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Meine Väter

Meine Väter

Titel: Meine Väter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Bronnen
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nicht geben konnte. Früh schon entstand eine enge emotionale Bindung, die einen Muttersohn hervorbrachte und ein Leben lang anhalten sollte.
    Ferdinand Bronner, der niemals die Liebe eines Vaters erfahren hatte und der, als Ehemann und Vater, alle seine Kräfte aufwendete, der kümmerlichen Existenz eines schlecht bezahlten Schullehrers und seines Judentums zu entkommen und als Künstler seine Begabungen zu entfalten, dieser Mann wurde in der Familie zunehmend zum Fremdkörper. Die Kluft zwischen ihm und dem jungen Arnold, der ein mittelmäßiger Schüler war und dem hochgebildeten Vater nicht das Wasser reichen konnte, wuchs.
    Es wäre Marthas Aufgabe als Mutter gewesen, eine Brücke zwischen beiden zu schaffen. Das aber tat sie nicht. Im Gegenteil, sie stand immer auf der Seite des Sohnes und schürte dessen Abneigung gegen den Vater.
    Sie wirft nochmals einen Blick auf die Muttergestalten im dramatischen Werk Arnolt Bronnens, findet aber in seinem ersten Stück Recht auf Jugend keine edel verklärte Muttergestalt. Hier tritt die Mutter als der verlängerte Arm des Vaters auf: hart und kalt, kontrollierend und reglementierend, der Rest jammerndes Klagen: ein Abziehbild der Frau Wawroch in Ferdinand Bronners Familie Wawroch.
    Im Vatermord Bronnens verbindet Mutter und Sohn ein stillschweigendes Einverständnis, indem sie sich gemeinsam des Vaters als Objekt des Hasses entledigen. Es ist letztlich die Mutter, die den Sohn zum Vatermord antreibt. Im überarbeiteten Entwurf des Stücks wird die aktive Rolle der Mutter noch stärker herausgestellt.
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    Â»Walter: Jemanden muß man erschlagen
    Mutter: Wen
    Walter: Ich kenn ihn nicht
    Mutter: Du kennst ihn
    Walter: Nein
    Mutter: Der jetzt die Treppe heraufkommt
    Walter: Nein
    Mutter: Der jetzt durch den Gang geht
    Walter: Nein
    Mutter: Der die Tür aufsperrt
    Walter: Geh weg er sieht uns ich kenn ihn nicht nein
    Mutter: Der der da
    Walter: leise erstickt zitternd
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    Â 
    Martha Bronner war eine sittsame, keine brünstige Mutter, eine ruhige und gesellige bürgerliche Frau. Impulsivität lag ihr fern, von mysteriöser Triebhaftigkeit keine Spur. Daß Pfarrer Schmidt im Schlaf über sie kam, wie es in ihren Briefen heißt, ist nicht auszuschließen. Das Leben ist keine moralische Anstalt.
    Doch warum hetzte sie durch ihre Andeutungen und ihr düsteres langes Schweigen den Sohn geradezu auf den Vater?
    Verbarg sich hinter ihren Briefen der Wunsch, sich an ihrem autoritären Ehemann zu rächen?
    Mit den Rassengesetzen, die nach der Einverleibung Österreichs ins Großdeutsche Reich das Blatt wendeten, wuchs ihr urplötzlich als »reinrassige Arierin« unverhofft eine besondere Bedeutung zu: das Leben ihres Ehemanns hing jetzt von ihr und ihrer Solidarität mit ihm ab.
    War sie so infam, eine fast vierzigjährige Ehe aufs Spiel zu setzen? Den Lebensbau ihres Mannes zum Einsturz zu bringen?
    Sie zweifelt daran.
    In Gedanken kehrt sie zurück zu Etiel, dem Vater Ferdinands, dem angeblichen Findelkind. In dieser Familie, so scheint es, setzt sich etwas fort, das das Fundament der herrschenden Gesellschaft, die Vaterschaft, über Generationen hinweg in Frage stellt.
    Mater certissima, pater semper incertus , die Mutter steht immer fest, der Vater bleibt stets ungewiß: der berühmte Text des römischen Rechts erweist seine ungeheure Tragweite. Die Vaterschaft kann nur vermutet werden, und die angeblich zu frühe Geburt als Achtmonatskind gilt Bronnen als feststehendes Indiz, kein Bronner zu sein.
    Sich Wilhelm Andreas Schmidt, den Pfarrer, als seinen Vater vorzustellen gelingt ihr nicht. Immer wieder hat sie die Fotos der beiden betrachtet und kann nicht die geringste Übereinstimmung feststellen.
    Ich erinnere mich der Äußerung meiner Mutter. Sie erzählte, Arnolt sei »tobsüchtig« geworden, wenn das Thema auch nur angesprochen wurde, ähnliches berichtete seine Witwe Renate, die ihn kein zweites Mal zu fragen wagte.
    Selbst Ferdinands Enkel, Dr. Hans Bronner, in Linz, in Sachen Bronnen mehr als zurückhaltend, betonte die verblüffende Ähnlichkeit zwischen Ferdinand und Arnolt, die sich nicht nur aufs Äußere beschränkte, sondern auch Mimik, Gestik, Sprachbegabung und die dramatische Ader einschlossen. Daß alle, die ihn kannten, übereinstimmend sagten, man könne im Sohn den Vater erkennen. Daß beide dieselbe

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