Meine Suche nach der besten Pasta der Welt
diese Fabel von Jesus eingebracht hat.«
Gern flanierte der so weltliche Papst Leo mit seinem Lieblingshaustier Hanno, einem Geschenk des Königs von Portugal, durch Rom. Hanno war ein indischer Elefant, und die beiden eher dicklichen Gestalten waren eine echte Attraktion. Leo stellte Hanno und sich selbst gern zur Schau, und Hanno zeigte unter seinem indischen
Pfleger Mahut allerlei Tricks. Außerdem hielt Leo in seinem Privatzoo einen Bären, zwei dressierte Leoparden sowie ein Chamäleon.
Legendär aber waren die Feste des Papstes: Einmal lud er 3000 Patrizier ein, praktisch die gesamte römische Oberschicht. Als die Gäste ihre Servietten aufschlugen, hüpften aus dem Tuch kleine Vögel, die benommen über die Tische taumelten, »sehr zum Amüsement aller«, wie ein Chronist vermerkte. 25 Gänge wurden aufgetischt, darunter gezuckerte Kapaune mit Goldüberzug sowie Pfauen, die man nach dem Braten wieder in ihr Federkleid steckte, so dass sie aufrecht stehend serviert wurden. Das berühmteste Gericht war Hühnerbrust, gefüllt mit Trüffeln und Hackfleisch, in Butter sanft gebräunt und dann in Madeira-Wein getaucht, als Beilage kleingehackte Pilze und Makkaroni auf besondere Art: in Hühnerbrühe gekocht, in frisch geriebenem Parmesan gewendet und in Weißweinsoße aufgetragen.
Der Nachnachnachfolger von Leo, der 46-jährig so überraschend starb, dass man bis heute einen Giftanschlag in französischem Auftrag vermutet, war Alessandro Farnese alias Paul III., der den Beinamen »della Gonella« trug, ein Attribut, das sich ziemlich präzise mit »Schürzenjäger« übersetzen lässt. Er war wie ein Abbild von Leo X., bloß ohne dessen kulturellen Anspruch. Seine strategischen Überlegungen beinhalteten nicht die Erweiterung der klerikalen Macht, sondern das Unterbringen aller illegaler Sprösslinge in einflussreichen Positionen und das möglichst zügige Heranschaffen kulinarischer Spezialitäten aus allen Winkeln der zu dieser
Zeit bekannten Welt: Orangen aus Capodimonte bei Neapel, Wildbret aus Castro (Apulien), Schweine von der Insel Bisentina im Bolsenasee nördlich von Rom sowie, aus ebenjenem See, die berühmten Aale. Die zwei besten Köche jener Zeit, Giovanni de Rosselli und Bartolomeo Scappi, waren in Pauls Diensten, zudem ein Sommelier namens Sante Lancerio, der auch als Chronist fungierte. Pauls Leibgericht, welches der Nachwelt dank des mitschreibenden Sommeliers erhalten blieb, waren Tortellini mit einer besonders deftigen Füllung: Hühnerfleisch, frische Pilze und Hühnerleber, gewürzt mit Pfeffer und Muskat.
Diese beiden Päpste, Leo X. und Paul III., gaben dem Genuss gewissermaßen den kirchlichen Segen. Wie der Herr, so’s Gescherr: Ganz sicher trugen auch sie ihren Teil dazu bei, dass Italien als Land der Sinnesfreuden bekannt wurde.
Mitte des 17. Jahrhunderts gelingt der Sprung der Pasta in die französische Küche, zunächst nur als Suppeneinlage, aber immerhin: Den Mittelmeerraum hatte die Nudel fortan fest im Griff.
Fara San Martino, Abruzzen
Im Epizentrum der Pastaherstellung
D as Hotel del Camerlengo ist das erste Haus am Platz, was nicht schwer ist, weil es das einzige Haus am Platz ist. Fara San Martino, ein Bergdorf in den Abruzzen, hat nur 1800 Einwohner. Und dennoch befinde ich mich mitten in einer der wichtigsten Pastaproduktionsstätten Italiens – und damit der Welt.
Drei Nudelmacher haben hier ihren Firmensitz, die allesamt am oberen Ende der Produktskala rangieren: De Cecco, Delverde und Cocco. Nur Barilla ist noch größer und sitzt woanders, nämlich in Parma. Barilla ist der Volkswagen der Nudelbranche: der grundsolide Marktführer mit 16 000 Beschäftigten und Milliardenumsatz. De Cecco, gegründet 1886, ist der Mercedes: etwas hochmütiger, aber dem
Massenmarkt nicht abgeneigt. 180 Pastasorten stellt man her. Restaurantbesitzer schwören auf De Cecco, nicht auf Barilla. Meine Schwiegermutter meint: Die Unterschiede lassen sich nur nach jahrelanger Erfahrung herausschmecken. Aber über die verfügen ja die meisten Italiener. Delverde ist der Emporkömmling, gegründet 1967 und so überraschend zu einer Nobelmarke aufgestiegen wie das einstige Opa-Auto Audi. Cocco hingegen ist der Ferrari, dreimal so teuer wie die Konkurrenz, dafür mit relativ geringem Produktausstoß. In einer italienischen Durchschnittsfamilie kommt unter der Woche Barilla auf den Tisch, am Wochenende gibt’s Delverde oder De Cecco, und an hohen Feiertagen darf Cocco kredenzt werden.
Wer in
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