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Meine Schwester und andere Katastrophen

Titel: Meine Schwester und andere Katastrophen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Maxted
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Augen wieder aufschlug, stand er immer noch da und sah mich an.
    »Und?«
    »Soll ich … duschen?«
    Ich klimperte mit den Wimpern und gab mir Mühe, nicht ärgerlich zu klingen. »George«, sagte ich. »Tu, was du tun musst. Aber beeil dich. « Die letzten Worte waren fast gezischt.
    George schluckte schwer. »Lass uns nach oben gehen.« Er grinste und nahm meine Hand. Ich lächelte ihn an und versuchte, das Lächeln auch zu empfinden. Ehrlich gesagt wäre mir eher danach gewesen, in einem Hotel einzuchecken, das
so exklusiv war, dass es dort keine anderen Gäste gab und alle Kontakte mit dem Personal über Computer stattfanden. Am allerbesten gäbe es dort gar keine Menschen, sondern nur Roboter. Aber nicht einmal mit Maschinen wollte ich im Moment Kontakt haben. Wahrscheinlich würden selbst die hinter meinem Rücken über mich lästern. (»Sie ist so steif und unnatürlich, mal ehrlich, ist sie überhaupt ein Mensch ?«)
    Im Verlauf der nächsten zwölf Monate gingen George und ich oft nach oben.
    Es tat sich nichts.
    Außer dass George drei Kilo abnahm.
    Und ich das Heer jener Frauen verstärkte, die aus einem unerfindlichen Grund nicht können.
    Ich hatte meinen Körper immer gemocht. Ich war schlank, wurde schnell braun, hatte lange Beine und eine schmale Taille sowie eine phänomenale Büste, und ich würde nie schlabbrige Oberarme bekommen. Gut, mein Körper konnte nicht fliegen, aber abgesehen davon hatte er immer alles getan, was ich mir von ihm gewünscht hatte. Jetzt war er mir zuwider. Er erschien mir nutzlos und absurd wie das Gemälde eines Abendessens. Ich gab ein Vermögen für Bügel-BHs, Push-ups und Spitzenhöschen aus und lockte George damit Tag um Tag, Nacht um Nacht ins Schlafzimmer, aber die ganze Übung kam mir vor wie ein schlechter Scherz. Ich war eine perfekt gebratene Pute mit aberwitzig aufgebauschten Manschetten an den Schenkeln.
    Ich hörte auf, andere Frauen nach ihrer Schönheit zu beurteilen. Stattdessen beurteilte ich sie nach ihrer Fruchtbarkeit. Als George und ich einen Film ansahen, in dem die Schauspielerin ihr Top auszog, war mein erster Gedanke: »Die sehen aus, als wären sie ideal zum Stillen.« Jeder Mensch auf
der Welt außer mir hatte ein Baby. Ich las, dass es positive Signale an den Unterleib schickt, wenn eine Frau viel Zeit mit einem Baby verbringt, und nahm mir daraufhin einen Tag frei, um mit Justin zu spielen, dem fünf Monate alten Sohn meiner Chefin Sophie Hazel Hamilton. Er war dick und drollig, kahl wie ein Greis und ungeheuer blauäugig, und er kreischte vor Lachen, sobald er mich sah. Als ich ihn auf den Arm nahm, kuschelte er sich an meinen Hals, und mein Herz zersprang in tausend Stücke.
    Sarah Paula - und auf das hast du verzichtet?
    Es war, als wollte ich einen Zauber heraufbeschwören. Ich hörte auf, Kaffee zu trinken. Ich gönnte mir nicht einmal mehr ein Glas Roten. Ich probierte es mit Hypnose. Akupunktur. Fußreflexzonenmassage. Ich ernährte mich ohnehin praktisch von Biozeugs - George bestand darauf. (Ich war die perfekte Vorstadthausfrau: Mein wöchentliches Highlight war die Lieferung der Biokiste mit Wurzelgemüse.) Ich nahm zu. Ich nahm wieder ab. George verlor den Spaß am Sex und wehrte sich immer offener dagegen, im Polizeigriff ins Schlafzimmer abgeführt zu werden. Außerdem wusste er, dass ich keine Verwendung für ihn hatte, sobald er fertig war. Auch er wollte ein Baby haben, aber er wollte es etwa so, wie er einen LCD-Fernseher haben wollte. Er brauchte kein Baby, die Sehnsucht danach fraß nicht an seiner Seele, bis er sich wie eine leere Hülle fühlte.
    Und dann verkündete meine Schwester, dass sie schwanger war.

KAPITEL 11
    Dass das geschehen könnte, war mir gar nicht in den Sinn gekommen. Lizbet konnte Babys nicht ausstehen. Sie hatte nichts Mütterliches an sich. Sie zog Katzen vor. Eine Katze hatte sie schon - wie hieß sie noch, Sphinkter? Die Katze war ihr Baby. Sie bekam frische Atlantikkrabben von Marks & Spencer, und wie die Babys unzähliger Hollywood-Stars schlief sie auf einer rosa Kaschmirdecke von Chicstuff. com . Sie lebte besser als die meisten Menschen. Wie konnte Lizbet es wagen, schwanger zu werden? Kauf dir einfach eine zweite Katze. Sie hatte kein Baby verdient. Sie hatte keine Ahnung von Babys.
    Schon wenn ich das Wort im Kopf hörte, spürte ich, wie alles in mir vor Sehnsucht zerschmolz. Ein Baby . Ach, es gibt nichts Schöneres. Die Anschmiegsamkeit eines Babys, die absolute Perfektion eines Baby

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