufgabe, für eine separate Rabatte ein Stück zu inszenieren, das den von ihr weniger geliebten Anforderungen nachkommt: Farblos oder monochrom, also einfarbig, die Dramatik sehr zurückhaltend, alles geht seinen geregelten, unaufgeregten Gang, ohne Opulenz, ohne spektakuläre Auf- und Abtritte. Dazu setzt sie ihre Akteure weniger als Schauspieler einer Bühneninszenierung ein, sondern eher als handelnde Mitarbeiter eines mittleren Unternehmens, einer Firma, in der es mehr um Akten und Abrechnungen als um Choreografien und Kostümaufzüge geht. Dort haben wir es dann mit einem Firmenchef zu tun, dem big boss , den jeder kennt, den jeder grüßt, immer leicht unterwürfig, der aber nur kurz vorbeikommt, die wichtigsten Papiere und Briefe
unterschreibt, um gleich wieder zu verschwinden, zu einer Aufsichtsratssitzung oder zum Golfspiel. Dann gibt es diejenigen, die den ganzen Laden aufrechterhalten, angefangen bei den Abteilungsleitern, gut verdienend und hinter dem Rücken des Chefs wichtigtuend, daneben weitere Mitarbeiter, Sekretärinnen, Frauen an der Rezeption, Hausmeister, Putzfrauen, schließlich noch die …, ach, wie heißen die noch mal gleich? Richtig: die Namenlosen, die selten zu sehen sind, ganz unscheinbar agieren und auch nicht so richtig wichtig sind, etwa die auf der Poststelle. Und doch würde etwas fehlen - ohne sie würde der Betrieb zusammenbrechen, sie sind für die gesamte Struktur wichtig, aber auch ersetzbar. Und wenn es zu Kündigungen oder Krankheiten kommt, liegt auf weniger Schultern mehr Verantwortung. Auch dieses Spiel ereignet sich im Gartenbeet.

Gärten der Geschichte

    E s ist für mich nicht vorstellbar, einen Garten nach einem vorgegebenen Strickmuster, Verzeihung: Gartenplan nachzuarbeiten. Der Gedanke einer solchen Aufgabe ist nicht abwegig, stellt sich doch das Problem bei jeder sogenannten »historischen Rekonstruktion« eines Gartens oder einer Parkanlage. Die Aufgabe besteht darin, etwas einmal Geschaffenes, sei es vor siebzig, hundert oder Hunderten von Jahren, nachzuzeichnen, zu wiederholen, wiederherzurichten. Hierzu braucht es ein anderes Gemüt.
    Die Wiederherstellung historischer Anlagen birgt für mich ein großes Fragezeichen. Denn bei einem historischen Garten verändern sich die Bedingungen durch die Zeit: Schon rein äußerlich können die Bäume in ganz andere Höhen gewachsen sein, sodass die einst in der Sonne gelegenen Blumenbeete inzwischen im Schatten liegen. Hier krampfhaft an den einstigen Beeten festzuhalten und historisch wahrheitsgetreu ein Bild nachzuzeichnen, »wie es einmal war«, das wäre Unsinn, weil die Pflanzen keine Chance auf jene Prächtigkeit haben, die sie einmal hatten. Zudem: Gibt es überhaupt noch diese Pflanzen, die hier einst Verwendung fanden? Würde der damalige Kreateur diese wirklich wiederverwenden oder würde er nicht vielleicht lieber etwas Neues probieren, wenn er seinerzeit die heutigen Alternativen zur Hand gehabt hätte? Ein Vergleich sei erlaubt: Einem Dirigenten des zwanzigsten oder einundzwanzigsten Jahrhunderts stellt sich eine ganz ähnliche Aufgabe, wenn er an der Aufführung einer Sinfonie von Mozart, Beethoven oder Brahms arbeitet. Er geht mit historischem Material um. Er spielt mit einem Orchester von
heute, er sammelt sich (meist) kein Orchester zusammen, das auf historischen Instrumenten spielt oder das genau so zusammengesetzt ist wie zu der Zeit, als die Komposition geschrieben wurde. Jeder Dirigent versucht, auf der Grundlage des Alten etwas Neues zu schaffen, eine Interpretation, die seine Handschrift trägt. Die Zeit ist weitergegangen: Die Instrumente wurden perfektioniert, die Musiker sind anders ausgebildet, viele Konzerthäuser verfügen durch ihre neuartige Architektur und andere Baumaterialien über eine moderne Akustik, und durch die Konservierungsmöglichkeiten von der Schallplatte bis zur CD und die perfektionierte elektronische Wiedergabetechnik haben sich unsere Hörgewohnheiten gravierend

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