Meine Suche nach der besten Pasta der Welt
ragù?«. Die meisten der 19 waren so ins Geschwätz vertieft, dass sie nicht mitbekommen hatten, was ich bestellt hatte. Nun aber sahen mich 19 Gesichter an, nicht erstaunt, nicht verwundert, eher freundlich lächelnd, wissend, vielleicht auch etwas herablassend. Natürlich, der doofe Deutsche bestellt Spaghetti mit Fleischsoße. Warum nicht gleich einen Strammen Max? Das musste mir zwar nicht peinlich sein, war es aber. Es handelte sich ja immerhin um Lauras Freunde, von denen mich viele zum ersten Mal sahen, und sowohl Laura als auch ich waren um einen guten Eindruck bemüht.
Bigoli, die im »La Montanina« auch noch hausgemacht sind, sind einfach nur extrem dicke, lange und raue Spaghetti, die im Veneto traditionell mit Entenragout serviert werden, in der »Montanina« aber in einem Do-it-Yourself-Verfahren verfeinert werden können: Zu den nur etwas angebutterten Nudeln kommen drei Schalen auf den Tisch – Tomatensoße, Fleischragout und Erbsen. Die folgenden Jahre im »Montanina« achtete ich darauf, jedes Mal kennerhaft die Bigoli zu bestellen, die hiermit allseits wärmstens empfohlen werden.
Die Geschichte der Pasta Teil 1:
Von Schlawinern und Schleckermäulern
V enedig und Padua, diese großartigen Kulminationspunkte abendländischen Kulturschaffens, laden zu einem ersten Ausflug in die Geschichte des Essens ein. Gehen wir zurück zu den Wurzeln. Das Wort Pasta kommt vermutlich aus dem Griechischen, passein oder pattein , »ausbreiten« oder »bearbeiten«. Daraus leitete sich das lateinische pastus ab, »Gericht« oder »Nahrung«. Die Vorsilbe »pa« findet sich in vielen fundamentalen Wörtern wie »pane« (Brot), »papà« (Vater), was wohl kein Zufall ist: die Wörter »padre« und »Papà« stammen vom griechischen πατέσμαι( pateomai ; essen, (sich) ernähren). Da hat man als Vater gleich den konkreten Lebensauftrag mit auf den Weg bekommen.
Aber hier kommt etwas Beruhigendes: Auch die Germanen haben einen Anteil am Welterfolg der Pasta, zumindest etymologisch, und wir müssen ja nehmen, was wir kriegen können. Das Wort »Nudel«, das auch in der
englischsprachigen Welt als »noodle« Karriere machte, stammt aus dem Deutschen; es leitet sich vom »Knödel« her. Das deutsche Kn- drückt eine Verdickung aus (Knauf, Knopf, Knolle, Knoten, Knospe).
Und haben nun die Chinesen die Nudel erfunden? Zugegeben, die Chinesen haben vieles erfunden: das Papier, den Regenschirm, das Schießpulver, das Porzellan, und vielleicht sogar den Golfsport. Die Demokratie – nun, die haben sie vielleicht nicht erfunden. Aber zumindest die ersten sicheren Pasta-Nachweise stammen aus Asien. Sogar schon im vierten Jahrtausend v. Chr. lassen sich, je nach Deutung, Belege für begierigen Pasta-Verzehr finden, wobei die Nudel nie sich selbst genug war, sondern eher als Transportmittel für Geschmacksstoffe diente. Der Teig wurde mit allerlei Gewürzen und Aromen durchgemischt, etwa Rosenöl.
Seit dem fünften Jahrhundert vor Christus sind in Europa die ersten Mahlwerke nachgewiesen, bis zur Pasta war es aber noch ein weiter Weg: In der Rezeptsammlung des Marcus Gavius Apicius aus dem ersten Jahrhundert nach Christus mit Namen De re coquinaria (»Über die Kochkunst«) werden Nudeln mit keinem Wort erwähnt, stattdessen beispielsweise ein Rezept für Schweineleber: In ficato oenogarum: piper, thymum, ligusticum, liquamen, vinum modice, oleum. (»Weinbrühe (Georges, lat.-dt. Wörterbuch) für Leber: Pfeffer, Thymian, Liebstöckel, Garum, Wein in Maßen und Öl.«) Bei Garum oder Liquamen handelt es sich um einen Sud aus Fisch und Fischeingeweiden, den Apicius gern zum Würzen verwandte, dem vietnamesischen Nuoc Mam sehr ähnlich.
Mengenangaben fehlen fast immer, denn Apicius setzte voraus, dass sein Leser mit den Grundzügen der Kochkunst vertraut war. Exotische Gerichte wie Sauzitzen und gefüllte Haselmäuse fehlen natürlich auch nicht, wobei das Kochbuch insgesamt überraschend bodenständig ist – erstaunlich für einen Autor, als dessen Lieblingsspeise Flamingozungen überliefert sind.
Verweilen wir noch einen Augenblick bei Apicius, dem ersten italienischen Gourmet. Er war ein kompromissloser Feinschmecker und »der größte Prasser von allen« (Plinius), der unter anderem die Idee hatte, Schweine mit Feigen zu mästen, um eine besonders wohlschmeckende Schweineleber zu bekommen. Er lebte in Minturnae, dem heutigen Minturno nicht weit von Rom, einer Gegend, die besonders für ihre Krebse bekannt war. Als
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