Meine Schwiegermutter ist cooler als deine
Trüffelkunde verschrieben hat. Er fährt jedes
Wochenende im November ins Piemont, lungert auf der Messe in Alba rum und kauft die weiße Pracht, die er dann |28| unter der Woche mit fiebrig glänzenden Augen seinen Gästen serviert.
Und Trüffeln sind nun einmal auch mein Fachgebiet – als Journalist bin ich mehrmals mit Trüffelsuchern in allen Teilen Italiens
unterwegs gewesen und mit Trüffelhändlern quer durch Europa gereist; zudem habe ich für einen geplanten Fernsehkrimi fast
ein Vierteljahr in der Trüffelszene verbracht (das Einzige, was von dem Krimi dann übrig blieb, war ein vierstelliges Loch
in meiner Spesenkasse) –, und deswegen kann ich Ihnen nun einen längeren Exkurs nicht ersparen. Also los: Eine Trüffel ist ganz schön hässlich, deshalb
schämt sie sich und versteckt sich einen halben Meter tief im Erdboden. Ein unbedarfter Ausbuddler würde eher das Exkrement
eines Wirbeltiers denn einen kulinarischen Schatz vermuten.Ausschließlich von weißen Trüffeln ist hier die Rede, die eine
beige-braune Farbe haben; schwarze Trüffeln sind die armen Verwandten, die in Geschmack und Qualität nicht an die
Tuber magnatum pico
heranreichen. Weiße Trüffeln wachsen, egal was Ihnen Ihr Lieblingsgastronom daheim erzählen will, nur in Italien – und spärlichst
in Teilen Sloweniens und Kroatiens.
Vor rund 5 000 Jahren aß man die Schlauchpilze schon in Babylon; und Pharao Cheops war ganz wild auf in Gänseschmalz geschwenkte Trüffeln.
Im 4. Jahrhundert vor Christus fand in Athen ein Kochwettbewerb statt, dessen Siegerrezept als »Trüffelpastete nach Art des Chilomenes«
überliefert ist: Mit klein geschnittenen Trüffeln, zerkleinerter Fasanenbrust, Salz und Gewürzen hatten die Gewinner einen
Pastetenteig gefüllt und anschließend im Ofen gebacken. Römische Ärzte verschrieben die »Frucht der Venus« gegen Impotenz,
und in der Renaissance wurden |29| Trüffeln zum Statussymbol schlechthin. Auch gibt es erstmals Belege für die Existenz von Trüffelschweinen, denen man Maulkörbe
umband, damit die Tiere den Fund nicht an Ort und Stelle vernaschten.
Dass etwas so Abstoßendes so gut schmeckt, macht die Menschen nervös. In der Antike vermutete man, Trüffeln entstünden durch
Blitzschlag oder durch die Verbindung von Donner und Regen, und noch 1827 durfte ein renommierter Botaniker ungestraft behaupten,
die Trüffel sei ein Zwitter zwischen Pflanze und Tier. In Spanien glauben immer noch viele Leute, Trüffeln stammen vom Teufel
ab, weil der Boden, unter dem sie wachsen, oft wie verbrannt aussieht. In Frankreich und Italien schreibt der Aberglaube ihnen
dämonische Kräfte zu, und wer nachts Trüffelgebiete durchqueren muss, bekreuzigt sich artig.
Heutzutage wird meist mit Hunden gesucht. Trüffelhunde, die speziell ausgebildet werden, sind enorm wertvoll – bis zu 10 000 Euro kann eine tierische Spürnase kosten. Und die Schweine? rufen Trüffelkundige, wo bleiben die Schweine, die berühmten?
Mit ihnen gibt es zu viele Scherereien. Zum einen sind die meisten Trüffelsucher illegal auf fremdem Grund unterwegs, da ist
eine feiste Sau einfach auffälliger als ein kleiner Wauwau. Zum anderen sind Schweine
zu
intelligent für den Job; während sich der Hund nach erfolgreicher Ausgrabung mit einem Frolic oder trockenem Brot zufriedengibt,
will das Schwein den kostbaren Fund einfach auffressen – und die Radikallösung in Form eines Maulkorbes demotiviert das Schwein,
das arme.
Noch ein wichtiges Wort zur Zubereitung (der Trüffeln, nicht der Schweine): Sie sind sich selbst genug. Und sollten nur mit
den einfachsten Gerichten kombiniert werden. |30| Weiße Trüffeln sind zwar sehr intensiv im Geruch, haben eigentlich aber ein sehr feines Aroma, das in Kombination mit starken
Geschmackskomponenten leicht untergeht. Daher starke Gewürze und Säure meiden. Es gilt: Je einfacher, desto besser. Fett (Butter,
Käse, Olivenöl) hebt den Eigengeschmack der Trüffeln besonders hervor. Als Trüffelmetropole gilt Alba im Piemont, wo auch
jedes Jahr die Trüffelmesse abgehalten wird.
Und jetzt zurück zu Fabio und mir. Fabio nämlich behauptet, dass Trüffeln aus Alba die besten überhaupt seien. Ich aber behaupte
(Trüffelsammler haben es mir bestätigt), dass Trüffeln aus der Emilia-Romagna oder aus anderen Gebieten Italiens exakt so
schmecken wie ein Alba-Trüffel, dass der Markt nun aber mal einen Alba-Trüffel fordere und dass man
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