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Meine Philosophie lebendiger Gaerten

Meine Philosophie lebendiger Gaerten

Titel: Meine Philosophie lebendiger Gaerten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Pape
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neben der Choreografin Isabelle spiele ich oft die Rolle derjenigen, die gern Musik hört, sie aber nicht schreiben kann. Ich schaffe mit den Bühnen verschiedenste Lebensbedingungen, Isabelle füllt sie mit Leben.

Ein kleiner Exkurs zur Bühnenarbeit
    Das Wissen um die Pflanzen, um die Akteure auf der Bühne, ist einer ständigen Veränderung unterworfen. Ein Wissen, das nie auf einem einmal erreichten Stand stehen bleiben kann. Es gibt immer neue Sorten, Verbesserungen werden registriert - wir nennen das »Gartenwertigkeit«. Da muss man dranbleiben. Schon Karl Foerster hatte sehr viel Gewicht auf einen hohen Gartenwert der Pflanzen gelegt. Damit meinte er, Pflanzen müssen gut für sich stehen. Wenn man sie aus der Wildnis nimmt, sind sie kleiner, weil sie von Natur aus darauf eingerichtet waren, stabil zu sein, nicht umzufallen.
Dann wurden solche Pflanzen auf größeres Wachstum gezüchtet, weil man sie immer größer, besser, länger haben wollte. Doch mit ihrem Höherwachsen ließ ihre Stabilität nach, sie fielen um, was Foerster als nicht gartenwertig ansah, weil solche Pflanzen gegen die Natur gestützt werden müssen.
    Aus der Landwirtschaft kennen wir die Veränderung des Weizenwachstums: Früher entwickelte sich der Weizen in beträchtliche Höhe, was aus ihm herausgezüchtet wurde, weil er immer umfiel. So erreicht der Weizen heute fast nur noch die Hälfte seiner ursprünglichen Höhe. Aber die Probleme bei den Züchtungen sind gravierend: Wenn man aus einer Pflanze etwas herausnimmt, um diesen Teil durch etwas Neues zu ersetzen, nimmt man der Pflanze zugleich eine Kraft. Gene müssen komplett sein. Wird eines entfernt oder herausgezüchtet, wird eine Fähigkeit hineingeschoben, die die Pflanze zuvor nicht hatte, dann wird sie geschwächt.
    Die gartenwertigen Sorten müssen wir bei unserer Bühnenarbeit genau kennen, sonst sind wir zum Scheitern verurteilt, oder wir können immer nur die gleichen Pflanzen verwenden. Die Folge wäre - und schauen wir uns kritisch um, dann ist genau dies das Problem so vieler Kleinbühnen, Laientheater und, sehr viel schlimmer, vor allem staatstragender hoch subventionierter Festspielhäuser unserer Branche - Eintönigkeit, eine immer gleiche Langeweile auf diesen Bühnen. Es mangelt an Kreativität, innovative Entwürfe bleiben auf der Strecke.

    Die Holländer züchten, die Belgier züchten, die Engländer und die Franzosen züchten, die Italiener weniger, auch die Deutschen züchten - und hinsichtlich des Wissens um neue Sorten oder neue Farben, die nicht immer besser und schöner, die auch mal grässlicher sein können oder eine völlig veränderte Herbstfärbung zeigen, müssen wir auf dem aktuellen Stand sein. Den holt sich Isabelle in Gärtnereien, auf Gartenshows, in großen Gärten und auf Konferenzen, sie bleibt dran, indem sie mit den Menschen spricht, indem sie sich einen Überblick über Neues und Neuestes verschafft, indem sie ihre Fachkompetenz erweitert.

Die Darsteller - allen voran die Diva
    Der Regisseur beziehungsweise der Choreograf engagiert auch in unserem Metier die Darsteller. Auf der Suche nach neuen Talenten ist Isabelle permanent beim Casting, sie sichtet für spätere Besetzungen, sucht nach jungen und noch unbekannten Talenten. Dabei prüft sie die Eignung eines Kandidaten für eine bestimmte Rolle nicht nur hinsichtlich seiner individuellen Eignung, also seiner Standfestigkeit, seiner Ausdauer, seiner Wirkung, seiner Aura. Sie achtet auch auf sein Zusammenspiel mit anderen Akteuren, die schon fest besetzt sind oder die sie zumindest fest im Blick hat. Doch vor der endgültigen Entscheidung über einen neuen Akteur steht oft auch eine Phase der Erprobung. Manche Rollen lassen sich nicht oder nur schwer mit bereits bewährten Darstellern besetzen. Alternativen zu finden erweist sich dann nicht
selten als recht aufwändig oder kann doch auch das Ergebnis eines schönen Zufalls sein.
    Betrachten wir die einzelnen Rollen, die im Grunde für jedes Bühnenwerk zu vergeben sind, sei es eine kleine Vorgartensinfonie oder das abendfüllende Drama in fünf Akten auf mehreren tausend Quadratmetern. Eine zieht alle Blicke auf sich: die Diva. Ihr gilt die allererste Aufmerksamkeit auf der Bühne des Gartens. Alle Welt schaut auf sie, alles ist auf sie gerichtet, möchte sich geradezu vor ihr verneigen, vor der Schönsten und Prächtigsten. Dankbarkeit kommt auf, dass sie sich die Ehre gibt. Diese Anmut, diese Eleganz, dieser Wohlklang, diese Noblesse!

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