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Meine Schwester und andere Katastrophen

Titel: Meine Schwester und andere Katastrophen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Maxted
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George. Seinen Eltern. Ich hatte versagt. Ich konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass Sarah Paula mich nicht genug geliebt hatte, sonst hätte sie sich gezwungen, am Leben zu bleiben.
    Peter ließ mir ein heißes Bad ein und fragte, ob er jemanden für mich anrufen sollte. »Ausgenommen George natürlich.« (Peter konnte George nicht ausstehen, seit Peter und sein Partner Scott einmal an Silvester blau gewesen waren und uns ihre Teddybärenkollektion gezeigt hatten. Sie hatten mit Fotos von Red Ted bedruckte Kaffeetassen, was George zum Lachen gefunden hatte, und es war kein freundliches Lachen gewesen. Daher war George der einzige Mensch in Peters Umkreis, der nicht mit einem Titel bedacht wurde. Wäre er damals nicht so verflucht unhöflich gewesen, wäre er jetzt Lord George von und zu Hershlag. So aber war er nichts als George.)
    Ich schüttelte den Kopf, noch während ich an Lizbet dachte. Lizbet wurstelte sich durchs Leben, immer aufs Beste hoffend, ohne es je zu bekommen, und war darum wenig kompetent. Und doch war sie der Mensch, mit dem man zusammen sein wollte, wenn man sich so fühlte wie ich. Sie brauchte gar nichts zu tun , sie brauchte nur da zu sein. Nur konnte ich Lizbet unmöglich von Sarah Paula erzählen. In Lizbets Augen war ich selbstbewusst und erfolgreich, und ich wusste, dass sie deswegen stolz auf mich war. Ich wollte nicht, dass sie mich so am Boden zerstört sah. Ihre Bewunderung war mir wichtig, es wäre mir unangenehm gewesen, vor ihr schwach zu erscheinen. Außerdem wollte ich nicht, dass sie sich abgewiesen fühlte. Und das würde sie, und zwar
in mehrfacher Hinsicht, wenn sie die Wahrheit erfuhr. Ich wollte ihr nicht das Gefühl geben, unbedeutend zu sein.
    Peter versorgte mich mit einem randvollen Glas Châteauneuf du Pape, seiner Handynummer und dem Küchenbesen (»wenn es dir zu viel wird, dann klopf damit gegen die Wand«), ehe er mich allein ließ. Ich lag in der Wanne in etwa fünf Zentimeter tiefem Wasser - ich kann es nicht leiden, ganz einzutauchen - und starrte die Wand an. Ich war allein, ein kleines Mädchen, mutterseelenallein in einer großen, feindseligen Welt. Das war nicht fair. Fast hätte ich jemanden gehabt, der aussah wie ich. Mir wurde schlecht, als ich an all die Menschen denken musste, die im Schoß ihrer echten Familie aufwachsen und es für ganz selbstverständlich halten, dass sich alle ähnlich sehen. Ich war aufgewachsen, ohne dass irgendwer ausgesehen hätte wie ich.
    Ich biss die Zähne zusammen. Bis dahin war es mein wunderbares, märchenhaftes Geheimnis gewesen - sie ist irgendwo da draußen -, und ich hatte dieses Wissen wie einen unsichtbaren Schild vor mich gehalten. Und nun, pfft! - weg. In Luft aufgelöst. Unwiederbringlich. Ich schniefte. Ich hätte meine eigene Familie haben können, eine richtige eigene Familie, ich hätte … Ich setzte mich in der Wanne auf. Das konnte ich immer noch . Und damit waren keine neuen Tanten gemeint.
    Als George es schließlich nach Hause schaffte - »Helena ist echt witzig, als wir im Bush House aus dem Lift steigen, rennt uns eine Maus über den Weg, und du weißt, dass sie nach ein paar Drinks echt nicht so schlecht aussieht, trotzdem wurde ich den Gedanken nicht los, dass ich nicht zu tief Luft holen durfte, weil ich sie sonst riechen würde« -, wartete ich schon auf ihn. In meinem roten Froufrou-Babydoll von La Perla mit dem schwarzen Froufrou-String, Prada-Highheels
und einem Spritzer von Jo Malones »Verbenas of Provence«. Die Axt lag wieder im Schuppen.
    »Hi«, sagte ich und ließ die Home Cinema Choice sinken (die beste Zeitschrift für Home Entertainment in ganz Großbritannien).
    Ihm fielen fast die Augen aus dem Kopf. »Das nenne ich - Sex. Ich meine sexy.«
    Ich ließ den Kopf an die Sessellehne sinken und schloss die Augen. Fast glaubte ich zu fühlen, wie meine Wimpern einen Luftzug auslösten. Die Haare hatte ich nach oben frisiert wie eine römische Kaiserin, und mein Gesicht war mit unsichtbarem Make-up bedeckt. (George in seiner Unschuld glaubte tatsächlich, dass »wirklich schöne Frauen sich nicht schminken müssen«, und einmal hörte ich zufällig, wie er einem Freund erklärte: »Meine Frau trägt nie Make-up, sonst hätte ich sie nicht geheiratet.« Ich konnte nur den Schluss ziehen, dass er Bigamist war und von seiner anderen Frau sprach. Damals fand ich das süß. Jetzt, im kalten Licht meiner neuen Erkenntnisse, sah ich die Sache anders und fand es beleidigend.)
    Als ich die

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